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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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den Weg.«
    »Aber wohin?«
    »Richtung Bagdad.« Ali lachte.
    Erst nachdem sie gelandet waren, erfuhren sie ihre Destination. Die über 300 Kilometer von Isfahan herüber waren sie sehr niedrig bei Gegenwind und daher maximalem Treibstoffverbrauch geflogen. Sie waren weit über die normale Flugdauer unterwegs – zu lange mit beinahe leeren Tanks –, und Ali hatte angefangen zu beten.
    »Da unten gibt's massenhaft Treibstoff … wenn wir's schaffen«, jubelte er, als sie über die Anhöhe kamen und den Stausee und den Damm sahen. »Allah sei gelobt!«
    Lochart war schnell gelandet. Neben dem kleinen Rollfeld befanden sich ein unterirdischer 2.000-Liter-Tank und der Schuppen, der als Hangar diente. Dort gab es auch Werkzeuge, eine Luftpumpe, Halterungen für Wasserschi und Ruderausrüstungen.
    »Bringen wir sie ein!« schlug Ali vor. Gemeinsam schoben sie die 212 in den Schuppen. Während Lochart die Tragschraube fixierte, fielen ihm drei Hanggleiter in einer Halterung an der Decke auf.
    »Wem gehören die?« fragte er.
    »Das war früher das Wochenendhaus vom General der kaiserlichen Luftwaffe, Hassayn Aryani. Sie haben ihm gehört.«
    Lochart stieß einen Pfiff aus. Aryani war der legendäre Chef der Luftwaffe gewesen, Vertrauter des Schahs und mit einer seiner Schwestern verheiratet. Vor zwei Jahren hatte er beim Hanggleiten den Tod gefunden. »Starb er hier?«
    »Ja.« Ali deutete auf das andere Ende des Sees. »Angeblich geriet er in eine Turbulenz und stürzte auf die Klippen dort ab.«
    Lochart musterte ihn. »Angeblich? Sie glauben es also nicht?«
    »Nein. Ich bin sicher, daß er ermordet wurde.«
    »Sie meinen, an seinem Hanggleiter wurde Sabotage verübt?«
    Ali zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht. Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber er war als Flieger viel zu gewitzt, um in eine Turbulenz zu geraten.« Sie traten in die Sonne hinaus. Valiks Kinder spielten unten am See. Stimmen und Lachen drangen herauf.
    »Von wem wurde er ermordet?«
    »Das weiß ich nicht. Wüßte ich es, dann wären er oder sie längst schon gestorben.«
    »Sie kannten General Aryani?«
    »Ich war sein Adjutant, einer seiner Adjutanten. Ein Jahr lang. Er war der wunderbarste Mensch, den ich je gekannt habe: der beste General, der beste Flieger, der beste Sportler, Wasserschifahrer … alles. Wäre er noch am Leben, hätten nie Fremde den Schah in eine Falle gelockt, nie wäre Mohammed Pahlevi unserem Erzfeind Carter auf den Leim gegangen, nie hätte er das Land verlassen. Der Iran wäre nie in den Abgrund gestürzt, und kein General hätte uns verraten können.« Zorn verzerrte Ali Abbasis hübsche Züge. »Undenkbar, daß man uns so verraten hätte, wenn er noch am Leben wäre.«
    »Wer hat ihn also getötet? Khomeinis Anhänger?«
    »Nein, nicht vor drei Jahren. Er war ja ein bekannter Nationalist. Ein Schiit, wenn auch ein moderner. Wer? Irgendein Fanatiker der Rechten, der Linken oder des Zentrums, der den Iran geschwächt sehen wollte.« Ali sah ihn an. Dunkle Augen funkelten in einem scharfgeschnittenen Gesicht. »Es gibt sogar Stimmen, wonach hochgestellte Persönlichkeiten seinen wachsenden Einfluß und seine zunehmende Beliebtheit fürchteten.«
    Lochart kniff die Augen zu. »Sie meinen, der Schah könnte seinen Tod anbefohlen haben?«
    »Nein. Natürlich nicht, aber er war eine Gefahr für jene, die den Schah in die Irre führten. Er war ein farmandeh, ein Kommandant des Volkes. Er war für viele eine Gefahr: für britische Interessen, weil er Ministerpräsident Mossadeq unterstützt hatte, der die Anglo-Iranian Oil verstaatlichte; er stand auf der Seite des Schahs und der OPEC, als sie den Ölpreis vervierfachten. Er war für Israel, aber kein Feind der Araber, und somit eine Gefahr für die PLO und Arafat. Man kann auch sagen, daß er eine Gefahr für die amerikanischen Interessen darstellte – er war eben vor allem ein Patriot.« In Alis Augen lag ein seltsamer Glanz. »Er wurde ermordet. Von wem, wissen wir nicht. Noch nicht.« Zusammen zogen sie das Tor des Schuppens zu.
    »Und was jetzt?« fragte Lochart.
    »Jetzt warten wir. Dann setzen wir unsere Reise fort.« Ins Exil, dachte Ali. Aber wenigstens weiß ich, wohin es geht. Anders als der Schah, der jetzt ein Ausgestoßener ist, kann ich in die Vereinigten Staaten gehen.
    Nur er und seine engsten Familienangehörigen wußten, daß er einen amerikanischen Paß besaß. Verdammt noch einmal, dachte er, wie gescheit von Vater. »Man kann nie wissen, was

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