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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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weil ich ein bißchen niedergeschlagen bin … Guter Gott, nein!« Und doch stellte er sich plötzlich im Geist die gleiche Frage, eine Frage, die noch vor wenigen Tagen undenkbar gewesen wäre: Ist es an der Zeit aufzuhören? Ich weiß es nicht, dachte er, während die Wahrheit mit kalten Fingern nach ihm griff. Mit lächelndem Gesicht sagte er: »Alles ist bestens, Andy. Es gibt nichts, womit wir nicht fertig werden können.«
    »Fein. Ich hoffe, du nimmst mir meine Frage nicht übel. Für meinen Teil hat mir der Mullah neuen Mut gemacht – außer als er von ›unseren iranischen Flugzeugen‹ sprach.«
    »Nachdem wir den Vertrag unterzeichnet hatten, haben sich Valik und die Partner wirklich so benommen, als ob unsere Flugzeuge ihnen gehörten.«
    »Gott sei Dank ist es ein britischer Vertrag, der nach englischen Gesetzen geltend gemacht werden kann.« Gavallan warf einen Blick über McIvers Schulter, und seine Augen weiteten sich. Das Mädchen, das jetzt den Saal betrat, war Ende Zwanzig, hatte dunkles Haar und dunkle Augen und sah phantastisch aus. McIver folgte seinem Blick und erhob sich. »Hallo, Sayada«, sagte er und forderte sie mit einer Handbewegung auf, an den Tisch zu kommen. »Darf ich Ihnen Andrew Gavallan vorstellen? Andy, das ist Sayada Bertolin, eine Freundin von Jean-Luc. Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
    »Danke, Mac, tut mir leid, ich kann nicht. Ich bin mit einer Freundin zum Squash verabredet. Sie sehen gut aus. War mir ein Vergnügen, Mr. Gavallan.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, und Gavallan schüttelte sie. »Tut mir leid, aber ich hab's eilig. Grüßen Sie mir Genny!«
    Sie setzten sich wieder. »Herr Ober, noch einmal das gleiche«, orderte Gavallan. »Offen gesagt, Mac, bei diesem Mädchen könnte man schwach werden.«
    McIver lachte. »Für gewöhnlich sollte es gerade umgekehrt sein. Ja, sie ist überall sehr beliebt. Sie arbeitet in der Botschaft von Kuwait, ist Libanesin, und Jean-Luc ist ganz verrückt nach ihr.«
    »Das kann ich ihm nachfühlen …« Gavallans Lächeln verflog. Begleitet von einem großgewachsenen, energisch blickenden Iraner Mitte Fünfzig kam Robert Armstrong durch die Eingangstür. Er sah Gavallan, nickte kurz, setzte aber sein Gespräch fort und ging die Treppe hinauf, die zu anderen Gesellschaftsräumen führte. »Was der Kerl wohl …« Gavallan unterbrach sich, als plötzlich die Erinnerung in ihm wach wurde. »Robert Armstrong, Chef des CID Kowloon, das ist er … oder war er.«
    »Des CID? Der Kriminalpolizei? Bist du sicher?«
    »Ja, CID oder Sonderdezernat … Ja, warte mal, er war ein Freund von Ian Dunross, und dort habe ich ihn auch kennengelernt, im Großen Haus auf dem Peak. Wenn ich mich recht entsinne, war das der Abend, an dem Quillan Gornt als höchst unwillkommener Gast erschien … Ich glaube, Ian und Penelope feierten ihren Hochzeitstag. Es war kurz bevor ich Hongkong verließ. Mein Gott, das ist fast 16 Jahre her; kein Wunder, daß ich mich nicht gleich an ihn erinnerte.«
    »Ich hatte das Gefühl, daß er dich sofort wiedererkannte, als er dich gestern auf dem Flughafen sah.«
    Sie leerten ihre Gläser und gingen, beide auf seltsame Weise verunsichert.
    Universität Teheran: 19 Uhr 32. Die Versammlung der mehr als 1.000 linksorientierten Studenten im Viereck des Vorhofs war laut und gefährlich: Es gab zu viele Fraktionen, zu viele Eiferer und zu viele Bewaffnete. Es war kalt und feucht, aber noch nicht dunkel, obwohl in der Dämmerung schon einige Lichter und Fackeln aufleuchteten.
    Rákóczy stand im Rücken der Menge, nachlässig gekleidet, im Aussehen den anderen gleich, obwohl er seine Identität gewechselt hatte. Er war jetzt nicht mehr Smith oder Rákóczy oder Karakose, hier in Teheran firmierte er wieder als Dimitri Yazernow, der sowjetische Vertreter im Zentralkomitee der Tudeh – eine Position, die er in den vergangenen Jahren immer wieder eingenommen hatte. Er stand in einer Ecke des Vorhofs mit fünf Studentenführern der Tudeh, ein Sturmgewehr über der Schulter, bewaffnet und bereit. »Jeden Augenblick kann es losgehen«, murmelte er.
    »Wen soll ich mir als ersten vorknöpfen?« fragte einer der Studenten nervös.
    »Den Mudjaheddin – diesen mutterlosen Bastard da drüben«, antwortete er und deutete auf einen schwarzbärtigen Mann, der um vieles älter war als die anderen. »Laß dir Zeit, Farmad, und warte auf mein Zeichen! Er ist ein Profi und gehört zur PLO.«
    Verdutzt starrten ihn die Studenten an.

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