Wirbelsturm
schüttelten sich herzlich die Hände. »Ich habe mich schon gefragt, wie, äh, wie es dir ergangen ist.«
Abbasi lachte. »Du meinst, ob sie mich liquidiert haben? Du mußt nicht alles glauben, Rudi. Nein, alles ist bestens. Nachdem ich Kharg verlassen hatte, verbrachte ich einige Zeit in Doschan Tappeh und kam dann auf die Luftwaffenbasis Abadan.«
Rudi wartete. »Und dann?«
»Und dann?« Huschang überlegte kurz. »Und dann, als Seine Kais… als der Schah den Iran verließ, ließ unser Kommandant uns alle antreten und teilte uns mit, daß er unseren Treueeid für null und nichtig ansah. Er forderte uns auf zu entscheiden, was wir tun, ob wir bleiben oder gehen wollten. ›Aber‹, sagte er schließlich, ›auf dieser Basis wird die Machtübernahme durch die neue Regierung in geordneten Bahnen verlaufen.‹ Er gab uns zwölf Stunden Zeit, uns zu entscheiden.« Abbasi runzelte die Stirn. »Einige gingen, in der Mehrzahl dienstältere Offiziere. Was würdest du getan haben?«
»Ich wäre geblieben. Selbstverständlich. Heimat ist Heimat.«
»Ja, so dachte ich auch.« Ein Schatten fiel über Abbasis Gesicht. »Nachdem wir uns alle entschieden hatten, rief unser Kommandant Ayatollah Ahwazi, unseren obersten Ayatollah, herein, und führte die Machtübernahme offiziell durch. Dann erschoß er sich. Er ließ einen Brief zurück, in dem es hieß: ›Ich habe mein Leben lang Mohammed Reza Schah gedient, so wie mein Vater Reza Schah, seinem Vater. Ich kann nicht Mullahs oder Politikern dienen oder mit dem Gedanken eines Treuebruchs leben, der unser Land verpestet.‹ Der Major meint, er hätte dabei an die Generäle gedacht. Aber viele von uns meinen, er hatte den Verrat am Islam im Sinn gehabt.«
»Durch Khomeini?« Lutz blickte in Abbasis arglose braune Augen, in sein feingeschnittenes Gesicht und wurde das unbehagliche Gefühl nicht los, daß das nicht mehr sein Freund war, sondern ein anderer mit dem gleichen Gesicht. Einer, der ihn in eine Falle locken könnte.
»So etwas auch nur zu denken, wäre Verrat; meinst du nicht auch?« Es war eine Feststellung, keine Frage. »Ich habe Angst um den Iran. Wir sind so angreifbar, gleichzeitig so wertvoll für beide Supermächte und werden von so vielen unserer nächsten Nachbarn beneidet und gehaßt.«
»Aber eure Streitkräfte sind doch die stärksten und am besten ausgerüsteten in der ganzen Gegend. Ihr seid die Macht am Golf.« Er ging zu dem kleinen Eisschrank hinüber. »Wie wäre es mit einer eiskalten Flasche Bier?«
»Nein, danke.« Für gewöhnlich hatten sie mit Genuß getrunken.
»Bist du auf Diät?« fragte Lutz.
Der andere schüttelte den Kopf und lächelte sonderbar. »Ich habe das Trinken aufgegeben. Es ist mein Geschenk an das neue Regime.«
»Dann trinken wir Tee, wie in alten Zeiten«, sagte Lutz, ohne mit der Wimper zu zucken, ging in die Küche und setzte den Kessel auf. Huschang hat sich wirklich geändert, dachte er. Aber an seiner Stelle würdest du dich auch geändert haben – seine Welt steht kopf. »Wie geht es Ali?« fragte er. Ali war Huschang Abbasis geliebter älterer Bruder, ein Hubschrauberpilot, den Lutz niemals kennengelernt hatte. Ständig erzählte Abbasi von ihm und von seinen legendären Abenteuern und Eroberungen in Teheran, Paris und Rom.
»Ali dem Großen geht es auch gut«, antwortete Abbasi mit strahlendem Lächeln. Kurz vor der Flucht des Schahs hatten sie im geheimen ihre Möglichkeiten durchdiskutiert und waren zu dem Schluß gekommen, daß sie bleiben würden, wie immer sich die Dinge entwickeln mochten. »Wir sind immer noch die Elitetruppe und werden immer noch den Urlaub in Europa verbringen können.« Er war sehr stolz auf ihn, beneidete ihn auch nicht, sondern wünschte nur, er könnte den zehnten Teil so erfolgreich sein wie er. Der Kessel begann zu pfeifen. Lutz machte Tee. »Darf ich dich in bezug auf HBC etwas fragen?« Er warf einen Blick durch die Tür. Sein Freund beobachtete ihn. »Hast du etwas dagegen?«
»Was möchtest du wissen?«
»Was ist passiert?«
Nach einer kleinen Pause antwortete Abbasi. »Ich leitete den Einsatz. Wir hatten Auftrag, einen Hubschrauber abzufangen, der entdeckt worden war, wie er sich durch unser Revier pirschte. Ein ziviler Heli, wie sich herausstellte, der sich durch die Täler rings um Dezful schlängelte. Unsere Funksprüche – auf Englisch und Persisch – beantwortete er nicht. Wir verfolgten den Hubschrauber und warteten. Als er dann einmal hinter einer
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