Wirbelsturm
es, ihn so lange alleingelassen zu haben. Er warf einen Blick auf Lochart. Armer alter Tom. Mein Gott, was für ein Schlamassel! Wie war er überhaupt nach Isfahan gekommen? Wie zum Teufel soll ich mich verhalten? Vorsichtig nahm er die Tasse aus Locharts Händen, aber der Kanadier schreckte auf.
Einen Augenblick lang wußte Lochart nicht, ob er wachte oder träumte. Sein Herz klopfte, er hatte rasende Kopfschmerzen, und er wartete wieder auf dem Landesteg; Rudi stand im Gegenlicht vor ihm wie Ali, und Lochart wußte nicht, ob er sich auf ihn stürzen oder ins Wasser springen sollte.
»Mein Gott, ich dachte, du wärst Ali«, stieß er hervor. »Tut mir leid, ich bin schon wieder okay.«
»Ali?«
»Der Pilot, der Pilot der HBC, Ali Abbasi. Er wollte mich töten.« Halb verschlafen erzählte er Lutz, was geschehen war. Dann bemerkte er, daß Lutz leichenblaß geworden war. »Was hast du?«
Lutz zeigte mit dem Daumen nach draußen. »Das ist sein Bruder. Huschang Abbasi. Er hat die HBC abgeschossen.«
29
Teheran: 16 Uhr 17. Im Penthouse-Büro der S-G starrten die beiden Männer ungeduldig auf den Fernschreiber. »Na, komm schon endlich«, murmelte McIver und warf abermals einen Blick auf die Uhr. Die 125 sollte um 17 Uhr 30 eintreffen. »Wir müssen bald gehen, Andy. Bei dem Verkehr weiß man nie.«
Gavallan schaukelte zerstreut auf dem knarrenden alten Lehnsessel. »Ja, aber Genny ist noch nicht da. Sobald sie kommt, gehen wir. Schlimmstenfalls kann ich die Zentrale von Al Schargas aus anrufen.«
»Falls Johnny Hogg es schafft, durch den Luftraum von Kisch und Isfahan durchzukommen, und die Landeerlaubnis für Teheran anerkannt wird.«
»Diesmal kommt er. Ich habe so das Gefühl, unser Mullah Tehrani hätte schon gern seine neue Brille. Ich hoffe nur, daß Johnny sie ihm beschafft hat.«
»Das hoffe ich auch.«
Es war dies der erste Tag, da das Komitee Ausländern gestattet hatte, in das Gebäude zurückzukehren. Sie hatten den halben Vormittag mit Saubermachen verbracht. Gleich darauf gab der Fernschreiber kräftige Lebenszeichen von sich. »Dringend! Bitte bestätigt, daß euer Fernschreiber funktioniert und informiert Mr. McIver, daß ich ein Avisyard-Telex für den Boß habe. Ist er noch in Teheran?« Das Fernschreiben kam von Elizabeth Chen in Aberdeen. ›Avisyard‹ war ein selten verwendeter Firmencode und bedeutete eine streng geheime, für McIver allein bestimmte Nachricht. Er versuchte viermal, Aberdeen zurückzurufen.
»Solange wir noch keinen Vogel verloren haben …« Gavallan schickte ein Stoßgebet zum Himmel.
»Daran habe ich auch gerade gedacht. Hast du eine Ahnung, was passiert sein könnte, daß die mit einem Avisyard daherkommen?«
»Nein.« Gavallan mußte an das wirkliche Avisyard denken, Schloß Avisyard, wo er so viele glückliche Jahre mit Kathy verbracht hatte. Sie hatte dem Code auch den Namen gegeben. Denk jetzt nicht an Kathy, sagte er sich. Nicht jetzt.
»Ich hasse diese verdammten Fernschreiber! immer sind sie kaputt«, brummte McIver. In seinem Magen rumorte es, vornehmlich wegen des Streits, den er gestern abend mit Genny gehabt hatte – sie sollte heute unbedingt mit der 125 fliegen –, aber auch weil er immer noch keine Nachricht von Lochart hatte. Dazu kam, daß das iranische Büropersonal nicht zur Arbeit erschienen war, nur die Piloten. McIver schickte sie alle fort, mit Ausnahme von Pettikin, der Bereitschaftsdienst machen sollte. Gegen Mittag kam Nogger Lane, um zu berichten, daß sein Rundflug mit dem Mullah Tehrani, sechs hezbollahis und fünf Frauen ein voller Erfolg war. »Ich habe das Gefühl, unser lieber Mullah möchte morgen einen zweiten Rundflug unternehmen. Er erwartet dich Punkt 17 Uhr 30 auf dem Flughafen.«
»Okay. Nogger, du löst Charlie ab.«
»Na, hör mal, Mac, alter Freund, ich habe den ganzen Vormittag hart gearbeitet, über bloße Pflichterfüllung hinaus, und Paula ist noch in der Stadt.«
»Das weiß ich nur zu gut, ›alter Freund‹, und so wie's aussieht, wird sie noch die ganze Woche dasein«, konterte McIver verärgert. »Lös jetzt Charlie ab, und wenn ich noch ein Wort von dir höre, versetze ich dich nach Nigeria!«
Sie hatten gewartet. Wieder einmal war ihnen dabei bewußt geworden, daß Fernschreiben zum Teil über Telefonverbindungen liefen. »Verdammt viel Draht zwischen hier und Aberdeen«, brummte McIver.
»Sobald Genny da ist, gehen wir. Bevor ich heimreise, möchte ich mich noch vergewissern, daß sie gut in Al
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