Wirbelsturm
Pocken erkrankt zu sein und müsse daher außer Landes gebracht werden.«
Noch mehr hezbollahis standen am Tor zur Güterabfertigung und ihrem Büro, aber hier ging es schneller, weil sie schon erwartet wurden. Die 125 stand bereits auf der Rollbahn.
»Warum kommen Sie so spät?« fragte der Mullah Tehrani ärgerlich, während er, gefolgt von zwei Revolutionswächtern, die Stufen der 125 herunterkletterte. Gavallan und McIver bemerkten sofort, daß er eine neue Brille trug. John Hogg saß bereits auf dem Pilotensitz. »Die Maschine muß sofort starten. Warum haben Sie sich verspätet?«
»Tut mir schrecklich leid, Exzellenz, der Verkehr – Inscha'Allah! Tut mir wirklich leid«, antwortete McIver. »Captain Lane hat mich wissen lassen, daß Ihr Werk für den Ayatollah, Gott segne ihn, von Erfolg begleitet war.«
»Es blieb nicht genug Zeit, um mein Werk zu vollenden. Wie es Allah gefällt. Es ist notwendig, daß ich morgen, äh, weitermache. Sie werden das bitte für 9 Uhr arrangieren.«
»Mit Vergnügen. Hier ist die Passagier- und Mannschaftsliste.« McIver reichte ihm das Dokument. Darauf waren Gavallan, Genny und Armstrong angegeben; neben Armstrongs Name stand ›Urlaubsreise‹.
Mit der neuen Brille fiel Tehrani das Lesen jetzt leicht. »Wo ist dieser Armstrong?«
»Ich dachte, er wäre schon an Bord.«
»Außer der Mannschaft ist niemand an Bord«, versetzte der Mullah gereizt. »Die Maschine muß sofort starten.«
»Es paßt einfach nicht zu Mr. Armstrong, sich so zu verspäten«, sagte Gavallan und runzelte die Stirn. Weder er noch McIver hatten seit gestern von ihm gehört, und er war auch nicht in die Wohnung gekommen. Talbot hatte heute morgen nur mit den Achseln gezuckt. Armstrong wäre aufgehalten worden, es bestünde kein Grund zur Sorge, er würde pünktlich am Flughafen sein. »Vielleicht wartet er im Büro«, vermutete Gavallan.
»Dort ist keiner, der nicht dort sein sollte. Die Maschine wird jetzt starten. Bitte gehen Sie an Bord.«
»Wunderbar«, sagte Gavallan. »Wie es Gott gefällt. Übrigens hätte ich auch gern eine Landeerlaubnis für die 125 für Samstag und eine Starterlaubnis für eine 206 für morgen nach Täbris.« Sehr förmlich überreichte er ihm das sauber ausgefüllte Formular.
»Die 125 kann zurückkommen. Aber es gibt keine Flüge nach Täbris. Vielleicht Samstag.«
»Aber, Exzellenz, wir …«
»Nein«, sagte der Mullah, dem es nicht entging, daß er beobachtet wurde. Er befahl, den Lastwagen, der die Piste blockierte, wegzufahren, erblickte Genny, die jetzt den Wagen verließ, und nickte beifällig. Überrascht stellten Gavallan und McIver fest, daß sie ihr Haar in das Tuch gesteckt hatte, das zu ihrem Hut gehörte. Mit ihrem langen Mantel machte sie fast den Eindruck, als trüge sie einen Tschador.
»Bitte gehen Sie an Bord.«
»Danke, Exzellenz«, sagte sie auf Persisch. Den ganzen Vormittag hatte sie es geübt. »Aber wenn Sie gestatten, bleibe ich. Mein Mann ist im Kopf nicht so gesund, wie er sein sollte, natürlich nur vorübergehend, aber Sie, ein Mann von solcher Intelligenz – Sie werden verstehen, daß eine Frau zwar nichts gegen den Willen ihres Mannes tun kann, daß es aber geschrieben steht, daß sogar der Prophet umsorgt werden mußte.«
»Das ist wahr«, sagte der Mullah und musterte McIver nachdenklich. McIver starrte ihn verblüfft an. »Sie können bleiben, wenn Sie es wünschen.«
»Vielen Dank«, sagte Genny höflich, »dann bleibe ich. Vielen Dank, Exzellenz, für Ihr Verständnis und Ihre Weisheit.« Sie verbarg die Freude über den gelungenen Trick und fügte auf Englisch hinzu: »Duncan, Mullah Tehrani ist auch der Meinung, daß ich bleiben sollte.« Sie sah, wie sich seine Augen verdunkelten, und sagte noch schnell: »Ich warte im Wagen.«
Er kam ihr zuvor: »Geh sofort an Bord, oder ich schleife dich hin!«
»Sei doch nicht albern, Liebster.« Sie war eifrig bemüht, ihn zu besänftigen. Gavallan kam dazu. »Und schrei nicht, das ist schlecht für deinen Blutdruck.« Mürrisch starrten die hezbollahis sie an. »Du weißt, ich liebe diese Stadt. Wie könnte ich von ihr fortgehen?«
»Verdammt noch mal, du wirst sofort …« McIver war so zornig, daß er kein Wort mehr herausbrachte, und einen Augenblick lang fürchtete Genny, zu weit gegangen zu sein.
»Ich fliege, Duncan, wenn du mitkommst. Jetzt gleich. Ich gehe nicht ohne dich, und wenn du versuchst, mich zu zwingen, mache ich dir hier eine Szene, die sich gewaschen hat.
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