Wirbelsturm
holen und den Tisch herzurichten, erzählte er den beiden, wie alles gewesen war, vom Angriff der Terroristen auf die Bohranlage Bellissima, vom Tod Guineppas und später Jordons, und wie Scot verwundet worden war. »Eine häßliche Geschichte, aber was soll man machen?«
»Entsetzlich«, sagte Paula. »Jetzt weiß ich, warum wir über Schiras zurückfliegen und 50 Plätze freihalten sollen. Vermutlich für unsere Landsleute aus dem Zagros-Gebirge.«
»Richtig gemein«, meinte Sayada und fragte sich, ob sie diese Informationen weitergehen sollte. An ›sie‹ – und an ›ihn‹. Die Stimme hatte am Vortag schon früh angerufen und wissen wollen, wann sie Teymour am Freitag verlassen habe. »Gegen fünf, vielleicht ein Viertel nach fünf. Warum?«
»Kurz nach Einbruch der Dunkelheit ist in dem verdammten Haus Feuer ausgebrochen – irgendwo im dritten Stock. Die zwei Etagen darüber waren abgeschnitten. Es gab viele Tote, und von Teymour und den anderen fehlt jede Spur. Die Feuerwehr kam natürlich zu spät.«
Es stellte kein Problem dar, echte Tränen fließen zu lassen und ihr Leid überzeugend zur Schau zu stellen. Im Lauf des Tages hatte die Stimme noch einmal angerufen. »Haben Sie Teymour die Papiere gegeben?«
»Ja … ja, natürlich.«
Ein erstickter Fluch. »Kommen Sie morgen nachmittag in den Französischen Club. Ich werde Anweisungen in Ihr Fach legen.« Aber sie hatte keine Botschaft vorgefunden und bei dieser Gelegenheit dem Koch das Brot abgeschwatzt; dann war sie hierher gekommen. Sie wußte nicht, wo sie sonst hingehen sollte – und hatte immer noch große Angst.
»Wirklich traurig«, sagte Paula.
»Ja, aber jetzt genug davon!« Pettikin verwünschte seine Redseligkeit. Das ging die zwei Frauen doch nichts an, dachte er. »Laßt uns essen, trinken und fröhlich sein!«
»Denn morgen sterben wir?« ergänzte Sayada.
»Nein!« Pettikin hob sein Glas und schaute Paula strahlend an. »Denn morgen leben wir! Auf eure Gesundheit!« Er stieß zuerst mit Paula und dann mit Sayada an.
Charlie, dachte Sayada, ist in diese verführerische Hexe verliebt; sie wird ihn ganz nach Laune vernaschen und den Rest, ohne auch nur zu rülpsen, wieder ausspucken. Aber warum wollen ›sie‹, meine neuen Herren, wer immer sie auch sein mögen, über Jean-Luc und Tom informiert werden? Warum soll ich Armstrongs Geliebte werden? Und wie in aller Welt haben ›sie‹ von meinem Sohn erfahren?
Paula dachte: Ich hasse diese Scheißstadt, wo die Menschen alle so trübselig und miesepetrig und pessimistisch sind wie diese arme Sayada, der offensichtlich ein Mann übel mitgespielt hat. Dabei gibt es doch Rom und Italien, meine Heimat, und das süße Leben, wo man lachen kann und die Liebe genießen, Kinder bekommen und einen Mann verwöhnen – solange sich der Kerl anständig benimmt. Warum sind die Männer nur so gemein, und warum mag ich diesen Mann, diesen Charlie, der zu alt ist, und doch auch nicht, zu arm, und doch auch nicht, zu männlich und doch auch nicht …
» Allora «, sagte sie, und der Wein ließ ihre Lippen voller erscheinen, »Charlie, amore , wir müssen uns in Rom wieder treffen. Teheran ist so deprimierend.«
»Nicht, wenn du da bist.«
Sayada sah, wie sich die beiden anlächelten, und beneidete sie. »Ich komme später noch einmal vorbei«, sagte sie und erhob sich. Noch bevor Pettikin sich dazu äußern konnte, drehte sich ein Schlüssel im Schloß, und McIver kam herein.
»Oh, hallo!« begrüßte er sie und bemühte sich, seine Erschöpfung abzuwerfen. »Abend, Paula! Abend, Sayada! Was für eine nette Überraschung!« Er sah das Essen auf dem Tisch. »Was ist denn das? Haben wir etwa schon Weihnachten?« Er zog die Handschuhe aus und legte seinen schweren Mantel ab.
»Das haben Paula und Sayada mitgebracht. Wo ist Tom?« fragte Pettikin.
»Ich habe ihn bei den Bakravans abgesetzt.«
»Wie geht es denn Scharazad?« erkundigte sich Sayada. »Ich habe sie schon seit … seit dem ersten Protestmarsch nicht mehr gesehen.«
»Ich weiß es nicht, Mädchen. Ich habe ihn dort einfach abgesetzt und bin weitergefahren.« Er nahm ein Glas Wein entgegen und erwiderte Pettikins Blick, ohne die Miene zu verziehen. »Der Verkehr ist katastrophal. Ich habe eine Stunde gebraucht, um hierher zu kommen. Auf deine Gesundheit, Paula! Du bist eine wahre Augenweide. Bleibst du über Nacht?«
»Wenn das ginge? Ich muß morgen schon früh los. Aber keine Sorge, einer von der Crew hat mich hergebracht
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