Wirbelsturm
dich gewartet, du Hurenprinzessin, und Allah soll mich strafen, wenn mein Schwanz nicht für dich bereit ist … von vorn oder hinten oder sonst wo …« Mit solchen Beschimpfungen bedrängte er sie. Entsetzt wich sie zurück, bekam den Schlüssel zu fassen, drehte ihn herum und stieß die Tür weit auf.
Da stand der Dobermann. Der Mann erstarrte. Ein drohendes Knurren, und der Hund sprang los. Der Mann schrie auf, versuchte den Hund abzuwehren und rannte die Treppe hinunter. Fauchend und knurrend folgte ihm der Dobermann, schnappte nach seinen Beinen und zerriß ihm die Kleider. »Zeig ihn mir jetzt doch!« rief Azadeh dem Burschen nach.
»O Gnädigste, ich habe Sie nicht klopfen gehört. Was ist denn passiert?« rief der alte Diener, während er aus der Küche gelaufen kam.
Zornig wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und erzählte ihm von dem überfall. »Allah, strafe dich, Ali! Zwanzigmal habe ich dir schon aufgetragen, du sollst mit dem Hund unten auf mich warten. Ich bin immer pünktlich. Hast du kein Hirn im Kopf?«
Der alte Mann entschuldigte sich, aber eine rauhe Stimme hinter Azadeh ließ ihn verstummen. »Geh und hol den Hund!« Sie sah sich um. Ihr Magen krampfte sich zusammen.
»Guten Abend, Gnädigste.« Es war Ahmed Dursak. Groß und bärtig stand er erschreckend in der Tür.
Inscha'Allah, dachte sie, das Warten ist zu Ende, und jetzt beginnt alles von neuem. »Guten Abend, Ahmed.«
»Entschuldigen Sie bitte, Gnädigste. Ich wußte nicht, wie es in Teheran zugeht. Ali, ich habe dir doch gesagt, du sollst den Hund holen!« Verängstigt und Entschuldigungen murmelnd hastete der Diener mit einer Taschenlampe die Treppe hinunter. Ahmed schloß die Tür und sah zu, wie Azadeh den Stiefelknecht gebrauchte, um sich ihrer Schuhe zu entledigen, und dann ihre kleinen Füße in türkische Pantoffel steckte. Sie ging an ihm vorbei in das komfortable, in westlichem Stil eingerichtete Wohnzimmer und setzte sich. Im Kamin brannte ein lustiges Feuer. Kostbare Teppiche bedeckten den Fußboden und hingen an den Wänden. Auf einem Tischchen lag das kookri, das Ross für sie dagelassen hatte. »Du bringst Nachrichten von meinem Vater und meinem Mann?«
»Seine Hoheit, der Khan, ist krank, sehr krank, und wir …«
»Was fehlt ihm?« fragte Azadeh sofort, ehrlich beunruhigt.
»Er hatte eine Herzattacke.«
»Allah schütze ihn – wann ist das passiert?«
»Letzten Donnerstag.« Er las ihre Gedanken. »Das ist der Tag, an dem Sie … und der Saboteur ins Dorf Abu-Mard kamen. Nicht wahr?«
»Schon möglich. Die letzten Tage waren sehr verwirrend«, sagte sie kühl. »Wie geht es meinem Vater?«
»Der Anfall von Donnerstag war, Allah sei Dank, mild, aber am Samstag um Mitternacht hatte er wieder einen, einen viel schwereren.«
»Wie schwer? Schone mich bitte nicht! Sag mir alles! Sofort!«
»Tut mir leid, Gnädigste, es war nicht meine Absicht, Sie zu schonen.« Er blieb höflich, hielt den Blick von ihren Beinen fern, bewunderte ihr Temperament und ihren Stolz und hätte ihr verdammt gern gezeigt, wie wenig er sie schonen würde. »Der Arzt nennt es einen Schlaganfall, und jetzt ist Seine Hoheit linksseitig zum Teil gelähmt. Er kann noch sprechen – mit einiger Mühe –, aber sein Geist ist so rege wie eh und je. Der Arzt sagt, er würde sich in Teheran viel schneller erholen, aber die Straßen …«
»Wird er sich erholen?«
»Das weiß ich nicht, Gnädigste. Wie es Allah gefällt. Er scheint sehr krank zu sein. Der Arzt, von dem ich nicht viel halte, hat nur gemeint, Seine Hoheit hätte hier in Teheran bessere Chancen.«
»Dann bring ihn doch so schnell wie möglich her!«
»Das werde ich, Gnädigste. Mittlerweile habe ich eine Botschaft für Sie. Der Khan, Ihr Herr Vater, sagt: ›Ich wünsche dich zu sehen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch leben werde, aber gewisse Maßnahmen müssen getroffen, Verträge unterschrieben werden. Dein Bruder Hakim ist jetzt bei mir. Ich …‹«
»Allah schütze ihn!« stieß Azadeh hervor. »Hat mein Vater sich mit Hakim versöhnt?«
»Seine Hoheit hat ihn als Erben eingesetzt.«
»Oh, das ist wunderbar, Allah sei gelobt, aber …«
»Bitte haben Sie Geduld und lassen Sie mich seine Botschaft beenden: ›Dein Bruder Hakim ist jetzt bei mir. Ich habe ihn als Erben eingesetzt – sofern gewisse Bedingungen deiner- und seinerseits erfüllt werden.‹« Ahmed zögerte, während Azadehs Herz noch vor Seligkeit überfloß, der Verstand ihr aber
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