Wirbelsturm
aufnehmen.«
»Er wird bald sterben. Und was kommt dann?«
»Sein Nachfolger wird die gleiche Macht besitzen – vorausgesetzt, dieser arme Hund Hakim bleibt am Leben, um sie zu nutzen. Habeich dir erzählt,daß er zum Erben eingesetzt wurde?«
»Nein. Was ist daran so bemerkenswert?«
»Hakim ist der älteste Sohn. Er fiel in Ungnade und mußte viele Jahre in Khoy leben. Jetzt wurde er zurückgebracht und wieder in seine Rechte eingesetzt.«
»Warum wurde er denn verbannt?«
»Das übliche. Er wurde bei dem Versuch ertappt, seinen Vater ins Jenseits zu befördern – wie Abdullah das mit seinem Vater getan hat.«
»Bist du sicher?«
»Nein. Aber seltsamerweise starb Abdullahs Vater in der Datscha seines Freundes Mzytryk in Tiflis.« Haschemi lächelte. »An einem Schlaganfall.«
»Wie lange weißt du das schon?«
»Lange genug. Wir werden deinen Mzytryk fragen, ob es wahr ist – sobald wir ihn haben. Was Abdullah angeht, hoffe ich nur, daß er so lange am Leben bleibt, bis er den Befehl gegeben hat, uns bei unseren Friedensbemühungen zu unterstützen. Dann kann er von mir aus vermodern. Ich hasse diesen gemeinen alten Kerl, weil er immer ein falsches Spiel getrieben und uns alle für seine eigenen Zwecke mißbraucht hat. Ja, ich hasse ihn, Pahmudi würde ich ihn aber trotzdem nie in die Hände fallen lassen; dazu ist er – auf seine abscheuliche Art – ein zu guter Patriot. Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Teheran. Du weißt, wo du mich finden kannst. Brauchst du Gesellschaft für dein Bett?«
»Ich bin mit fließend heißem und kaltem Wasser zufrieden.«
»Du solltest ein bißchen experimentieren; versuch es doch zur Abwechslung mal mit einem Jungen. Um Himmels willen, sei bloß nicht so verlegen! Du hast mich schon so oft enttäuscht, ich weiß gar nicht, warum ich soviel Geduld mit dir habe.«
»Danke.«
»Wenn es um Sex geht, seid ihr Engländer schrecklich verdorben und verklemmt. Zu viele von euch sind heimliche Homosexuelle, oder geben es sogar zu, widerliche Sünder in den Augen der übrigen. In arabischen Ländern aber, wo Freundschaft unter Männern historisch normal und etwas ganz Gewöhnliches ist, kennt man Homosexualität, wie ihr sie versteht, überhaupt nicht. Angenommen, ein Mann zieht den Analverkehr vor. Na, wenn schon! Hier schadet das seiner Männlichkeit nicht. Mach dich um eine Erfahrung reicher, Robert – das Leben ist so kurz. Bis dahin wird sie dir nach Wunsch zur Verfügung stehen. Beleidige mich nicht, indem du sie bezahlst.«
›Sie‹ war eine attraktive christliche Kaukasierin, und er bediente sich ihrer ohne Leidenschaft. Es war nur eine höfliche Geste, er dankte ihr, ließ sie im Bett schlafen und auch den folgenden Tag noch bleiben, um sauber zu machen, zu kochen und ihn zu unterhalten. Als er heute morgen die Augen geöffnet hatte, war sie verschwunden gewesen.
Jetzt sah Armstrong zum westlichen Himmel auf. Es wurde rasch dunkel. Sie warteten noch eine halbe Stunde.
»Der Pilot wird nicht mehr landen können, Robert. Gehen wir.«
»Der Chevy hat sich nicht gerührt«, hielt Armstrong ihm entgegen. »Ich gehe erst, wenn der Chevy losfährt. Okay?«
Der stämmige Iraner musterte ihn kalt. »Unten wird ein Wagen warten. Der bringt dich dann in unsere konspirative Wohnung. Warte dort auf mich. Ich muß nach Teheran zurück. Ich habe dort dringende Geschäfte – wichtiger als dieser Hundesohn. Übrigens glaube ich, daß er etwas gemerkt hat.«
»Wann kommst du wieder?«
»Morgen. Wir müssen uns ja auch um den Khan kümmern.« Fluchend stapfte er davon.
Armstrong sah ihm nach. Er war froh, allein zu sein. Haschemi wurde immer schwieriger, immer gefährlicher, immer nervöser. Zu nervös für den Chef des Inneren Sicherheitsrates, der soviel Macht besaß und im geheimen über eine Schar ausgebildeter Mörder verfügte. Es ist an der Zeit, an einen Ausstieg zu denken, Robert. Aber ich kann nicht, noch nicht. Komm schon, Mzytryk, das Mondlicht reicht aus, um zu landen.
Kurz nach zehn ließ der Chevy die Scheinwerfer aufflammen. Die zwei Männer kurbelten die Fenster hoch und fuhren in die Nacht hinaus. Armstrong zündete sich eine Zigarette an. Nachdem er genußvoll zu Ende geraucht hatte, trat er den Stummel aus und ging zu dem wartenden Wagen hinunter.
Nahe der iranisch-sowjetischen Grenze: 23 Uhr 05. Erikki lag in der kleinen primitiven Hütte und versuchte zu schlafen. Sein Kinn war stoppelig. Ein Docht, der auf Öl in einer alten
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