Wirbelsturm
»Wirklich. Lassen Sie ständig jemanden am Funkgerät sitzen! Wir setzen uns wieder mit Ihnen in Verbindung, wenn es etwas Neues zu berichten gibt. Captain McIver will noch einmal mit Ihnen sprechen. Inscha'Allah!« Er gab das Mikrophon zurück.
»Captain, haben Sie gestern oder heute etwas aus Lengeh gehört?« fragte McIver.
»Nein, wir haben es versucht, konnten sie aber nicht erreichen. Vielleicht sind die Sonnenflecken daran schuld. Ich werde es jetzt noch einmal probieren.«
»Danke. Grüßen Sie Captain Scragger von mir und erinnern Sie ihn daran, daß sein ärztlicher Check nächste Woche fällig ist.« McIver beendete das Gespräch. Lochart berichtete ihm, was Ayre gesagt hatte, und schenkte sich einen Whisky ein.
»Und was ist mit mir?« fragte McIver gereizt.
»Aber Mac, du …«
»Hör schon auf! Mach mir eben einen schwächeren Drink.« Während Lochart einschenkte, stand McIver auf, trat ans Fenster und schaute hinaus. »Der arme Kyabi. Er war einer der wenigen anständigen Menschen, die es auf Erden gibt; ein treuer Diener des Iran und uns gegenüber fair. Warum haben sie ihn ermordet? Lauter Wahnsinnige! Und was soll das heißen, daß Rudi Duke und Marc ›befiehlt‹?«
»Wohl, daß sie Schwierigkeiten gehabt haben und Rudi mit ihnen fertig geworden ist. Freddy hätte es mir gesagt, wenn es anders gewesen wäre, auch wenn man zugehört hat, wer immer ›man‹ ist. Vielleicht war es so ähnlich wie in Zagros.«
In Zagros waren einen Tag nach Locharts Rückkehr vom Urlaub die Bewohner von Yazdik im Morgengrauen angerückt. Der Dorfmullah hatte von Khomeini den Befehl erhalten, sich gegen ›die ungesetzliche Regierung des Schahs‹ zu erheben und das Gebiet unter seine Kontrolle zu bringen. Der Mullah war in dem Dorf zur Welt gekommen; der Polizeichef, gegen den er sich erheben sollte, war sein Neffe, und Nasiri, der Leiter der Basis, war mit der Tochter der Schwester seiner Frau verheiratet, die jetzt in Schiras lebte. Doch noch wichtiger war, daß sie alle Galezaner waren, ein kleiner Stamm der nomadischen Kaschkai, die sich vor Jahrhunderten dort niedergelassen hatten. Der Polizeichef und Dorfälteste, der Nitchak Khan hieß, war gleichzeitig ihr Kalandar, ihr gewählter Stammesführer.
Deshalb hatte sich der Mullah mit Nitchak Khan beraten, und der Khan war ebenfalls der Ansicht gewesen, daß eine Revolte gegen den Erbfeind Schah Mohammed Pahlevi stattfinden solle, daß zur Feier der Revolution jeder, der Lust dazu hatte, in die Luft schießen durfte, und daß sie bei Tagesanbruch den Flugplatz der Fremden in Besitz nehmen würden.
Sie waren im Morgengrauen eingetroffen. Bewaffnet. Das ganze Dorf. Nitchak Khan trug statt der Polizeiuniform die Stammeskleidung. Er war zwar viel kleiner als Lochart, aber ein muskulöser, schlanker Mann mit eisernen Händen und stählernen Beinen. Er hatte sich einen Patronengurt umgehängt und hielt ein Gewehr in der Hand. Wie vorher besprochen, traf der von Jean-Luc Sessone begleitete Lochart mit den Aufständischen bei zwei rasch errichteten Steinsäulen zusammen, die das Tor zur Basis symbolisierten. Lochart grüßte und bestätigte, daß Nitchak Khan für die Basis zuständig war. Die beiden Steinsäulen wurden feierlich umgestoßen, alle jubelten laut, und viele schossen in die Luft. Dann überreichte Nitchak Khan Jean-Luc Sessone als dem Vertreter Frankreichs einen Blumenstrauß und dankte ihm im Namen aller Galezan-Kaschkai dafür, daß er Khomeini, der sie von ihrem Feind, dem Pahlewi-Schah, befreit hatte, unterstützt und geholfen hatte. »Allah sei Dank, daß dieser selbsternannte König der Könige, diese Kreatur der fremden Teufel, die das Sakrileg begangen hat, ihr Geschlecht auf die Könige Cyrus und Darius den Großen zurückzuführen, wie eine geschminkte Hure geflohen ist.«
Dann hielten beide Seiten tapfere Reden, ein Fest begann, und Nitchak Khan, neben dem der Mullah stand, bat Tom Lochart, als Stammesführer der Fremden auf Largos 3 unter der neuen Regierung so weiterzumachen wie bisher. Lochart erklärte sich dazu bereit.
»Hoffentlich haben Rudi und seine Leute genauso viel Glück wie du in Zagros, Tom! Die Lage wird immer unangenehmer«, sagte McIver und zerbrach sich den Kopf darüber, wie er Genny aus dem Iran hinausschaffen konnte. Auch hätte er gern gewußt, wo Charlie steckte. Seit Pettikin am Tag zuvor nach Täbris geflogen war, hatten sie nichts mehr von ihm gehört. Von der Bodenmannschaft des Militärstützpunktes
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