Wirrnis des Herzens
Genau wie ihre liebe Mutter, meine allerschönste Mathilda.« Fragend, eine Augenbraue hochgezogen, sah Lord Prith zu Flock hinüber.
»Klar und zutreffend formuliert, Ihre Lordschaft.«
»Danke, Flock.«
Lord Beecham konnte nicht umhin zu fragen: »Haben Sie jemals bei einer dieser Züchtigungsmaßnahmen zugesehen?«
»Natürlich. Manchmal verleiht Helen die Stöcke sogar an die Dorfbewohner, damit sie ihre eigenen Züchtigungen veranstalten können. In Court Hammering ist sie eine Art Göttin der Gerechtigkeit. Vor allem die Frauen himmeln sie an, weil sie den Männern nicht erlaubt, sich in ihrem Schankraum bewusstlos zu saufen.«
»Helen ist mehr als eine Göttin. Ich muss sie einfach haben, Lord Prith.«
»Ja, das verstehe ich. Schön, mein Einverständnis sollen Sie haben. Aber wissen Sie auch wirklich, worauf Sie sich da einlassen?
»Nein, wahrscheinlich nicht, aber ich bin mir so weit sicher, dass ich mir nichts sehnlicher wünsche, als all diese kleinen Eigenarten Ihrer Tochter innerhalb der nächsten fünfzig Jahre Stück für Stück kennen zu lernen. Vielleicht werde ich sie sogar gelegentlich ein zweites oder drittes Mal heiraten.«
»Das ist wirklich reizend von Ihnen, mein Sohn. Schön, schön. Champagner, Flock. Bringen Sie mir eine neue Flasche Champagner. Ach, und meinem zukünftigen Schwiegersohn bringen Sie bitte etwas von diesem fürchterlichen Weinbrand.«
21
Geordie hatte zehn Kilo Weizen in eine große Schlammpfütze verschüttet. Wimmernd hockte er nun in einer Ecke. Er wusste, dass er dafür gezüchtigt werden würde. Helen allerdings schien sich nicht im Geringsten an dem Vorfall zu stören. Still stand sie an der Wand des Stalles und starrte ins Leere. Sie konnte einfach nicht verstehen, warum Lord Beecham so fluchtartig weggelaufen war. »Miss Helen, dieser dumme Tollpatsch verdient mindestens Stufe Sechs«, sagte Gwen.
Geordie zitterte.
»Was? Oh, Stufe Sechs, Gwen? Ist das nicht ein wenig übertrieben?«
»Er hat zehn Kilo Weizen an den Dreck verfüttert, Miss Helen.«
»Gut, dann eben Stufe Sechs«, sagte Helen, wandte sich um und ging in den Schankraum.
Es war beinah neun Uhr abends, aber der Mond schien so hell, dass alle, die es wünschten, an Geordies Züchtigung teilnehmen konnten. Als Helen sein angstvolles Schreien und das darauf folgende Stöhnen wahrnahm, schüttelte sie nur den Kopf und ging zurück in das kleine private Esszimmer. Sie schürte das Feuer, nahm sich einen Becher heißen Apfelwein und setzte sich in einen Schaukelstuhl, um das Spiel der Flammen zu beobachten.
»Helen.«
Langsam drehte Helen sich zu Lord Beecham um. »Sie sind einfach mit dem Brot in der Hand weggelaufen.«
»Ja, aber jetzt habe ich das Brot aufgegessen und bin wieder da.«
»Was wollen Sie von mir, Lord Beecham?«
»Da ist ein nackter Mann im Hof. Seine Handgelenke sind hoch über seinem Kopf an einen Ast der alten Ulme geknüpft. Gwen ist dabei, ihn auszupeitschen, und hinter ihr warten noch drei andere Frauen darauf, an die Reihe zu kommen. Sie haben Ruten in der Hand, nicht gebündelte Malvenzweige.«
»Ich weiß. Geordie hat zehn Kilo Weizen verschüttet, mitten in eine Pfütze. Das verlangt nach einer Züchtigungsmaßnahme der Stufe Sechs, zumindest hielt Gwen das für angemessen.«
»Ich verstehe, so ergibt das natürlich einen Sinn. Wollen Sie mich heiraten, Helen?«
Helen fiel der Becher mit Apfelwein aus der Hand. Wie versteinert saß sie da und sah zu, wie die goldgelbe Flüssigkeit sich langsam über die polierten Eichendielen in Richtung des prachtvoll geknüpften Teppichs schlängelte. Dann plötzlich sprang sie, begleitet von einem kurzen Seufzen, auf und sah sich hektisch um.
Ruhig knüpfte Lord Beecham seine schneeweiße Krawatte auf und reichte sie Helen.
Er sah ihr dabei zu, wie sie sich hinunterkniete, um den vergossenen Apfelwein aufzuwischen. Als schon lange kein Tröpfchen mehr am Boden zu sehen war, rieb Helen immer noch verbissen über die Dielen.
»Es ist alles wieder in Ordnung, Helen«, sagte Lord Beecham sanft und reichte ihr eine Hand. »Sie scheuern ja noch ein Loch ins Holz.«
Seine Hand ignorierend, sprang Helen auf, strauchelte ein wenig und ließ sich dann rücklings in ihren Schaukelstuhl fallen.
»Ich bin nicht vor Ihnen weggelaufen. Ich bin nach Shugborough Hall geritten und eben erst wieder zurückgekehrt. Ihr Vater gab mir die Erlaubnis, um Sie zu werben. Das heißt, eigentlich gab er mir sogar die Erlaubnis, Sie zu heiraten.
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