Wissen auf einen Blick - Philosophen
den Kirchenvätern auch Patristik (nach lat. pater, Vater) genannt. Als „Vater“ werden katholische Priester in aller Welt angeredet. Der Papst, lateinisch und italienisch papa, trägt den Vater sogar im Titel. Priester jedoch gibt es Abertausende, und Päpste hat es bisher immerhin rund 300 gegeben. Die Kirchenväter dagegen sind eine kleine Gruppe wegweisender Denker, die Gestalt und Lehre der frühen christlichen Kirche in besonderem Maße geprägt haben. Der Ehrentitel „Kirchenvater“ wurde insgesamt nur rund fünfzigmal vergeben, zuletzt an den englischen Mönch Beda Venerabilis (674–735), der auch „der letzte der Väter“ genannt wird
.
Doppelter Schriftsinn
Origines war seiner Ausbildung nach Sprachkundler und Grammatiklehrer, und so ist Theologie für ihn wesentlich Quellenarbeit, also Studium und Deutung der heiligen Schriften. Origines war einer der Pioniere der sogenannten allegorischen Bibelauslegung (nach griech.
allegoreo
, etwas anders ausdrücken). Er geht davon aus, die Heilige Schrift sei nicht durchweg wörtlich zu verstehen und verlange vielfach eine Übertragungsleistung des Lesers, um zur tieferen Bedeutung vorzudringen. Während Gott in der Bibel beispielsweise als eine Art Person auftaucht, die im Alten Testament zu Mose spricht und im Neuen Testament als Jesus sogar Menschengestalt annimmt, hält Origines Gott für ein unsichtbares, unkörperliches Wesen, das als „wirkende Vorsehung“ Raum und Zeit überschreitet.
Aus Ägypten in die Welt
Auf seinen Reisen durchmaß Origines weite Teile des Römischen Reiches, vom Nildelta im Süden bis Rom im Norden und Petra im Osten. Als Lehrer wirkte Origines in seiner Heimatstadt Alexandria und später in Palästina, wo er eine eigene Lehranstalt gründete. Aber sein Wirken reicht weit über den Kreis seiner unmittelbaren Schüler hinaus.
Seine Vision von der Theologie als göttlicher Wissenschaft von den heiligen Schriften hat unter anderem Augustinus und Abaillard inspiriert. Die Rückbesinnung auf die schriftliche Überlieferung als wichtigste Quelle des Glaubens (lat.
sola scriptura
, nur die Schrift) wurde auch zu einem der Hauptmotive der Reformation. Zu den modernen Bewunderern des Origines gehört Papst Benedikt XVI.
Dieser Stich zeigt Origines bei der Himmelsbeobachtung, denn er war einer der ersten Wissenschaftler, die sich mit dem „Stern von Bethlehem“ auseinandersetzten. Er studierte die Sternbilder und fragte sich, welches für die Himmelserscheinung bei Christi Geburt verantwortlich sein könnte. Origines machte letztlich aber kein Sternbild, sondern einen Kometen für die Himmelserscheinung verantwortlich und hielt die Heiligen Drei Könige für Sternenforscher auf dessen Spur
.
(c) Interfoto, München
Qualität setzt sich durch: Neoplatonismus
Plotin (um 203–269)
Platon hat die meisten philosophischen Themen zum ersten Mal angesprochen, viele Schlüsselbegriffe von
politeia
(Staatswesen) bis
psyche
(Seele) geprägt und so ganzen Fachbereichen wie Staatstheorie und Psychologie für immer seinen Stempel aufgedrückt. Doch alle paar Jahrhunderte war die Zeit reif für eine ausdrückliche Wiederbelebung seiner Lehre. Zum ersten Mal geschah das in Nordafrika, rund 500 Jahre nach Platons Tod. Der ägyptische Kirchenvater Origines (um 185–254) ging ganz im Sinne des platonischen Dualismus von einer doppelten Kirche und sogar von einem doppelten Sinn der Heiligen Schrift aus: die irdische Kirche sei nur ein Abbild der idealen Kirche, und der Wortlaut der Bibel sei nur die Oberfläche ihrer wahren Bedeutung.
Ausstrahlung des wahren Seins
Dem Schulmeister Plotin, einem Zeitgenossen des Origines, war es mit dem Platonismus sogar so ernst, dass er sich geschämt haben soll, überhaupt einen Körper zu haben. Plotin strebte die Befreiung der Seele aus dem Körper an, um ihr die Gemeinschaft mit dem wahren Sein zu ermöglichen. Die philosophische Erkenntnis sei nur eine Vorstufe dieser Überwindung des Körpers (griech.
ekstasis
, Außersich-Sein). Plotins Schüler Porphyrios berichtet, der Meister habe selbst viermal den Zustand der Verschmelzung mit dem wahren Sein erreicht. Dieses Konzept einer mystischen Einheit ist zugleich ein Rückgriff auf Platon und ein Vorgriff auf den Mystizismus, wie ihn etwa Meister Eckhart (1260–1327) ein Jahrtausend später vertrat. Das wahre Sein, das Plotin auch das „All-Eine“ nennt und mit dem christlichen Gott vergleicht, steht an der Spitze der Weltordnung, die Plotin in seinen
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