Wissen auf einen Blick - Philosophen
unsere Wurzeln und unser Verhältnis zur Natur: Wer sind wir? Woher kommen wir? Dürfen wir uns die Erde Untertan machen? Lassen sich aus der Lehre Darwins moralische Regeln oder gesellschaftliche Hierarchien ableiten? Und wie viel Tier steckt im Menschen?
Darwins Evolutionstheorie
Darwin selbst hat die Folgen seiner Arbeit wohl kaum abgesehen, als er im Dezember 1831 an Bord des Forschungsschiffs „H.M.S. Beagle“ ging. Die Reise führte die „Beagle“ nach Südamerika, rund um Kap Horn und im Jahr 1835 schließlich zu den Galapagosinseln. Dort widmete sich Darwin geologischen, botanischen und zoologischen Untersuchungen, besonders dem Studium der Vogelwelt. Ausgehend von seinen Funden und Aufzeichnungen, entwickelte Darwin die Evolutionstheorie. Seine wichtigste Erkenntnis: Die Tier- und Pflanzenarten, die wir heute in der Welt vorfinden, waren nicht schon immer da. Sie haben sich vielmehr erst mit der Zeit entwickelt und gehen auf wenige gemeinsame Vorfahren zurück.
Darwinismus und Theologie
Die eigentliche Sensation platziert Darwin im letzten Kapitel seiner „Entstehung der Arten“ (1868): „In ferner Zukunft sehe ich Raum für weit bedeutendere Forschungen. Sie werden neues Licht auf die Abstammung des Menschen und seine Geschichte werfen.“ Damit prägte Darwin ein neues Weltbild. Schon mit der Behauptung, die Arten seien nicht unabhängig voneinander als fertige Lebewesen geschaffen worden, begibt Darwin sich in Opposition zur herrschenden Meinung und insbesondere zur Kirche. Was wird aus der Sonderstellung des Menschen als Krone der Schöpfung und Abbild Gottes, wenn die Biologie ihn auf ein Produkt zufälliger Entwicklung reduziert?
Sozialdarwinismus
Ausgehend von den biologischen Theorien Darwins, übertrugen Philosophen wie der Engländer Herbert Spencer (1820–1903) die Theorie des Daseinskampfes auch auf die menschliche Gesellschaft. Darauf aufbauend, entwickelten sich schon zu Darwins Zeiten Theorien über die Herausbildung charakterlich oder moralisch überlegener Personengruppen, einzelner Personen oder Rassen. Darwin selbst distanzierte sich von solchen Ansätzen. Die Entwicklung moralischer Eigenschaften sei mehr durch Vernunft, religiöse und moralische Unterweisung und Lernprozesse bestimmt als durch eine natürliche Auslese
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In der öffentlichen Debatte sind drei grundsätzliche Haltungen erkennbar: die wissenschaftliche Lehrmeinung, die von einer zufälligen Entwicklung der Arten und einem Erdalter von mehreren Milliarden Jahren ausgeht, der sogenannte Kreationismus, der den biblischen Schöpfungsbericht wörtlich nimmt, das Erdalter mit wenigen Jahrtausenden ansetzt und alle Lebewesen zu „fertigen“ Geschöpfen Gottes erklärt, und eine als „intelligent design“ bekannte Zwischenform. Diese unterscheidet sich von der wissenschaftlichen Lehrmeinung durch die Annahme, die Entwicklung der Arten sei nicht zufällig, sondern folge einem göttlichen Plan, an dessen Ende der Mensch steht. Wie viele andere große Naturwissenschaftler der Neuzeit hat Charles Darwin selbst trotz aller Zweifel die Existenz Gottes nie geleugnet. Wie aber hat er sie mit dem Prinzip des Zufalls in der Natur zusammengebracht? „Die Wege des Herrn sind unergründlich“, heißt es schon im Römerbrief. Wer sagt, dass die Evolution nicht einer dieser Wege ist?
Seit seinen Veröffentlichungen zur Evolutionstheorie musste Darwin es sich unzählige Male gefallen lassen, als Affe karikiert zu werden, hier im französischen Magazin „La Petite Lune“. Seine als „Affentheorien“ geschmähten Aussagen wurden oft missverstanden, so auch in der Annahme vieler seiner Anhänger, dass der Mensch eine höhere Entwicklungsstufe des Affen sei. Darwin wollte dies jedoch nicht hören: „Sag niemals ‚höher’ oder ‚niedriger’, denn eine Amöbe ist an ihre Umwelt ebenso gut angepasst wie der Mensch an die seine.“
(c) Interfoto, München
Auf uns selbst gestellt – Kierkegaard und der Existenzialismus
Søren Kierkegaard (1813–1855)
Heute bringen die meisten vor allem Jean-Paul Sartre mit dem Existenzialismus in Verbindung, aber seine Wurzeln liegen im 19. Jahrhundert. Die philosophische Auseinandersetzung mit der Vereinzelung des Menschen beginnt bereits mit dem dänischen Philosophen Søren Kierkegaard und seinem Hauptwerk “Entweder-Oder” (1843). Nachdem die Aufklärung die theologischen Spekulationen der Scholastik hinter sich gelassen hatte, besinnt sich die Philosophie auf ihren Urheber zurück:
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