Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wissen auf einen Blick - Philosophen

Wissen auf einen Blick - Philosophen

Titel: Wissen auf einen Blick - Philosophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelius Grupen
Vom Netzwerk:
der Dichter Oscar Wilde (1854–1900) und der Sprachphilosoph Ludwig Wittgenstein (1889–1951)
.
Moral als Missgunst
    Ziel der platonisch-christlichen Verschwörung sei es, den Menschen klein zu halten zugunsten einiger weniger Herrschsüchtiger, die in Wahrheit selbst die Schwächsten sind und sich vor dem entfesselten, leidenschaftlichen Menschen fürchten. Auch Nietzsche selbst war ein Mann starker Leidenschaften. So sehr er die platonischen und christlichen Moralisten hasste, so sehr bewunderte er die lebendige Unabhängigkeit und Schaffenskraft herausragender Individuen wie die des Philosophen Heraklit (um 544–483 v. Chr.) oder des Komponisten Richard Wagner (1813–1883). Die Rede von der „ewigen Wiederkehr“ ist eine Bekräftigung seines Programms der Selbstbestimmung: Erst wenn wir das Dasein so sehr bejahen, dass wir bereit sind, jeden einzelnen Moment noch einmal und noch unendliche Male zu erleben, stehen wir ganz und gar auf eigenen Beinen und sind bereit, über uns selbst hinauszuwachsen.

„Alles begann im Bayerischen Wald“, soll Nietzsche gesagt haben. Dieser Spruch geht auf eine nach dem Studium unternommene Wanderung auf den Lamberg bei Cham zurück. Nietzsche zählte zeit seines Lebens diese Exkursion mit dem Philologen Erwin Rohde zu seinen prägendsten Erlebnissen. Heute hat die Gemeinde Cham dem Philosophen zu Ehren einen Friedrich-Nietzsche-Wanderweg angelegt
.
    (c) dpa/Picture-Alliance, Frankfurt

Der Mord an Gott
Friedrich Nietzsche (1844–1900)
    „Ungeheuer ist vieles, doch nichts ungeheurer als der Mensch“, heißt es in der „Antigone“ des Tragödiendichters Sophokles (um 496–405 v. Chr.). Auch in Friedrich Nietzsches Philosophie wimmelt es nur so vor ungeheuren Kreaturen, wenn auch die meisten dem Tierreich entstammen. Allein in „Also sprach Zarathustra“ (1883/85) tauchen neben Tauben, Eseln, Schlangen und Pferden auch federlose Vögel, gackernde Hühner, rachsüchtige Taranteln, bissige Nattern, heiße Kröten und bunte Kühe auf, dazu ein goldener Drache namens „Du sollst!“ und ein Löwe namens „Ich will!“.
Zwischen Tier und Übermensch
    Diese große Artenvielfalt ist nicht nur Ausdruck literarischen Gestaltungswillens, sondern sie verweist auch auf das philosophische Geschichtsbild, wie es Nietzsche in der Vorrede zu „Also sprach Zarathustra“ formuliert. Der Mensch, heißt es dort im Widerspruch zu Immanuel Kants (1724–1804) kategorischem Imperativ, sei gerade kein Zweck an sich selbst, sondern nur ein Mittel zum Zweck: „Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch – ein Seil über einem Abgrunde.“ Das Hindernis, das es auf dem Weg zum Übermenschen zu überwinden gelte, sei der Glaube an Gott.
Vom Knecht zum Herrn
    Nietzsche grenzt sich damit nicht nur von Kant, sondern insbesondere auch von den Lehren des Christentums und seinem Verständnis vom Menschen als Krone der Schöpfung ab.
    Der Mensch soll sich selbst überwinden, seinen eigenen Untergang herbeiführen und zum Übermenschen werden. Dieser neue, höhere Mensch wird, so Nietzsche, frei sein von den Bindungen des Mitleids, der Nächstenliebe und der Moral insgesamt, in der Nietzsche ein Zeichen der Schwäche sieht. Wo der Mensch jammert, soll der Übermensch lachen. Wo der Mensch von anderen bestimmt ist, soll der Übermensch sich selbst bestimmen. Wo der Mensch Knecht war, soll der Übermensch Herr werden. Um die Sklavenmoral zu überwinden, müsse der Mensch seinen größten Fetisch auslöschen: Gott selbst.
    Nietzsches Nachwirkung
    Nietzsches Schriften zeichnen sich nicht nur durch ihre Gedankentiefe, sondern auch durch ihre sprachliche Vollendung aus. Viele Anhänger Nietzsches imitieren sogar – sei es absichtlich oder unwillkürlich – seinen Tonfall, sodass man zwischen dem Philosophen und seinen Jüngern zuweilen kaum noch unterscheiden kann. Nietzsches Betonung der menschlichen Selbstbestimmung machte ihn zum Vorreiter des Existenzialismus; er beeinflusste unter anderem Karl Jaspers (1883–1969), Martin Heidegger (1889–1976) und Jean-Paul Sartre (1905–1980)
.
    Dieses Programm der Selbstermächtigung kommt in verdichteter Form in der Rede vom Tod Gottes zum Ausdruck, wie Nietzsche sie in „Die Fröhliche Wissenschaft“ (1882/87) vorträgt: „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!“ Damit ist allerdings weder der Gott der Bibel noch der Schöpfer der Welt, sondern Gott als Symbol einer von Eifersucht und Missgunst geprägten Moral

Weitere Kostenlose Bücher