Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
ihn zwar nicht, aber genauso wenig forderte er ihn so, wie er es bei den anderen tat.
In der Mittagspause wurde zwischen sechsundzwanzig Normalos erörtert, was die Blackwoods jetzt wieder gegen ihn haben könnten. Seth ahnte es, wünschte sich aber einfach, dass der Tag schon vorüber wäre. Zwischen antriebslosem Stochern in seinem Kartoffelbrei und einsilbigen Antworten spielte er mit seinem Handy. Clydes Abwesenheit machte ihn mit jeder verstreichenden Minute nervöser. Er schaffte es nicht einmal, sein Sandwich zu essen, obwohl Truthahn drauf war, sein Lieblingsbelag.
Glücklicherweise konnte er danach im Sportunterricht Dampf ablassen, auch, wenn Coach Blackwood über seinen Halsschmuck nicht erfreut war und erst davon absah, ihn wegen Ungehorsam beim Direktor zu melden, als Seth Claire erwähnte.
„Na schön, wie du willst. Aber pass auf, dass du dich an dem Ding nicht strangulierst “, knurrte der Coach. „Ich werde veranlassen, dass du eine Erklärung dazu unterschreibst. Soweit kommt es noch, dass die Schule für einen selbstverschuldeten Unfall zahlen muss.“
Seth zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen. “
Er joggte zu seinen Freunden. Dabei wich her gerade so Hilton aus, der ziemlich abgelenkt über den Rasen stolperte. Neal folgte ihm und zischte kaum hörbar: „Nur, weil sie unsere Königin ist, heißt das noch lange nicht, dass sie dein Essensgeld für irgendeinen Kosmetikscheiß ausgeben kann! Reiß dich zusammen, wir fahren nachher zum Diner, okay? “
Hilton stöhnte leise.
Kopfschüttelnd lief Seth weiter. Hätte er nicht schon vorher gewusst, dass die Blackwoods eine Schraube locker hatten, so hätte diese kurze Unterhaltung es besiegelt.
Die ganze Doppelstunde über war er mit den Normalos unter sich. Der Coach bildete keine Paare, sondern ließ die Schüler selbst aussuchen, mit dem sie die Übungen absolvieren wollten.
Seth endete mit Archie, der ihn bei jedem misslungenen Aufschlag beim Badminton so um Verzeihung heischend ansah, dass er ihm nicht böse sein konnte.
„Bist echt ein Kumpel “, schnaufte er auf dem Weg in die Umkleidekabine.
„Keine Ursache. Ich war heute auch nicht fit “, erwiderte Seth.
„Das lag aber hoffentlich nicht an deiner Halskette. “
„Ganz sicher nicht. “
Der Ansturm auf die Dusche verlief genauso wie am Montag. Seth machte sich gar nicht erst die Mühe, heißes Wasser abgreifen zu wollen, obwohl er das Gefühl hatte, dass es heute wohl geklappt hätte. Stattdessen öffnete er seinen Spind und checkte seine Nachrichten. Alle seine Freunde aus New York hatten ihm gemailt, aber von Clyde gab es immer noch kein Lebenszeichen.
„Verdammt noch mal!“, rief er und schlug mit der Faust gegen die offene Schranktür. Die anderen drehten sich zu ihm um und starrten. Seth starrte wütend zurück. „Was ist denn?“, blaffte er. „Kümmert euch um euren Kram!“
Ira, noch tropfnass von seiner Dusche, schnaubte spöttisch. „Der kleinen Made wachsen Zähne, sieh einer an. “
„Halt’ Maul. “ Seth griff sich das Sandwich, das er vom Mittagessen mitgenommen hatte, und hob es zum Wurf. „Sonst kannst du gleich noch mal duschen gehen.“
Hilton kam als nächstes mit Neal aus dem Duschraum. Sein Blick wanderte beinahe sofort zu Seths Sandwich, und ein leiser Laut entwich ihm.
„Hey, nicht!“, warnte Neal. „Das gibt eine Riesensauerei ! Nicht wahr, Ira?“
Dieser öffnete den Mund, schloss ihn wieder, öffnete ihn erneut.
„Lass es ihn werfen“, sagte Hilton. Er vibrierte regelrecht vor Aufregung. „Kein Problem.“
„Was ist los? Hast du immer noch Hunger, Paris? “ Seth hörte lautes Magenknurren und musste prompt an einen Hund denken. Er grinste. „Na schön, hol’s dir, Junge!“
„Nein, Morgan! Lass es! “
Doch Seth hörte nicht auf Neal. Er warf das Sandwich durch den ganzen Umkleideraum. Schockstarr sahen die anderen zu, wie es eine weite Bogenlampe über ihre Köpfe hinlegte. Hilton stieß einen hohen, weinerlichen Laut, gefolgt von erregtem Grollen, aus und katapultierte sich in einem beeindruckend dynamischen Sprung nach oben. Er fing das Sandwich mit der Grazie eines Turners, drehte sich halb um sich selbst und fetzte schon das Papier auf, noch ehe er wieder fest auf beiden Füßen stand.
Nun war Seth an der Reihe, schockiert auf Hiltons abwehrend gerundeten Rücken und die unter der Haut arbeitenden Muskeln zu starren. Archie, Jos und Lennard sahen genauso fassungslos aus wie er, das war immerhin ein kleiner
Weitere Kostenlose Bücher