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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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elektrisch hinterleuchteten Christus-Bild und habe mir den Kopf zerbrochen, ob ich dafür 49.95 Dollar bezahlen sollte. Das Interessante an dem Bild war, daß die Hintergrundbeleuchtung den Eindruck entstehen ließ, als flösse Blut aus seinen Wunden, was ich nach reiflicher Überlegung selbst für meine Verhältnisse für zu geschmacklos hielt. Nebenbei konnte ich es mir sowieso nicht leisten. Jedenfalls hoffte ich nun, hier eine Entschädigung von angemessener Geschmacklosigkeit zu finden – ein Christi-Geburt-Schreibset, einen klingenden Toilettenpapierhalter mit Motiven aus dem Abendmahl, etwas in der Art. Doch in allen Läden bestand das mehr oder weniger identische Angebot aus Rosenkränzen, Kruzifixen in 120 verschiedenen Größen, Gipsmodellen der Basilika und Papst-Johannes-Paul-Tafeltellern. Nichts davon zeugte von wirklich schlechtem Geschmack (es sei denn, man kaufte ein Dutzend päpstlicher Teller für die nächste Grillparty, aber das würde ein Vermögen kosten). Tief enttäuscht zog ich weiter. Eines der furchtbarsten Dinge des Lebens in den neunziger Jahren ist es, daß es so schwierig geworden ist, wirklich scheußliche Andenken zu finden.

    An meinem letzten Vormittag in Rom besuchte ich das Mausoleum der Kapuzinermönche in der Kirche Santa Maria della Concezione an der Piazza Barberini – ein Abstecher, den ich wärmstens empfehlen kann. Im sechzehnten Jahrhundert kam irgendein Mönch auf die geniale Idee, die Kirche mit den Knochen seiner verstorbenen Klosterbrüder zu schmücken. Hört sich doch großartig an, oder? An einer Seite der Kirche waren ein halbes Dutzend düsterer Kammern mit so sonderbaren Dingen ausstaffiert wie einem aus Brustkörben errichteten Altar, fein säuberlich aus Schädeln und Beinknochen zusammengesetzten Schreinen, mit Unterarmen abgesetzten Deckengewölben, aus Rückenwirbeln gebildeten Rosetten an den Wänden, aus Hand-und Fußknochen gebastelten Kronleuchtern. In einer Ecke stand das komplette Skelett eines Kapuzinermönchs, das wie eine Gestalt aus einem Gruselfilm mit einem Umhang und einer Kapuze bekleidet war. An der anderen Wand verkündeten eine Reihe von Tafeln in sechs Sprachen so erheiternde Botschaften wie WIR WAREN WIE IHR. IHR WERDET SEIN WIE WIR. Was müssen das für wunderliche Käuze gewesen sein. Viertausend Mönche leisteten zwischen 1528 und 1870 ihren Beitrag zu dieser Ausstellung, dann wurde den Praktiken wegen grenzenloser Abgeschmacktheit ein Riegel vorgeschoben. Niemand weiß, wer diese Konstruktionen zu welchem Zweck angefertigt hat, und was bleibt, ist das unbestimmte Gefühl, daß die Kapuziner einst einen halbverrückten Mönch mit viel Zeit und einer gewissen Neigung zur Perfektion in ihren Reihen hatten. Für die Kirche ist die Ausstellung sicher ein nettes kleines Zubrot. Ständig strömten Touristen ein und aus und ließen sich diesen morbiden Nervenkitzel gern einen Stapel LireScheine kosten. Ich bedauerte nur, daß es dort keinen Andenkenladen gab, in dem ich einen Satz Serviettenringe aus Rückenwirbeln oder, sagen wir, einen Rückenkratzer aus echten Arm-und Handknochen erstehen konnte. Daß mich Rom in dieser Hinsicht enttäuschen würde, wurde allmählich zur Gewißheit.

    Neapel, Sorrent und Capri

    Ich bezahlte meine Hotelrechnung und begab mich zum Bahnhof Roma-Termini. Wie in den meisten öffentlichen Einrichtungen Italiens ging es dort zu wie im Tollhaus. Vor jedem Fahrkartenschalter gebärdeten sich die Kunden, als redeten sie sich bei den absolut desinteressiert und müde wirkenden Schalterbeamten ihren ganzen Ärger von der Seele. Dabei wollten sie lediglich eine Fahrkarte kaufen. Es ist immer wieder erstaunlich, mit wie viel Gefühl die Italiener selbst bei den simpelsten Angelegenheiten bei der Sache sind. Vierzig Minuten mußte ich in der Schlange warten. Vor mir rauften sich Leute die Haare und schienen der Verzweiflung nahe, bis sie schließlich ihre Fahrkarten ausgehändigt bekamen und mit plötzlich glücklichen Gesichtern abzogen. Ich konnte nicht herausfinden, was sie für Probleme hatten, denn ich war zu sehr damit beschäftigt, die vielen Leute zu verscheuchen, die sich wie selbstverständlich vordrängeln wollten, als hielte ich ihnen eine Tür auf. Einer versuchte es sogar zweimal. Um sich in einer römischen Warteschlange zu behaupten, braucht man eine Spitzhacke.
    Endlich, eine Minute vor der Abfahrt meines Zuges, war ich an der Reihe. Ich kaufte eine einfache Fahrkarte zweiter Klasse nach Neapel –

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