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Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Titel: Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Wedel
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nicht mal ein Zeh gebrochen. Man kann sich jedoch auch die Hüfte brechen bei einem Auffahrunfall, den man in Sekundenbruchteilen kommen sieht. Man spannt den ganzen Körper an, tritt mit aller Kraft auf die Bremse, und die Kraft des Aufpralls überträgt sich vom Fuß bis in die Hüfte. Oft haben Verunfallte nur leichte Verletzungen und können das Fahrzeug trotzdem nicht verlassen, weil sich die Türen nicht öffnen lassen. In solchen Fällen spricht man nicht von eingeklemmten, sondern von eingeschlossenen Personen.
    » Wir machen eine schonende Rettung«, erfahren wir von unserem Gruppenführer, der sich mit dem Notarzt besprochen hat. Der Verletzte hat Schmerzen in der Brustwirbelsäule, seine Beine sind frei. Um ihn wirbelsäulenschonend zu retten, müssen wir den Corsa in ein Cabrio verwandeln: das Dach abnehmen. Es besteht keine Gefahr im Verzug, wir haben also Zeit für diese achsengerechte Maßnahme. Selbst wenn wir die Türen des Corsa hätten öffnen können: Wir müssten den Verletzten bewegen und drehen, um ihn herauszubekommen. Bei der achsengerechten Rettung schieben wir den Fahrersitz dagegen so weit nach hinten, dass wir den Verletzten auf ein Spineboard legen können, das wir zwischen Rücken und Lehne positionieren. Dann fassen wir ihn rechts und links unter den Achseln und heben ihn vorsichtig an, während ein Kollege das Rettungsbrett positioniert. Alles kein Problem, sobald das Dach unten ist. Das Auto kann man nach einer solchen Operation natürlich verschrotten. Aber das spielt keine Rolle, solange diese patientenschonende Rettung möglich ist.
    Eine Crashrettung sieht anders aus. Da geht es nur um eins: Raus, und zwar schnell! Bei der Crashrettung steht das nackte Überleben im Vordergrund. Da wird die eventuelle Rückenverletzung hintangestellt. Alles oder nichts. Die medizinische Verantwortung trägt stets der Notarzt.
    Mittlerweile haben wir den Verkehr abgesichert. Jürgen stellt sich mit dem Schnellangriff – einem 30 Meter formstabilen Schlauch, ähnlich einem Gartenschlauch, nur dicker – und einem Feuerlöscher in die Nähe des Corsa. Es sieht zwar nicht so aus, als würde es zu einem Brand kommen, doch diese Sicherungsmaßnahme ist unser Standardvorgehen.
    Ein Auto ist so konstruiert, dass es sich bewegen kann. Reifen, Federn und viele andere Vorrichtungen gleichen Bodenwellen aus. Was für Fahrkomfort sorgt, stört jedoch unseren Einsatz. Denn jede Bewegung des Fahrzeugs würde sich auf den Verletzten übertragen. Selbst wenn ein Notarzt zusteigt oder sich jemand auf den Beifahrerplatz setzt, entsteht Bewegung am Auto. Deshalb blockieren wir die Bewegung, indem wir mit Unterbauten sämtliche Federwege außer Kraft setzen. Für diese Zwecke haben wir zwei Sätze Unterbaumaterial in Form von Holzklötzen an Bord.
    » Dach abnehmen«, weist uns der Gruppenführer an, und wir von der Mannschaft legen den hydraulischen Rettungssatz bereit: schweres technisches Gerät, mit dem sehr hohe Kräfte aufgebracht werden können. Unsere hydraulische Rettungsschere trennt auch ein Stahlrohr aus 4 cm Vollmaterial. Es erfordert Kraft, die Schere zu halten, sie wiegt 13 Kilogramm. Ein solcher Einsatz ist laut, da Schere und Spreizer über ein Aggregat betrieben werden, das Strom für die Hydraulikpumpe herstellt.
    Bevor das Dach des Corsas abgenommen werden kann, muss die Windschutzscheibe raus, und dazu wird sie oben mit einer Glassäge durchtrennt. Früher war das praktischer als heute. Beim Golf 2 beispielsweise brauchte man nur das Gummidichtband herauszuziehen, schon kam einem die Scheibe entgegen. Die Windschutzscheibe besteht bei Autos nicht aus Fenster-, sondern Verbundglas mit einer Folie in der Mitte. Selbst wenn etwas auf die Scheibe schlägt, springt sie nicht in tausend Stücke. Die Splitter kleben auf der Folie. Der Verletzte erhält selbstverständlich einen Gesichtsschutz, bevor wir die Windschutzscheibe entfernen.
    Eine Rettungskarte ist nicht vorhanden. Der Gruppenführer markiert die Schnittpunkte an der A-, B- und C-Säule mit einem pinkfarbenen Lippenstift. Wir kleben die Seitenscheiben mit Paketklebeband ab und nehmen sie mit einem Federkörner heraus.
    » Fertig zum Schneiden«, melde ich dem Gruppenführer, was er an den Betreuer des Verletzten weitergibt, der nun bereits einen Helm trägt. Einige Minuten später hat sich der Corsa in ein Cabrio verwandelt. Einen TÜV wird er so nicht mehr bestehen, aber sein Fahrer schafft den Ausstieg und wird sofort ins Krankenhaus

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