Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau
wir Ihnen …
Ich legte das Kuvert auf den Tisch. Schlich um den Tisch. Griff nach dem Kuvert. Befingerte es. Da war keine Mappe drin. Ich hatte meine Unterlagen in einer Mappe geschickt.
Ich öffnete das Kuvert genau so, wie ich als Kind angehalten worden war, Weihnachtsgeschenke zu öffnen: Langsam und sorgfältig. Mein Blick fiel auf ein Prüfungszeugnis. Ich spürte mein Herz im ganzen Körper schlagen, und Hitze schoss mir ins Gesicht. Ich las das Begleitschreiben wieder und wieder – und dennoch dauerte es Minuten, bis die Nachricht mich erreichte: Ich hatte es geschafft. Geschafft!
» Mit Ihnen haben 131 Bewerber bestanden. 30 davon werden eingestellt. Sie sind auf Platz 15. Wir bitten Sie, im Gesundheitsamt München beim Amtsarzt vorstellig zu werden.
Achtung: Kündigen Sie auf keinen Fall Ihre derzeitige Anstellung, ehe Sie die medizinische Zusage erhalten.«
Jetzt war es nur noch eine Hürde. Auch diese schaffte ich und erhielt Ende Juli 2003 endgültig grünes Licht für rotes Blaulicht. Sofort rief ich den Kreisgeschäftsführer beim Roten Kreuz an und bat um einen Termin.
» Um was geht’s?«
» Das möchte ich gern persönlich besprechen«, sagte ich am Telefon und führte im Chefzimmer aus, dass ich mich bei der Feuerwehr beworben hatte.
» Haben Sie sich das gut überlegt?«
» Ja.«
» Das ist kein leichter Job.«
» Ich weiß.«
» Schade. Wir hätten Sie gern behalten. Aber Sie wissen ja ziemlich genau, was Sie wollen.«
» Ja.«
» Dann wünsche ich Ihnen viel Glück bei den Floriansjüngern«, sagte der Geschäftsführer und drückte auf die Taste seiner Sprechanlage. » Rufen Sie den Rettungsdienstleiter an«, beauftragte er seine Sekretärin. » Er soll dem Bewerber, der sich gestern vorgestellt hat, zusagen.«
Niemand ist unersetzlich. Ein anderer freute sich nun genauso, wie ich mich freute!
In den letzten Wochen beim Roten Kreuz rannte mir die Zeit davon. Was ich alles organisieren musste! Ich brauchte eine Wohnung in München, und die Suche gestaltete sich als schwierig. Ich musste meinen Umzug vorbereiten, mich abmelden und anmelden, Abschiedsrunden bei den ans Herz gewachsenen Freunden drehen – und das alles in meiner kargen Freizeit nach den Diensten. Meine Freunde schlugen vor, ich solle eine große Wohnung in München mieten, damit sie mich oft besuchen könnten. Als ich ihnen die Mietpreise vorlas, glaubten sie, ich scherze. Ich schätzte mich glücklich, dass ich auf den letzten Drücker noch eine Art Wohnklo mit Kochnische ergatterte. Fünfter Stock, Dachgeschoss, zentrale Lage – so lautete die Annonce. Ja, sehr zentral. Direkt an der vierspurigen Rosenheimer Straße in Haidhausen, mittendrin im Szeneviertel. Das kostete.
Für meine mehr als doppelt so große Wohnung in Weißenburg bezahlte ich gerade mal die Hälfte. Aber ich hatte keine Wahl. Als Berufsfeuerwehranwärterin verdiente ich um die 1000 Euro; krankenversichern musste ich mich selbst. Da blieb nicht viel zum Ausgeben bei 500 Euro Miete. Aber dazu hatte ich ohnehin keine Zeit. Im nächsten halben Jahr würde ich rund um die Uhr mit Lernen beschäftigt sein.
Am 29. September 2003 legte ich mit 29 Kollegen im Rathaus am Marienplatz meinen Diensteid ab. » Ich schwöre Treue dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten, so wahr mir Gott helfe.«
Wer nicht » so wahr mir Gott helfe« sagen wollte, konnte ausweichen auf » ich schwöre« oder » ich gelobe«.
Nun hatten wir 30 frischgebackenen Feuerwehranwärter eine sechsmonatige Grundausbildung vor uns, an deren Ende eine Prüfung darüber entscheiden würde, ob wir in den Feuerwehrdienst übernommen werden und damit in das Beamtenverhältnis auf Probe. Dieses sollte zwei Jahre dauern und nach einer positiven Beurteilung in den Beamtenstand münden mit der Dienstbezeichnung » Brandmeisterin«.
Ich wollte keine Quotenfrau sein. Ich wollte richtig gut sein. Und deshalb lernte ich in jeder freien Minute. Morgens um 7:00 Uhr trafen wir uns auf der Feuerwache 2 an der Feuerwehrschule, um 7:25 Uhr begann der Unterricht. Auf dem Lehrplan standen Theorie, Praxis und Dienstsport. Ich fand alle Fächer spannend und hochinteressant. Wie funktioniert Verbrennung, wie löscht man richtig, wie geht man mit der Kettensäge um? Die Themengebiete reichten von Atemschutzausbildung, Chemie, Gefahrgutlehrgang, Elektrizitätslehre, Mechanik,
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