Wo Dein Herz Zu Hause Ist
Wer redet denn so?
«Du bist wirklich ziemlich merkwürdig, weißt du das eigentlich?»
«Nein, das wusste ich nicht, aber ich habe schon mal davon gehört und werde darüber nachdenken», sagte Harri und bog auf den Krankenhausparkplatz ein.
Beth grinste. «Na gut, ich nehme deinen Rat an, aber nur unter einer Bedingung.»
«Und die wäre?», fragte Harri.
«Dass du ihn auch selbst befolgst.»
Harri nickte lächelnd. «Ich werde es versuchen.»
9. Oktober 1975 Donnerstag
Matthews Dad ist tot! Oh Gott. Oh Gott. Oh Gott.
10. Oktober 1975 Freitag
Ich bin mit Henry zur Bahn gefahren, als Matthew ankam. Er hat komisch ausgesehen. Sein Gesicht war grau und wirkte ganz fremd. Er hat mich umarmt und mich ganz lange festgehalten. Ich war so froh. Ich kann nicht beschreiben, wie froh ich war. Henry hat ihn nach Hause gefahren, und die Haushälterin hat ihm etwas zu essen gemacht. Sie hat geweint, und Henry hat lauter nette Sachen gesagt, und Matthew hat sich tapfer gehalten. Obwohl er seinen Vater richtig gehasst hat, war er sehr traurig. Obwohl ich seinen Vater auch richtig gehasst habe, war auch ich sehr traurig. Dann sind seine Großeltern angekommen, und sein Großvater hat gesagt, dass wir alle gehen sollen, weil er ein bisschen mit seinem Enkel alleine sein will. Also habe ich mich verabschiedet. Es war schon nach zehn Uhr abends, deshalb hat mich Henry nach Hause gefahren. Er hat erzählt, dass Matthews Dad in Monaco einen Autounfall hatte. Er saß mit einer Frau in dem Wagen. Sie ist auch tot. Ich habe Henry gefragt, was jetzt mit Matthew wird. Darüber habe ich mir erst Sorgen gemacht, als seine Großeltern aufgetaucht sind. Was ist, wenn sie ihn wegholen? Sie wohnen in Meath. Das können sie nicht machen. Bitte Gott, mach, dass sie ihn nicht wegholen.
11. Oktober 1975 Samstag
Matthew hat gesagt, seine Großeltern haben nur über das Nächstliegende gesprochen. Die Leiche wird erst nächste Woche überführt! Matthew darf bis nach der Beerdigung zu Hause bleiben, danach muss er wieder ins Internat. Matthews Großeltern haben ihn gefragt, was sein Dad in Monaco zu tun hatte, aber er wusste ja nicht einmal, dass er dort war. Matthew hält sich gut, obwohl er sich Sorgen darüber macht, wie alles weitergehen wird. Er hat geweint, weil er daran denken musste, dass er und sein Vater sich bei ihrer letzten Begegnung bloß gestritten und sich furchtbare Gemeinheiten an den Kopf geworfen haben. Ich habe ihm erklärt, dass ich denke, dass sein Dad einfach unheimlich traurig war, nachdem seine Frau gestorben war, und es irgendwie all die Jahre nicht geschafft hat, sie loszulassen, sodass er schließlich verbittert wurde, und dass ihn Matthews Anblick vielleicht irgendwie immer wieder an diesen Verlust erinnert hat. Matthew hat eine Weile darüber nachgedacht und gesagt, da könnte schon etwas Wahres dran sein. Jetzt glaubt er, ich wäre unheimlich klug. Bin ich aber nicht. Ich hatte Dr. B. von dem Streit erzählt, und er war es, der diese Sachen gesagt hat. Auf so etwas wäre ich nie gekommen. Aber das kann ich Matthew natürlich nicht erzählen, denn er würde ausrasten, wenn er wüsste, dass ich jemandem von dem Streit erzählt habe. Auf jeden Fall scheint ihm diese Theorie geholfen haben, und das ist
schließlich das Einzige, was zählt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Matthews Dad tot ist.
18. Oktober 1975 Samstag
Matthews Dad ist am Donnerstagmorgen nach Hause gekommen. Bis sie den Leichnam hierher gebracht hatten, war es schon Abend, und die Beerdigung war gestern. Matthew war die ganze Woche über wirklich sehr tapfer, und er hat seit letztem Samstag nicht mehr geweint. Es kam mir vor, als wäre die ganze Stadt bei der Beerdigung gewesen. Ich wusste nicht, dass Matthews Dad so viele Leute kannte. Sheila und Dave waren auch da. Sie haben gemeinsam einen Kranz getragen. Das war wirklich nett von ihnen, und ich habe mich schlecht gefühlt, weil ich nicht daran gedacht hatte, einen zu kaufen, aber ich habe sowieso kein Geld, und außerdem glaube ich nicht, dass Matthew es überhaupt mitbekommen hätte. Aber ich fühle mich trotzdem noch schlecht deswegen. Dr. B. hat zu Matthew gesagt, dass er immer für ihn da ist, das war wirklich schön. Father Ryan hat die Messe gelesen, und er hat es sehr gut gemacht. Er hat von all dem gesprochen, was Matthews Dad erreicht hat. Ich wusste, dass er reich war, aber dass er in seinem Beruf so gut war, wusste ich nicht. Er hatte viele
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