Wo Dein Herz Zu Hause Ist
haben.»
«Ich weiß», sagte Melissa und seufzte.
«Und wenn du Teilzeit arbeiten würdest?»
«Das geht nicht. Die Firma ist zu klein und meine Position zu wichtig.»
«Was willst du denn jetzt machen?»
Melissa drehte ihr Glas in den Händen und dachte eine Weile nach. «Hast du schon entschieden, ob du Matts Einladung annimmst?»
«Nein.»
«Falls du es tust, wie würde dir ein bisschen Gesellschaft gefallen?»
«Aber das ist mitten in der Woche.»
«Genau. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass Gerry mal ein bisschen zu spüren bekommt, wie mein Alltag so abläuft.»
«Oh, das würdest du nie tun!»
«Und ob!»
«Ich rufe sofort an.»
Melissa klatschte in die Hände. «Verreisen! Verreisen!»
Es war inzwischen eine Woche her, seit Matt seine Tochter kennengelernt hatte. Er hatte bis Mittwoch abgewartet, bevor er sie anrief, um sie zu einem Reitturnier in Sevilla einzuladen. Er hatte argumentiert, dass sie dabei etwas von seiner Arbeit mitbekommen würde, dass es eine nette Abwechslung mitten in der Woche wäre und dass es vielleicht einfacher wäre, wenn sie sich sozusagen auf neutralem Terrain näher kennenlernen würden. Seine Stimme am Telefon hatte nervös geklungen, und außerdem hatte es so geklungen, als sei er es nicht gewohnt, nervös zu sein.
«Ich weiß nicht recht», hatte Harri gesagt.
«Dann überleg es dir.»
«Okay, ich überlege es mir.»
«Gut.»
Dann hatten sie nach einem kurzen, verlegenen Schweigen das Gespräch beendet. Als sie am Samstagvormittag zurückrief, um zu sagen, dass sie zusammen mit ihrer Freundin Melissa mitkommen würde, war er begeistert.
«Phantastisch! Die Reise wird bestimmt toll!»
Später hatte sie ihre Eltern besucht. Ihr Dad hatte vor
dem Haus auf Nanas Bank in der Sonne gesessen. Sie gab ihm einen Kuss auf die stoppelige Wange und setzte sich neben ihn.
«Was für ein schöner Tag», sagte er und blinzelte in die Sonne.
«Das stimmt.»
«Letzten Sonntag war das Wetter auch schön.»
«Das stimmt», sagte sie und lachte.
«Wie ist er so?»
«Okay. Nett. Komisch.»
«Ich schätze, das war zu erwarten.»
«Dad?»
«Ja, mein Herz?»
«Ganz gleich, wie er ist, er ist nicht du.»
Duncan lächelte und rieb seine Stoppelwange an ihrem Gesicht, wie er es getan hatte, als sie noch ein Kind war. Sie schubste ihn lachend weg.
«Dein Bruder ist drinnen bei deiner Mutter», sagte er verschwörerisch. «Er hat fast die ganze Woche hier übernachtet.»
«Aidan fehlt ihm.»
«Er muss sich noch an die neue Situation gewöhnen», sagte Duncan. «Und was ist mit dir?»
«Mit mir? Na ja, ich werde mir James zurückholen.»
Duncan betrachtete seine Tochter. «Das klingt gut!» Er schlug sich auf den Oberschenkel. «Das ist sogar die beste Neuigkeit, die ich seit langem gehört habe.»
Das Telefon klingelte lange, und sie wollte gerade auflegen, als er doch noch abhob.
«Hallo?»
«James.»
«Harri.»
«Ist es in Ordnung, dass ich dich anrufe?»
«Ich habe gerade an dich gedacht.»
«Ach. Das ist ja lustig.»
«Alles in Ordnung mit dir?»
«Mir geht es gut», sagte sie. «Mir geht es sogar sehr gut.»
«Gut.»
«James, als wir uns das letzte Mal gesehen haben, hast du gesagt, ich müsste mich selbst finden oder so – also, ich bin dabei. Ich habe meine Mutter besucht, na ja, ich habe nur den Grabstein mit ihrem Namen besucht, aber ich habe mit Matt, meinem Vater, und seinem Arztfreund zu Abend gegessen, und ich habe den alten Henry kennengelernt, der dir unheimlich gefallen würde, und ich fahre nächste Woche mit Matt zu einem Reitturnier in Sevilla, und das ist komisch, aber andererseits auch wieder nicht. Außerdem ist da noch etwas. Ich vermisse dich. Jeden Tag. Ich weiß, das ist nicht viel, aber ich bitte dich trotzdem darum, durchzuhalten. Geht das?»
«Ja.»
Sie lachte. «Gut. Und, James?»
«Ja?»
«Ich glaube, Weihnachten wäre ein guter Termin zum Heiraten.»
«Immer mit der Ruhe.»
«Verstanden.»
«Ruf mich an, wenn du aus Sevilla zurück bist.»
«Das mache ich.»
Ich liebe dich, mitsamt deinen schlechten Witzen.
30. Januar 1976 Freitag
Okay, ich bin leicht panisch. Meine Periode ist immer noch nicht gekommen, aber ich habe beschlossen noch zu warten, bevor ich Matthew auch noch damit aufrege. Es könnte schließlich immer noch falscher Alarm sein, und er hatte schwierige Weihnachten mit seinen Großeltern, und in der Schule hat er auch Probleme, und ich sehe ihn nur an den Wochenenden. Ich suche mir
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