Wo Dein Herz Zu Hause Ist
erzählt, wie sehr ich mich danach sehne, hier wegzukommen, obwohl es mir hier eigentlich unheimlich gefällt, wenn ich richtig darüber nachdenke. Er hat mir erzählt, dass er sich wünscht, dass man ihm zuhört. Ich habe ihn gefragt, was er damit meint. Er hat gesagt, das weiß er auch nicht genau, aber er hätte es jedenfalls satt, nicht wahrgenommen zu werden. Kinder soll man im Auge behalten, aber hören muss man sie nicht unbedingt!! Das sagt sein Dad immer. Der arme Matthew, er hat sich das Reden schon richtig abgewöhnt. In der Schule ist er sehr ruhig, hat er erzählt. Er macht mich schwach. Wenn wir reden, kriege ich immer ganz weiche Knie. Was hat das zu bedeuten? Wenn ich mit ihm zusammen bin, kommt mir das banalste Ereignis wie ein Wunder vor, und wenn er nicht da ist, erscheinen mir die Sachen, die ich vorher interessant fand, plötzlich langweilig. Ich sehne mich nach seiner Gesellschaft. Also – was hat das zu bedeuten? Vermutlich werde ich gerade verrückt. Er redet, und ich höre zu, wie ich noch nie jemandem zugehört habe. Er braucht nur zu lächeln, und schon bekomme ich gute Laune. WÜRG. Ich weiß, dass ich mich wie eine blöde Gans anhöre, aber so ist es eben, ich kann nichts dagegen machen. Manchmal finde ich mich selbst dermaßen lächerlich, dass ich am liebsten abhauen würde, aber dann würde ich ihn nicht mehr sehen, und das wäre schlimm, richtig schlimm. Wenn ich ihn ansehe, schlägt mein Magen
einen Salto. Je nachdem, was ich vorher gegessen habe, ist das gut oder nicht so gut.
Matthew hat mich gefragt, ob mich heute Abend um neun Uhr mit ihm in Devil’s Glen treffe. Irgendwie habe ich Angst davor. Eigentlich will ich hin, aber mir wird richtig schlecht vor Angst, wenn ich daran denke. Ich komme mir vor wie ein dummes kleines Mädchen. Ich will hin, aber was wird dann passieren? Wird er mich küssen? Oder was anderes? Werde ich mich komisch dabei fühlen? Ich mag ihn wirklich UNHEIMLICH. Ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken. Daran, was er mag, was er sagt, was er isst, sogar daran, was er trinkt, und natürlich daran, welche Musik er hört. Nur der Vollständigkeit halber: Er hasst die Bay City Rollers. Er steht auf David Bowie. Ich mag die Bay City Rollers immer noch, aber nicht mehr so wie vorher, und das stört mich. Bin ich womöglich eins von
diesen
Mädchen??? Ich will hingehen, und gleichzeitig will ich nicht. Wenn ich mit ihm zusammen bin, weiß ich nicht mehr, was ich selber will, und das ist irgendwie schön und auch wieder nicht. Ich bin gern allein, und ich bin nicht sicher, dass ich das Ich mag, zu dem ich werde, wenn ich mit ihm zusammen bin. Mam hat einmal gesagt, dass man sich die Liebe nicht aussucht, sondern dass man von der Liebe ausgesucht wird. Ich habe gedacht, sie redet Blödsinn. Kann sein, dass ich da falsch gelegen habe.
Als ich heute bei der
Eliana
gesessen habe, ist Dave vorbeigekommen. Er hat gesagt, er wolle sich dafür entschuldigen, dass Sheila wegen ihm mit mir streitet. Das war nett von ihm. Ich habe ihm gesagt, dass es nicht so schlimm ist und sie bestimmt bald wieder normal wird. Sheila war schon immer launisch. Ich war gerade am Lesen, und er hat gefragt, ob es in Ordnung ist, wenn er sich ein bisschen neben mich
setzt. Der Pier ist ein öffentlicher Ort, und wir leben in einer freien Welt, also habe ich gesagt, ist okay. Ich habe weitergelesen, und er hat einfach bloß neben mir gesessen. Kurz bevor er wieder gegangen ist, meinte er, dass er Sheila wirklich mag, aber manchmal findet er sie trotzdem furchtbar. Ich habe ihm erklärt, dass ich glaube, so ist es eben, wenn man jemanden liebt – man muss sich ja nur mal die Geschichte von Mam und
ihm
ansehen. Als ich mir das überlegt habe, bin ich traurig geworden, und jetzt weiß ich nicht mehr, ob ich mich mit Matthew treffen soll. Ich möchte schon, aber was mache ich, wenn es schlecht läuft? Ein Feigling bin ich allerdings auch nicht. Aber auch kein Dummkopf. Ooh, ich weiß einfach nicht.
8 Alles aus
Susan ging Samstagmittags gern in den Avoca Shop in Ashford. Mit dem Auto war man im Handumdrehen dort, das Essen schmeckte sehr gut, und die Einkaufsmöglichkeiten waren einfach ein Traum. Sie konnte im Feinkostshop ihre Vorräte auffüllen, in Kochbüchern blättern und nach einem neuen Teil zum Anziehen suchen, aber am liebsten sah sie sich die Kochutensilien an. Susan liebte diese kleinen Küchenhelfer – Dosenöffner, Siebe, Filter, Reiben, Backofenthermometer,
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