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Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Titel: Wo Dein Herz Zu Hause Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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Fallakten aufbewahrte. Der Schrank war tabu, der Heilige Gral des Ryan-Hauses, und er strahlte etwas Unheilvolles und Gefährliches aus.
    Duncan knipste seine Schreibtischlampe an, deren Schein das Büro in gespenstisches orangefarbenes Licht tauchte. Dann ließ er sich schwer auf seinen Stuhl fallen.
    Harri setzte sich ihm gegenüber auf die andere Seite des Schreibtisches.
    Duncan musste den Aktenschrank nicht aufschließen. Der Aktenhefter lag in einer Schreibtischschublade. Er zog sie auf, und während Harris Atem stockte, nahm er einen dicken, cremefarbenen Hefter heraus und legte ihn vor sich auf den Schreibtisch. Die Ränder des Hefters waren abgegriffen und leicht vergilbt. Dann sah er sie an.
    «Komm rum», sagte er freundlich, als wäre sie noch ein Kind und er wollte ihr aus einem Bilderbuch vorlesen.
    Sie nahm ihren Stuhl und setzte sich neben ihren Vater. Einen Moment lang sammelten sie sich schweigend.
    «Bist du so weit?», fragte er dann.
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht.»
    Er legte ihr den Arm um die Schultern.
    «Dad?»
    «Ja, Schatz?»
    «Warum erzählst du es mir nicht einfach?»
    Duncan nickte.
    Er erzählte ihr von dem Morgen des 11.   Juli 1976.   Er
    war gerade aus der psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses gekommen, in der seine Frau lag. Sie hatte Medikamente bekommen und war völlig apathisch gewesen. Duncan versuchte, mit einem Arzt über ihre Depression zu sprechen, der ihren Fall jedoch offenkundig nicht kannte. Sie hatten angefangen zu streiten, und Duncan hatte dem Arzt gedroht, ihm die Nase einzuschlagen.
    «Ich stand unheimlich unter Stress», sagte er entschuldigend.
    Nana hatte die Betreuung des sechs Wochen alten George übernommen, der unter Koliken und Trennungsängsten litt. «Die arme Nana! Da haben wir ihr wirklich zu viel aufgehalst. George hatte seinen Zwilling und seine Mutter auf einmal verloren.» Duncan seufzte. «Und ehrlich gesagt, mich hatte er auch verloren.»
    Duncan hatte sich sofort wieder in die Arbeit gestürzt, nachdem er sich zwei Tage frei genommen hatte, um am Gottesdienst für seine Tochter teilzunehmen und ihren kleinen Sarg ins Krematorium zu begleiten.
    Eine Woche später nahm er sich abermals einen Tag frei, um die Überweisung seiner Frau in die Psychiatrie abzuwickeln, doch abgesehen davon arbeitete er länger und schwerer als je zuvor.
    «Ich habe mich an der Arbeit aufrecht gehalten», sagte er seufzend. An einem Abend im Juli 1976 hatte er noch spät am Schreibtisch gesessen und nebenbei etwas gegessen, was er in dieser Zeit ständig tat. Es war ruhig in der Abteilung gewesen, deshalb legte er irgendwann die Füße auf den Schreibtisch, lehnte sich zurück und schlief ein. Das Klingeln des Telefons weckte ihn.
    «Dad?», sagte Harri.
    «Ja?»
    «Als ich gefragt habe, ob du es mir erzählen willst, meinte ich damit nicht jedes winzige Detail.»
    «Ich erzähle die Geschichte – also lass sie mich auf meine Art erzählen.»
    «Na gut. Schade, dass ich keinen Flachmann mitgebracht habe.» Sie seufzte, und Duncan musste lächeln.
Sie ist immer noch meine Harri.
    Dann erzählte er, wie er einen Blick auf die Wanduhr geworfen hatte. Kurz nach ein Uhr nachts. Am Apparat war sein stets so ausgeglichener Bruder, und er schien kurz vor einem hysterischen Anfall zu stehen. Duncan war mit einem Schlag hellwach.
    «Ich brauche dich», sagte Father Ryan. «Du musst sofort nach Wicklow kommen.»
    Duncan wollte wissen, worum es ging, und erfuhr, dass ein Mädchen im Wald ein Kind zur Welt gebracht hatte und daran gestorben war. «Aber da ist noch etwas anderes», hatte Father Ryan gesagt. «Sag niemandem, wohin du gehst, und komm allein.»
    Duncan versuchte erst gar nicht, mehr herauszubekommen. Er kannte seinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass dieser Versuch zwecklos gewesen wäre. Also stieg er in sein Auto und stand eine Stunde später im Wald von Wicklow neben seinem Bruder. Vor ihnen lag ein totes Mädchen, das mit einem Priestermantel zugedeckt war. Sie schienen ewig so dazustehen, während Father Ryan leise murmelnd betete.
    «Dad?», unterbrach Harri.
    «Ja, mein Schatz?»
    «Wie hieß sie?»
    «Olivia», sagte er, «aber sie wurde Liv genannt.»
    «Liv», wiederholte Harri leise.
    Duncan fuhr fort. «Wir haben sie dort gelassen», sagte er.
    Father Ryan hatte darauf bestanden, mit Duncan zu dem Arzt zu fahren, der sie mit dem Baby erwartete.
    «Mit mir», murmelte Harri.
    «Mit dir», bestätigte Duncan.
    Er erinnerte sich gut

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