Wo Dein Herz Zu Hause Ist
Abend Zeit, zum Essen zu kommen?», fragte Brendan schließlich.
«Ich treffe mich mit Clara.»
«Ah, die süße Clara! Ist es dieses Mal etwas Ernstes für dich?»
«Meine Güte, Brendan, ich kenne sie doch erst seit drei Monaten.»
«Drei Monate können eine Ewigkeit sein.»
«Mal sehen. Sie ist nett. Allem Anschein nach besitzt sie sämtliche erforderlichen guten Eigenschaften.»
«Du bist der geborene Romantiker!», witzelte Brendan.
«Das sagt gerade der Richtige!», gab Matt zurück.
«Schon gut, schon gut», sagte Brendan mit erhobenen Händen. «Ich gebe auf. Ich habe keine Ahnung, worüber ich überhaupt rede.»
Matt lachte. «Wir geben wirklich ein schönes Paar ab, was?»
«Das kann man wohl sagen.» Brendan grinste. «Und wie wär’s mit morgen? Es gibt Lammkarree, dann holen wir die Karten raus und machen uns einen schönen Abend.»
«Klingt gut», sagte Matthew und stand auf. «Ich bin dann so um sieben da.»
Danach blieb Brendan noch eine Weile allein in seinem Garten sitzen. Er dachte über das Leben, den Tod und die Vergänglichkeit nach, und er dachte an Liv. Livs Lächeln, ihre Sensibilität, ihre Stärke, ihre Dickköpfigkeit, ihre Offenheit und ihre Unfähigkeit zu lügen. Er vermisste seine junge Freundin.
Wie du wohl jetzt wärst? Wärst du immer noch eine Kämpferin? Hättest du an deinen Überzeugungen festgehalten? Hätte das Leben dich kleingekriegt?
In einem Pflegeheim vier Meilen entfernt saß Livs Mutter Deirdre in ihrem Sessel bei dem großen Fenster, das auf den Garten hinausging. Mitten hindurch führte ein langer gewundener Asphaltweg zu dem elektrischen Tor des Geländes. Das Tor war zu weit entfernt, als dass Deirdre es von ihrem Platz aus sehen konnte, doch wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich das Geräusch vorstellen, mit dem es auf- und zugefahren wurde. Ihre Hände lagen gefaltet in ihrem Schoß. Das tat sie aus alter Gewohnheit,ohne noch darüber nachzudenken. Sie hatte ohnehin den ganzen Tag kaum etwas zu tun. Weder zog sie sich selbst an, noch kümmerte sie sich um ihr Essen, sie grüßte niemanden, der bei ihr hereinschaute, und wenn sie überhaupt einmal redete, dann tat sie es ohne etwas zu sagen. Sie ging zwar noch allein zur Toilette, doch das war auch schon fast alles.
Eine Krankenschwester kam mit dem Tee herein und stellte das Tablett auf das Fensterbrett neben das alte Radio, das ständig lief. Besonders gefielen Deirdre Sendungen, bei denen Zuschauer anrufen konnten. Gerry Ryan war ein sehr guter Moderator, und nachmittags hörte sich Deirdre die Sendung von Joe Duffy an. Tatsächlich benutzte sie ihre Hände, um von Gerrys zu Joes Sender zu wechseln und umgekehrt. Und sie benutzte sie, um ihre Teetasse zum Trinken hochzuheben.
Es war Donnerstag, und Donnerstag war Haarwaschtag. Sie trug ihr Haar kurz, und auch wenn es grau war und sie kaum je eine Spülung anwendete, war es immer noch weich und lockig. Sie mochte es nicht, wenn jemand ihren Kopf berührte. Und deshalb mochte sie auch den Haarwaschtag nicht. Sie wehrte sich zwar nicht und jammerte auch nicht, doch oft lief ihr eine stille Träne übers Gesicht. Deirdre machte nie viel Aufsehens um sich.
«Wie geht’s Ihnen heute, Deirdre?», fragte Trisha, die Krankenschwester.
«Gut», sagte sie.
«Möchten Sie jetzt Ihre Medizin nehmen?»
Deirdre nickte. Trisha gab ihr die Tabletten, und Deirdre hatte sie schon geschluckt, bevor ihr Trisha ein Glas Wasser geben konnte.
«Wie ich sehe, haben Sie Blumen bekommen», sagtesie, aber Deirdre reagierte wieder einmal nicht mehr. Stattdessen war ihr starrer Blick zum Fenster hinaus auf einen Gärtner gerichtet, der eine Hecke beschnitt.
«Sie stehen an Ihrem Bett», versuchte Trisha noch einmal, Deirdres Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch sie hatte keinen Erfolg.
Für Deirdre, die unverwandt den sonnenverbrannten Nacken des Gärtners betrachtete, wurde Trishas Stimme von Gerry Ryans Geplauder verschluckt, der mit einer Anruferin über Hochzeiten und Live-Bands sprach, die man dafür engagieren konnte.
Trisha verließ Deirdres Zimmer und ging hinüber in den Aufenthaltsraum, wo Maisie gerade Kaffee kochte.
«Deirdre hat einen riesigen Blumenstrauß bekommen.»
«Keine Karte», sagte Maisie.
«Nein», bestätigte Trisha.
«Er schickt nie eine Karte mit», sagte Maisie geheimnisvoll und machte Trisha noch neugieriger.
«Wer?», kam es wie erwartet von Trisha.
«Matt Delamere», antwortete Maisie, während sie Trisha eine Tasse
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