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Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Titel: Wo Dein Herz Zu Hause Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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hätte, was sie ihr hätte sagen sollen. «Wird schon wieder», sagte sie oft, wenn gedrückte Stimmung herrschte. Das passte in dieser Situation jedoch überhaupt nicht, und ihr anderer Spruch «Mach dir nichts draus, das könnte jedem passieren» noch weniger. Und doch hätte sie den Tag gern mit Harri verbracht, nicht unbedingt, weil sie glaubte, Harri unterstützen zu können, sondern weil alles – sogar eine Fahrt zum Grabeiner Siebzehnjährigen, die im Wald verblutet war – eine willkommene Möglichkeit gewesen wäre, den stetig weiter wachsenden Forderungen zu entkommen, die ihr Chef, ihre Kollegen, ihr Mann und ihre Kinder unablässig an sie richteten. Sie war mitten in einer Präsentation, als der Anruf kam. Sie hatte darum gebeten, nicht gestört zu werden, und die arme Ellen entschuldigte sich tausend Mal, während sie Melissa aus dem Sitzungsraum holte und mit ihr zum Telefon am Empfang ging.
    Jacobs Lehrerin war am Apparat. «Jacob hat Magenschmerzen.»
    «Ist er auch blass?»
    «Nein?»
    «Hat er Temperatur?»
    «Nein.»
    «War ihm schlecht?»
    «Nein.»
    «Also dann bin ich sicher, dass er nichts weiter hat.»
    «Er klagt aber über Schmerzen. Das kann ich nicht einfach übergehen.»
    Melissa seufzte. «Manchmal sagt er, er hätte Bauchschmerzen, wenn er etwas machen soll, was ihm nicht gefällt.»
    «Aber er macht das, was er jeden Tag macht, und es gefällt ihm sehr gut. Außerdem hat er zu Mittag nichts essen wollen und einen Schokoladenkeks abgelehnt.»
    «Ich bin schon unterwegs.» Jacob ließ sich niemals einen Schokoladenkeks entgehen.
Das hätte sie mir auch gleich sagen können!
    Jim kam ihr in die Garderobe nach. «Wohin zum Teufel gehst du?»
    «Jacob ist krank.»
    «Du bist mitten in einer Präsentation.»
    «Ich weiß, und es tut mir leid, aber ich kann nichts daran ändern.»
    «Wo sind eigentlich dein Mann, dein Kindermädchen und deine Mutter?»
    «Ja, das fragt man sich wirklich. Arbeit, freier Tag und Rentnerparadies in Spanien.»
    «Melissa.»
    «Jim.»
    «So kann es nicht weitergehen. Ich brauche dich hier. Die Firma braucht dich.»
    «Tut mir leid. Ich finde eine Lösung.»
    «Was soll ich den Kunden sagen?»
    «Sag ihnen, dass es mir leidtut und dass ich an jedem anderen Termin, den sie vorschlagen, für sie da bin.»
    «Das reicht nicht», sagte Jim kopfschüttelnd.
    Sie versuchte vom Auto aus vier Mal, Gerry anzurufen, erreichte aber immer nur seine Mailbox. Kurz nach elf kam sie bei Jacobs Schule an. Ihr Sohn erwartete sie schon.
    «Mir tut der Bauch weh.»
    «Ich weiß, Herzchen. Wir gehen jetzt zusammen nach Hause, legen
Thomas die kleine Lokomotive
auf, und du darfst dich mit
Dr.   Snuggles
aufs Sofa legen.»
    Während sie vom Parkplatz der Schule fuhr, rief die Betreuerin des Kindergartens an. «Carrie hat sich übergeben.»
    «Oh nein. Ich bin gleich da.»
    Carrie schlief, als Melissa ankam. Sie beschloss, die Kinder sofort zum Arzt zu bringen. Jacob quengelte, sie hätte ihm versprochen, dass er mit
Dr.   Snuggles
auf dem Sofa liegen und
Thomas
hören dürfte. Sie beschwatzte ihndamit, dass er eine neue
Thomas-
CD bekommen würde, wenn es ihm besser ginge. Nachdem sie eine Stunde im Wartezimmer gesessen hatten und Melissa vom Arzt mit einem tadelnden Blick bedacht worden war, als sie die Frage, was ihre Kinder zum Frühstück gegessen hatten, nicht beantworten konnte, weil sie zu früh aus dem Haus gegangen war, um sich auf die Präsentation vorzubereiten, die dann ins Wasser gefallen war, untersuchte er die Kinder geschätzte drei Minuten lang und verkündete dann, es handle sich um eine Viruserkrankung. Sie bekam ein Rezept für ein kindgerechtes Schmerzmittel, zahlte sechzig Euro und saß mit einer miesepetrigen Carrie und einem jammernden Jacob wieder im Auto. «Mein Bauch tut immer noch weh.»
    Der Parkplatz des Einkaufszentrums war völlig überfüllt, aber irgendwann fand sie doch noch einen Platz, um das Auto abzustellen. Carrie brüllte inzwischen lautstark, während sich Jacob den Bauch rieb und auf nervtötende Art immer wieder «Aua. Aua. Aua. Aua» jaulte. Mit Carrie auf dem Arm und Jacob an der Hand schob sich Melissa durch das volle Einkaufszentrum, bis sie endlich die Apotheke erreicht hatten. Während ihr das Schreien ihrer Tochter und das Gequake ihres Sohnes in den Ohren wehtat, reichte sie das Rezept über den Ladentisch und stellte sich mittlerweile halb taub von dem Heulen ihrer Kinder an der Kasse an. Ihr fiel auf, dass sie dringend zur Toilette

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