Wo der Elch begraben liegt
Peter geträumt. Im Traum war er stark, hübsch und aufmunternd, was sie mit großer Zufriedenheit und Kraft erfüllt hatte. Doch als sie eines Tages an dem großen grauen Mietshaus über die Straße lief, sah sie, dass Peter nicht nur einfach in ihrer Wohnung wohnte. Er wohnte in allen Wohnungen, mit verschiedenen Frauen. Wenn er aus einer Wohnung herauskam, ging er in eine andere. Überall eine neue Umarmung, ein neues Lächeln, eine neue Versprechung. Als Frida den Aufzug nach oben nahm und ihn zur Rede stellte, erklärte er, wie absurd ihre Idee sei, dass er nur mit ihr allein zusammen sein sollte. » Du wirst ja wohl verstehen«, sagte er, » dass du mir nicht ausreichst. Wie konntest du dir da bloß was anderes einbilden?« In doppelter Hinsicht enttäuscht, würde sie nun nach dem Aufwachen noch schlechtere Laune als im Schlaf haben. Ein nerviges Signalgeräusch weckte sie. Cilla war am Telefon und fragte, ob sie schon das Aftonbladet gelesen hatte.
» Da steht was über Peter. Er wurde suspendiert!«
» Wie bitte? Von der Zeitung? Was hat er getan?«
» Anscheinend hat er sich vertrauliche Informationen beschafft, indem er sich am Telefon für einen Polizisten ausgab«, sagte Cilla.
» In welchem Zusammenhang?«
» Es geht um diesen Schauspieler, der angeblich unter Drogeneinwirkung sein Kind abholen wollte. Es stellte sich heraus, dass niemand in der Tagesstätte mit anderen Leuten als der Polizei gesprochen hat. Oder was sie für die Polizei hielten. Peter muss also dort angerufen und sich für einen Polizisten ausgegeben haben, um die Story zu bekommen.«
» So was darf man doch nicht machen…«
» Nein, wirklich nicht. Na, jetzt wird er wohl nicht mehr so eingebildet sein. Er darf nicht mehr arbeiten, bis die Sache untersucht ist.«
» Ich verstehe nicht, wieso. Er ist doch so gut. Man sollte ihn allerdings auch nicht vorverurteilen. Vielleicht hat er es ja gar nicht getan.«
» Natürlich hat er es getan. Du kennst doch Peter. Er geht ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen. Sei froh, dass es vorbei ist.«
Frida konnte sich nicht richtig darüber freuen, ohne vorher mit einer Gegenfrage zu kontern: »Und wie geht’s mit dir und Janne?«
» Beschissen. Ich bin es so leid, einen heulenden, jämmerlichen Fünfzigjährigen in meiner Wohnung zu haben, dass ich kotzen könnte.«
» Dann trenn dich doch von ihm.«
» Er ist aber mein Betreuer und unser Klassenlehrer!«, schrie Cilla fast ins Telefon. » Und jetzt komm mir bloß nicht mit › Ich hab’s dir ja gesagt‹. Das hier ist alles ganz anders geworden, als ich es mir gedacht habe. Übrigens erwäge ich, das Praktikum abzubrechen. Die Stadtverwaltung ist so langweilig, dass ich sterben könnte, und ich glaube nicht, dass Journalismus überhaupt mein Ding ist.«
» Hör auf! Du darfst jetzt nicht aufgeben. Es dauert ja nicht mehr so lange, und die Ausbildung ist doch völlig in Ordnung. Außerdem würdest du dann nur die Vermutung deiner Eltern bestätigen, dass du nichts zu Ende bringen kannst.«
» Momentan möchte ich bloß weg hier…«
» Dann komm doch her. Wie wär’s mit dem nächsten Wochenende? Hier passiert absolut nichts, aber vielleicht ist das genau das, was du brauchst.«
» Am nächsten Wochenende hat Mama Geburtstag. Da muss ich zu Hause sein.«
» Und das Wochenende danach?«
» Kann man da mit dem Zug hinfahren?«
» Natürlich gibt es Züge hierher.«
» Okay. Dann also in zwei Wochen. Aber dann musst du mir versprechen, mich diesem Micke Molotov vorzustellen. Vielleicht ist er ja der Mann meines Lebens.«
Frida wollte gerade anfangen zu erzählen, als Cilla » Tschüs« sagte und auflegte.
Es war kühl und grau in ihrem Zimmer. Sie bemerkte, dass das Usambaraveilchen die Blätter hängen ließ. Es hatte bestimmt seit einer Woche kein Wasser mehr bekommen. Sie musste solche Dinge unbedingt besser im Kopf behalten und die verwelken Blätter abzupfen, damit neue kommen konnten. Frida legte das Handy beiseite, fiel wieder aufs Kissen zurück und seufzte angesichts der Neuigkeiten. Peter war also suspendiert… Wenn er niedergeschlagen war, sollte sie ihm vielleicht jetzt eine SMS schicken.
Åke überlegte, was anders als sonst war. Vorsichtig bewegte er den Kopf, öffnete und schloss den Mund, atmete tief ein. Keine Kopfschmerzen, kein Unwohlsein und nur ein schwacher Druck auf der Brust. Konnte es ganz einfach daran liegen, dass er keinen Kater hatte? Trotz Samstagabend hatte er nach drei Dosen Leichtbier
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