Wo der Elch begraben liegt
Frida.
» Tut mir leid, dass ich so spät anrufe, aber ich brauche einen Rat.«
» Okay«, erwiderte Åke. » Shoot!«
» Es geht um den Text, den ich über Gunnel auf dem Stein geschrieben habe. Darin steht, dass die Polizei niemals herausgefunden hat, wer den Unfall verursachte, und dass es sich um einen roten Wagen handelte.«
» Ja, ich erinnere mich. Wieso?«
» Gunnel hat doch die ganze Zeit dort gesessen, weil sie hoffte, dass die betreffende Person ihr schlechtes Gewissen dadurch nicht länger würde ertragen können und sich schließlich zu erkennen gäbe. Und offenbar hat der Artikel nun etwas bei dieser Person in Gang gesetzt. Ich weiß, wer es ist. Aber ich weiß nicht, ob und wie man das in der Zeitung schreiben kann. Was denken Sie?«
» Tja, was denke ich darüber?«, sagte Åke und setzte sich auf den Stuhl neben der Arbeitsplatte. » Wie ist es denn herausgekommen?«
» Auf dem Heimweg habe ich gesehen, dass jemand neben Gunnel auf dem Stein saß, also habe ich angehalten und bin hingegangen.«
» Sie sind hingegangen? Und dann hat er da einfach so gesessen?«
» Nicht er. Sie.«
» Aha, sie… Aber wie können Sie so sicher sein, dass sie es wirklich war?«
» Sie hat es gesagt. Oder eher… sie starrte mich an und schrie: › Es können genauso gut alle wissen, dann muss ich wenigstens nicht einsam in der Hölle schmoren. Schreiben Sie es in der Zeitung, dann ist es endlich vorbei.‹«
» O mein Gott.« Åke holte tief Luft. » Nicht schlecht. Sie haben also ein Geständnis. Eine heftige Sache.«
» Ja, vielleicht. Aber kann man das in der Zeitung schreiben? Kann man überhaupt über so was schreiben? Die Person würde ja förmlich an den Pranger gestellt werden.«
» Natürlich hat hier noch kein offizielles Verfahren stattgefunden, aber wenn die Person sich einer Reporterin, also Ihnen gegenüber, äußert, gibt es nichts, was uns daran hindert, darüber zu schreiben. Sofern sich die betreffende Person nicht gerade in einem Schockzustand befindet. Dann muss man vorsichtig sein. Aber inzwischen sind ja bereits ein paar Jahre vergangen. Meine Einschätzung lautet daher, dass… wir sicher darüber schreiben können. Das ist natürlich für die Zeitung und für Sie als Reporterin ein echter Knaller. Diese Chance werden wir uns doch nicht entgehen lassen, oder?«
» Okay«, sagte Frida. » Ich schreibe einen Entwurf. Könnten Sie sich den dann vielleicht ansehen?«
» Natürlich. Mailen Sie ihn rüber, wenn Sie damit fertig sind. Aber mal ganz was anderes: Wie läuft’s denn mit dem Einwohnerprojekt? Wie viele sind es jetzt?«
» Es fehlen immer noch fünf Personen.«
» Fünf«, brummte Åke. » Gibt’s irgendwelche Vorschläge?«
» Wir konnten Gunnels Sohn ausfindig machen, der mit seiner Familie in Jakobsberg wohnt, aber die haben kein Telefon. Man müsste also dorthin fahren, um mit ihnen zu sprechen. Aber das ist ja schon etwas entfernt. Und wer sollte das überhaupt machen?«
In der Leitung wurde es still. Frida hörte das Geräusch einer blubbernden Kaffeemaschine und ein diskretes Brummen von Åke.
» Was würden Sie denn von einer Dienstreise nach Stockholm halten?«, sagte er schließlich. » Sie nehmen das Auto, übernachten im Hotel und versuchen, mit ihm und seiner Familie zu reden. Im besten Fall gibt das eine gute Story, und im schlimmsten machen Sie Ihre Erfahrung mit etwas weiter entfernten Auftragsorten.«
» Dienstreise?«, sagte Frida erstaunt. » Ich hatte fürs Wochenende sowieso eine Reise nach Stockholm geplant, privat. Ein Hotel brauche ich gar nicht.«
» Das können Sie selbst entscheiden. Fahren Sie Donnerstag oder Freitag und bleiben übers Wochenende. Sie können ihn bestimmt ganz leicht überreden, nach Hause zu kommen.«
» Wie denn?«
» Ich denke, Sie können mit ihren Fragen recht überzeugend sein. Fragen Sie ihn, ob es nicht gut passen würde und schön wäre, in den Heimatort zu ziehen. Und so weiter.«
» Seit wann kennen Sie sich denn mit Umzügen aus?«
» Ach, ich dachte nur, dass es schön wäre, wenn diese Geschichte ein gutes Ende fände. Ist das in Ordnung für Sie?«
» Vielleicht eine etwas ungewohnte Rolle für eine Journalistin, aber trotzdem… das wäre toll.«
» Gut. Dann also abgemacht«, sagte Åke. » Ach, übrigens, ich werd ’s zwar später in Ihrem Text lesen, aber wer hat denn eigentlich den Wagen gefahren?«
» Ich weiß nicht, ob Sie das wirklich wissen möchten…«
» Doch, natürlich.«
» Es war…
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