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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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wenig, ließ sich wieder herab und bewegte sich dann in einem rhythmischen Takt. Ein Wölkchen der verdunstenden Flüssigkeit erfüllte die kleine Küche, und Frida hörte das Wasser auf der Herdplatte zischen, als es über den Rand des Kochtopfs trat. Dann spürte sie, wie sich Danis Atmung veränderte, ein urzeitlicher Laut aus seinen Tiefen hervorbrach und ein überwältigendes Erstaunen über die enormen Kräfte, die sich in seinem unerfahrenen Körper freisetzten, in seine Augen trat. Die Befriedigung, dies alles bei ihm hervorgerufen zu haben, ließ sie noch erfüllter, wärmer, feuchter und erregter werden. Als ihr Körper explodierte, dachte sie, dass sie hier Sex mit ihm hatte, weil sie es wirklich, wirklich wollte und weil sie es in diesem Augenblick um alles in der Welt nicht hätte entbehren können.

11
    Johan nahm die Teller und die ausgetrunkenen Colagläser und stellte sie auf das blau gemusterte Tablett mit dem Windmühlenmotiv unterhalb des Schriftzugs » Jakobsberg Centrum«. Dann sammelte er die zerknitterten Servietten ein, die über Tisch, Sofa und Fußboden verstreut lagen, und stopfte sie in das oberste Glas.
    Hampus und Linus hatten vom Tisch aufstehen dürfen. Er hörte, wie sie sich in dem kleinen Schlafzimmer neben der Küche mit ihrem Videospiel beschäftigten. Die Geräusche ihrer kleinen Kabbeleien und ihres Enthusiasmus für das Spiel vermittelten ihm ein Gefühl von vertrauter Normalität.
    Rosita unterhielt sich mit den letzten drei Mädchen an der Wohnungstür. Mit einem Blick über die Schulter sah er, wie sie die Mädchen eines nach dem anderen fest und lange umarmte. Er hörte, dass sie sich wieder für den gleichen Tag im kommenden Jahr verabredeten. Die Mädchen hatten versprochen, es nie zu vergessen. Wie hätten sie das auch tun können? Nathalie war ja eine von ihnen gewesen. Das vergangene Jahr hatte ihnen allen Gelegenheit gegeben, über das Leben nachzudenken und festzustellen, wie wichtig es war, im Hier und Jetzt zu leben und die schönen Dinge, wie Freundschaft und Liebe, zu genießen.
    Johan hatte vor diesem Tag gezittert. Ein Jahr. Rosita und er hatten lange überlegt, wie sie den Tag begehen sollten. Am Ende waren sie übereingekommen, Nathalies beste Freunde einzuladen, um mit ihnen über die Zeit vor ihrem Tod zu sprechen, Bilder anzusehen und zu versuchen, die Erinnerung an die schönen Erlebnisse und das Lachen zu bewahren. Fünf achtzehnjährige Mädchen waren gekommen. Das war immerhin ein Anfang. Seit der Beerdigung hatten sie sich nicht mehr gesehen. Zu Beginn, während sie Sandwiches aßen, hatten alle zusammen gegen die Tränen gekämpft. Doch als dann das Fotoalbum auf den Tisch kam, hatte sich niemand mehr zurückhalten können. Erst hatten die Mädchen mit dem Weinen angefangen, dann Rosita und schließlich auch Johan. Er hatte noch nie im Beisein anderer geweint, nicht einmal auf der Beerdigung. Erst hatte er sich geschämt und war in die Küche gegangen, doch als er sah, wie Nathalies Freundinnen alle weinten und sich umarmt hielten, hatte er sich herausgetraut. Er hatte Rosita ganz fest in die Arme genommen, und sie hatten einander getröstet und gesagt, dass sie niemals zu kämpfen aufhören wollten und das Wichtigste nun sei, alles dafür zu tun, damit Hampus und Linus sich wohlfühlten.
    Obwohl es ihre Tochter war und nicht seine, hatte es sich fast so angefühlt, als tröstete sie ihn mehr als er sie. Doch sie hatten so lange zusammengelebt, dass Nathalie wie sein eigenes Kind war, auch wenn der Ursprung ihrer Existenz wie ein scheußlicher Abgrund zwischen ihnen gelegen hatte. Ein Abgrund, der sie schließlich verschlungen und den Tod hatte wählen lassen.
    Johan räumte die Spülmaschine ein und wischte die Arbeitsplatte ab. Dann öffnete er den Küchenschrank über der Mikrowelle und überprüfte, ob er heute auch wirklich seine Tabletten genommen hatte. Doch ja, alle beide, Zoloft und Sobril. Als es näher auf den Jahrestag zugegangen war, hatte er die Dosis erhöhen müssen, um das Herzrasen und die Panikgefühle abzuwehren. Da er gesund werden musste, war es ihm wie eine Niederlage vorgekommen. Er konnte nicht viel länger krankgeschrieben bleiben, denn bald würde der Krankengeldbezug auslaufen, und was sollte er dann machen? Zum Sozialamt gehen? Schon viel zu lange hatte er Rosita die schwere Last alleine tragen lassen. Das war nicht gut. Außerdem war es auch kein schönes Vorbild für die Jungen. Er wollte ein Vater sein, der wie alle

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