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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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ein schlechtes Gefühl, als sie in die Redaktion kam. Vielleicht war es nur Einbildung, doch sie hatte den Eindruck, dass der Geräuschpegel sank und die Leute flüsterten und wegsahen, als sie durch die Redaktionsräume auf Åkes Büro zulief. Sie rief Mats ein Hallo zu, doch obwohl er ihr zugewandt saß, nickte er zur Antwort nur stumm und lächelte nicht.
    Åke saß hinter dem Schreibtisch und hämmerte auf seine Tastatur ein. Anscheinend war ihm heiß. Sein Jackett hing über der Stuhllehne, und er hatte seine Hemdsärmel aufgekrempelt. Er bat sie, hereinzukommen und die Tür zu schließen. Frida setzte sich auf den Besucherstuhl vor dem Schreibtisch.
    » Ich muss zunächst mal um Entschuldigung bitten«, sagte Åke. » Sie haben leider nicht die Betreuung bekommen, die Ihnen zugestanden hätte, und das ist meine Schuld. Es tut mir leid.«
    Frida verstand nicht ganz. Was hatte sie falsch gemacht, und wofür entschuldigte er sich?
    » Was am Freitag passiert ist, muss ich in meiner Eigenschaft als Chefredakteur auf mich nehmen.«
    » Ich verstehe nicht genau«, sagte Frida. » Was ist denn passiert?«
    » Okay, dann fange ich mal von vorne an. Den ganzen Morgen hat hier das Telefon geklingelt, und wir sind mit Leser-Mails förmlich bombardiert worden. Kurz gesagt, die Leute regen sich furchtbar über unsere Wochenendseiten aus Bruseryd auf. Das betrifft sowohl die Umfrage als auch die Kolumne, die Sie geschrieben haben.«
    Frida spürte, wie sich Panik in ihr ausbreitete und ihren Brustkorb zusammenzog, sodass sie nur noch unregelmäßig und flach atmen konnte.
    » Aber wieso? Ich habe doch nur geschrieben, was die Leute gesagt haben und was ich entdeckt habe. Die Ortschaft stirbt langsam aus. Das stimmt doch. Und jetzt soll der Ortsname von der Landkarte verschwinden, und das stimmt auch.«
    » Natürlich, ich weiß! Aber solch unangenehme Sätze in der Zeitung zu lesen, ist mehr, als die Leute verkraften können. Zumindest in der eigenen Zeitung. Sie müssen wissen, dass diese Zeitung und diese Seite so etwas wie eine Rettungsleine für die Leute sind. Wenn wir nicht auf ihrer Seite stehen, dann tut es niemand. Sie betrachten uns als ihren loyalen Freund und fühlen sich nun verraten.«
    Frida versuchte, die widersprüchliche Botschaft zu verstehen und den Verlauf der Geschehnisse nachzuvollziehen. »Gab es Fehler im Text? Habe ich etwas missverstanden?«
    » Überhaupt nicht. Aber darum geht es nicht.«
    » Ich verstehe das nicht. Annika hat doch alles gelesen, als sie die Seiten redigiert hat. Sie hätte mir doch sagen müssen, wenn es in dem Text zu heikle Punkte gibt, oder?«
    » Ja, natürlich hätte sie das tun sollen. Aber Annika ist nicht in der Lage, so etwas zu entscheiden. Sie ist– unter uns gesagt– nicht ganz auf der Höhe. Das liegt aber in meiner Verantwortung. Ich hätte bis zum Schluss hierbleiben müssen… Diese Schuld muss ich auf mich nehmen, und deshalb möchte ich mich entschuldigen. Wenn ich hier gewesen wäre, hätten wir das Ganze vermeiden können.«
    » Aber«, fuhr Frida fort, » ist es denn so schlimm, wenn die Leute jetzt verärgert sind? Könnte man nicht ein paar Beiträge auf der Leserbriefseite veröffentlichen?«
    » Ich wünschte, es wäre so einfach, aber dieses Stadium ist wohl schon vorbei. Nicht nur die Leser sind sauer, auch die Kollegen in der Redaktion sind wütend. Harriet ist verzweifelt, und zu guter Letzt habe ich eben mit Henry Lagerwall gesprochen, der sich fragt, was zum Teufel wir hier treiben. Er kommt um eins zu unserer Sitzung, und er ist nicht begeistert.«
    Frida spürte, wie sie zu zittern anfing und die aufsteigenden Tränen ihre Sicht verschleierten. Verdammt, verdammt, verdammt, was machte sie hier bloß? Das Gefühl, wieder der einsamste Mensch auf der Welt zu sein, brach mit voller Wucht über sie herein. Sie sah sich selbst ganz weit draußen an der Kante eines Zehnmeterbretts sitzen, und unter ihr warteten riesige, harte Eisschollen. Wie sie es auch anstellte, der Sturz würde furchtbar wehtun, und vermutlich würde sie schon erfroren sein, bevor sie, mit blauen Flecken übersät, den Rand des Beckens erreichte. Als sie das Gefühl hatte, die Tränen nicht länger zurückhalten zu können, beugte sich Åke über den Schreibtisch und legte seine warme, trockene Hand vorsichtig auf ihre.
    » Frida, ich verstehe, dass Sie das hier trifft, aber Sie sind nicht allein.«
    Fast zwanzig Personen hatten sich im Konferenzraum hinter der Rezeption

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