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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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an der Tafel. Die Überschrift lautete: Das ABC des Interviews.
    » Fangen wir bei A an: Wie geht es Ihnen? Das mag vielleicht lächerlich einfach klingen, aber damit sollte man meistens ein Interview beginnen. Also, Sie fragen, was gerade aktuell ist und entwickeln es von dort aus weiter. Dann kommen wir zu B: Was war davor? Hier nehmen Sie die Geschichte und den Hintergrund mit hinein; das brauchen Sie für die Vertiefung. Und dann weiter zu C: Was wird später daraus? Hier kommt die Zukunft ins Spiel, zum Beispiel: Ab wann rechnen Sie damit, dass die neuen Beitragsregeln gelten werden? Gibt es dazu irgendwelche Fragen?«
    Ann-Louise Andersson, eine schweigsame junge Frau aus Halland mit heftiger Akne und roter Pagenfrisur, hob die Hand. »Meinen Sie, dass man bei einem Interview bloß diese drei Fragen stellen sollte?«
    Janne kratzte seinen kahlen Kopf und ließ eine lange Pause entstehen. »Was glauben Sie selbst?«
    Ann-Louise verzog leicht betreten den Mund. »Es ist vielleicht ganz gut, wenn man etwas mehr vorbereitet hat, nicht wahr?«
    » Sehr richtig, Ann-Louise. Manchmal schafft man das natürlich nicht, wenn es im Nachrichtengeschehen so richtig hektisch zugeht. Und wenn Sie erstmal zwanzig Jahre als Journalistin gearbeitet haben, benötigen Sie vielleicht nicht mehr so viel Zeit für die Vorbereitung. Aber jetzt zu Beginn rate ich Ihnen wirklich, dass Sie sich gut vorbereiten. Hier geht es ja schließlich auch um den Respekt für den Interviewpartner. Und wie bereitet man sich vor?« Janne ließ seinen Blick über die Klasse gleiten. »Frida?«
    Plötzlich richtete sich alle Aufmerksamkeit auf sie. In ihrer Erinnerung suchte sie nach Kenntnissen, die– das wusste sie– dort irgendwo lagen.
    » Man braucht natürlich einen aktuellen Aufhänger, an den man seinen Text knüpfen kann. Dann sollte man so viel wie möglich im Internet nachlesen, andere Artikel überprüfen, vielleicht auch Statistiken, und versuchen, einen anderen journalistischen Blickwinkel anzulegen. Und danach sollte man ein paar ordentliche Formulierungen finden und die Fragen nach dem ABC-Schema ausrichten. Ungefähr so?«
    » Und wie wissen Sie, was eine gute Frage ist?«
    » Sie sollte interessant sein und wichtig für den Zusammenhang.«
    » Ganz genau. Und wenn Sie nicht gut vorbereitet sind, können Sie auch nicht die wichtigsten und provokantesten Fragen stellen.«
    Janne ließ die Informationen sich setzen und wandte sich dann an Peter. »Wie lautet die Grundregel für die Formulierung einer Frage, Peter?«
    Peter lehnte sich nonchalant auf seinem Stuhl zurück. »Gemäß unserem kanadischen Guru Sawatsky sollte es eine offene Frage sein, also am besten mit Wie, Was oder Warum beginnen.«
    » Genau. Es ist wichtig, dass es offene Fragen sind, sodass man den Interviewpartner nicht beeinflusst«, fuhr Janne fort. » Haben Sie diese Methode selbst angewandt, als Sie Ihren Artikel über den Kommunalpolitiker in Halmstad geschrieben haben?«
    Peters Ponyfransen fielen ihm in die Augen, und er fuhr sich schnell mit der Hand durch die Haare. »Vielleicht nicht nur. Denn zwischendurch muss man ja auch mal geschlossene Fragen stellen, damit man auch wirklich ein Ja oder Nein bekommt.«
    » Das kann mitunter notwendig sein, aber die Grundregel lautet offene Fragen. Legen Sie die Antwort der interviewten Person nicht in den Mund, ohne sie oder ihn etwas erzählen zu lassen.«
    Der Rest der Stunde verging mit einer kurzen Wiederholung der ethischen Regeln des Journalismus, dem Begriff der » öffentlichen Handlung« und der Frage, wann sich ein Journalist unter Verweis auf einen » erniedrigenden Auftrag« weigern könne, eine Arbeit auszuführen. Letzteres gehörte zu Torkels Lieblingsthemen. Bevor Janne eine weitere Frage stellen konnte, hielt er die Hand hoch und fing an zu reden.
    » Sollte irgendwer versuchen, mich zur Berichterstattung über ein neu eröffnetes Geschäft zu überreden, werde ich mich definitiv weigern. Werbung in redaktionellen Texten ist ein erniedrigender Auftrag. Wenn ich das in Ordnung fände, könnte ich ja gleich in einer Werbeagentur arbeitenund da gutes Geld verdienen. Dazu kriegt mich niemand.«
    » Danke, Torkel. Ich glaube, die meisten kennen Ihre Einstellung zu diesem Thema. Ann-Louise, was machen Sie, wenn Sie ein Redaktionsleiter während des Praktikums losschicken will, um über eine neu eröffnete… Pizzeria zu schreiben?«
    » Ich habe mich bloß bei den bunten Wochenmagazinen beworben, da ist das

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