Wo der Elch begraben liegt
zurückzukehren und sich auf die abendliche Versammlung zu konzentrieren. Die alte Angst kehrte zurück. Ihm grauste davor, auf Horden wütender Leser zu treffen und sich vorher nicht betäuben zu können, ohne dass sie es merkten. Er sollte nicht, er durfte nicht, aber zur Sicherheit war das Handschuhfach noch beladen. Inmitten des trägen Widerwillens konnte er irgendwo einen schwachen Adrenalinschub erahnen. Schlug das Herz vielleicht etwas schneller als sonst? Sicher war es die Nervosität, aber möglicherweise auch… die Spannung. Wann hatte er das zuletzt erlebt?
Das Missionshaus lag in der Mitte der Ortschaft, ungefähr fünfzig Meter von der Hauptstraße entfernt. Vor dem hellgelben hohen Gebäude gab es einen Wendehammer und eine ziemlich neu angebaute Rollstuhlrampe aus imprägniertem Holz. Das Dach war aus einfachem, dunkelgrauem Blech gefertigt, und die Doppeltür am Eingang war rot gestrichen. Frida war froh, dass Åke darauf bestanden hatte, die Räumlichkeiten eine Stunde vor der Zusammenkunft in Augenschein zu nehmen, sowohl um den Overheadprojektor zu kontrollieren, als auch um sich an den Ort zu gewöhnen, wie er gesagt hatte. Ein Teil ihrer aufgestauten Nervosität hatte sich gelegt, als sie verstanden hatte, dass Åke über einen Plan verfügte, wie der Kritik zu begegnen sei. Abgesehen von den Statistiken, die er bereits hervorgeholt hatte, hatten sie weitere Fakten zusammengetragen, die in jeder Hinsicht belegten, dass Fridas Bild von Bruseryd richtig gezeichnet war. Außerdem hatte sie ein paar Stunden damit verbracht, Magnus Nyström von Cartago Copy AB erneut hinterherzujagen und ihm einige abschließenden Fragen zu stellen. Zu guter Letzt hatten sie das zu präsentierende Material untereinander aufgeteilt. Åke würde zunächst Frida vorstellen, die in ein paar kurzen Sätzen berichten sollte, wie ihr Auftrag an besagtem Tag gelautet hatte. Darauf sollte Åke die Statistiken mit dem Overheadprojektor präsentieren und dann überleitend erklären, zu welchen Schlussfolgerungen Frida gelangt war, als sie ihre Arbeit gemacht und die Kolumne verfasst hatte. Frida war verwundert, dass er sie, wenn es darum ging, die Zeitung zu repräsentieren, als vollwertige Kraft ansah; dass er das Risiko einging, sie für sich selbst sprechen zu lassen. Wie konnte er nur darauf vertrauen, dass sie es schaffte? Wo sie doch so ein schlechtes Timing hatte und so oft die falschen Dinge sagte. Natürlich hatte sie versucht, sich aus der Sache herauszulavieren, doch da war Åke knallhart gewesen: Sie musste sich trauen, für das einzustehen, was sie geschrieben hatte, ansonsten war sie keine Journalistin.
Die Sicherheit des zuverlässigen Materials hatte Frida einen Hauch ruhiger werden und sie denken lassen, dass sie eigentlich ganz gut dastanden. Doch das war, bevor Åke nach draußen verschwunden war, um etwas aus dem Auto zu holen. Als er zurückkam, sah es aus, als ob er geweint hätte, und er stank nach Rasierwasser. Fridas Unruhe kehrte zurück. Wie sollte das bloß enden?
Jetzt war alles vorbereitet und startklar. Durchs Fenster sah Frida draußen die ersten Autos parken. Ein Teil der Leute hatte sich fein gemacht, andere kamen direkt von der Arbeit. Sie nickte dem jungen Typ von der Zeitungsredaktion in Vetlanda zu, der für die morgige Ausgabe einen Artikel schreiben sollte. Für die allgemeine Glaubwürdigkeit war es wichtig, dass sich jemand in dieser Sache angemessen neutral verhielt. Frida sah zum Kiosk auf der anderen Straßenseite hinüber und fragte sich, ob Dani wohl kommen würde. Und wie sah eigentlich Harriet aus? Hoffentlich nicht wie in ihrem Traum. Vor lauter Nervosität zog sich Fridas Magen zusammen. Gut, dass sie kurz vorher Eiwor und Skogby begrüßt hatten; immerhin hatte sich die Spannung in dieser Hinsicht etwas gelegt. Mats kam mit seinen Eltern. Die Mutter saß im Rollstuhl und brauchte Hilfe beim Aussteigen. Annika kam mit einem eigenen Wagen und hatte die beiden jüngsten Kinder bei sich. Frida erkannte Björkman und seine Frau, das Paar in den mittleren Jahren, das schräg gegenüber von Agnes wohnte, Skogbys Frau mit den langen, dunklen Zöpfen und einen älteren Mann aus der Anzeigenabteilung der Zeitung. Wohnte er hier? Auf der anderen Straßenseite sah sie, wie sich die Tür zum Kiosk öffnete. Dani würde also kommen. Ein silbergrauer Mercedes älteren Jahrgangs rollte auf den Vorplatz. Sie erkannte ihn wieder; er gehörte Lagerwall. Wie alt seine Frau aussah. Doch wer
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