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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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hier also jeder, dass ich Conny mal tausend DM geklaut habe.“
    „Nein, du Knalltüte!“ donnerte Conny. „Ich hatte lediglich von 50 DM erzählt.“
    Manfred fasste sich an den Kopf. Dann schaute er fragend zum Professor. Der seufzte tief, als er sagte: „Ich habe die Leute nicht belogen, Manfred.“ Gleich darauf sagte er in einem ernsteren Ton als ihm zumute war: „Verzeih mir, Manfred.“
    Parallel kamen Manfred die Stichwörter Krankheit, Kleinbürger und Fensterrahmen in den Sinn, wobei ihm seine Aufmerksamkeit für das letztgedachte Wort ein Rätsel blieb. Nichtsdestotrotz genügte das andere Gedachte, um sich augenblicklich festzulegen: „Ich verzeihe euch.“ Mitten im Satz merkte er, wie ernst er das meinte und so legte er hinterher: „Vergessen, ehrlich. Und das sofort.“ Er schaute mit breitem Mund in die Runde, als er abschloss: „Zur Strafe müsst ihr mir heute einen schönen Abend machen.“
    Der Aufruf zum Vergessen wurde umgehend umgesetzt und die Stimmung gelöst und fröhlich. Bald saßen alle im Wohnzimmer. Der Student bekochte und bediente die Runde vorzüglich.
    Aber einem gelang es wider anderer Vorsätze doch nicht so gut, einfach zu vergessen. Wenn auch das Thema ein anderes war. Immer wieder meldeten sich bei Manfred seine Aversionen gegen Werner. Gegen Mitternacht merkte er, dass er frische Luft benötigte und verabschiedete sich für eine halbe Stunde. Als er wiederkam, zeigten sich seine Schuhe voll mit feuchter Erde. „Wo bist du nur rumgelaufen“, bemerkte Ilona.
    Noch einmal kam das Gespräch auf Manfreds Beichttour. Dem Professor machte sein schreibfreudiges Geplapper über Manfreds Liebelei mit seiner Frau mehr zu schaffen, als ihm lieb war. Es war ihm peinlich.
    „Conny“, sagte er, „wie hast du vorhin, ganz zum Anfang, unsere Sympathien für Manfred ausgedrückt?“
    „Ich habe gesagt, dass wir ihn alle lieb haben.“
    „Genau. Manfred. Ich möchte das an dieser Stelle noch einmal wiederholen... Somit habe ich das hiermit wiederholt.“
    Alle lachten. Der Professor neigte den Kopf zu Manfred, der neben ihm saß und sagte: „Lass das in Zukunft einfach mit dem schlechten Gewissen.“
    Der Professor sprach mit Bedacht, als er dann noch hinzufügte: „Schließlich hast du ja niemanden umgebracht.“
     
    *
     
    Der Besuch war am nächsten Tag bereits weggefahren, als es an der Haustür klingelte.
    Ilona öffnete. Ein Polizeibeamter stand an der Tür.
    „Schönen guten Tag, Frau Semmler.“
    „Ebenso, Herr Gerkens.“ In Neuenkirchburg kannte man sich.
    „Der Grabstein Ihres Mannes ist umgeworfen worden.“
    „Mein Mann sitzt auf der Terrasse.“
    „Entschuldigen Sie bitte... Ich meine natürlich, der Grabstein Ihres ersten Mannes, der von Werner Karbert, ist umgeworfen worden. Irgendwann letzte Nacht.“
     
    *
     
    Das Wetter war feucht und warm, als Ilona unmittelbar nach dem Mittagessen das Haus verließ. In Neuenkirchburg sind die Wege kurz, egal welchen Ort man anvisiert. Fast alles ist ohne mechanische Fortbewegungsmittel erreichbar, sofern man halbwegs zentral wohnt und den Aufenthalt im Freien mag.
    Knapp zwanzig Minuten dauerte es, bis Ilona, die in der Hand eine sperrig gefüllte Plastiktüte trug, den Friedhof erreicht hatte. Werners Grab war wie das seiner Eltern und seiner einzigen Schwester im hintersten Winkel der Ruhestätte beheimatet. Nicht wenige Neuenkirchburger fanden, dass die Gräber der Familie Karbert dort, wo sie kaum in Kontakt mit Friedhofsbesuchern kommen konnten, sehr gut aufgehoben waren. Ganz nach dem Motto, dass jede Sippe dort liegen soll, wo sie hingehört.
    Zu dieser Einschätzung passte es, dass die Grabanlage kaum gepflegt war. Ilona hatte die Arbeit einem entsprechenden Dienstleister übertragen. Sie überlegte, wann der wohl zuletzt seinen vertraglichen Pflichten nachgekommen war, und sie dachte darüber nach, wann sie oder ihre beiden Kinder eigentlich das letzte Mal diesen Ort besucht hatten.
    Der Grabstein von Werner Karbert lag auf dem Rücken; die Inschrift und das Geburts- und Todesdatum waren bei aller Verwahrlosung, welche auch die Vorderseite des Steins kennzeichnete, deutlich zu erkennen. Mit einem Blick auf die im weichen, aber griffigen Erdboden deutlich hervortretenden Schuhabdrücke war sich Ilona ihrer Vermutung über den Täter augenblicklich sicher. Zur Bestätigung holte sie Manfreds beide schwere Stiefel aus ihrer Plastiktüte und glich Sohle und Größe mit den Spuren ab. Es konnte keinen Zweifel

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