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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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Vielleicht hat Manfred ja bei ihm wirklich eine Leiche im Keller.“
    „Elisabeth, bitte!“
    „Entschuldigung, aber wer Gräber umschmeißt, der...“ Weiter kam Elisabeth nicht.
    „Seine Krankheit lässt Manfred viel über sein Leben nachdenken. Und er kann nichts dafür, dass sein Kopf manchmal aussetzt.“
    „Ich weiß, ich weiß. Aber ich kann das ja trotzdem komisch finden... Sag‘ mal, bist du nicht neugierig? Geh zu diesem bekloppten Schulleiter...“
    „Vielleicht ist der zur Zeit einfach nur sehr angespannt und sonst ganz nett.“
    „Nett ist der wirklich, aber irgendwas ist bei dem daneben. Ein Mann von bald 65 Jahren, der ständig überlange Radtouren macht und wie ein Irrer rumjoggt. Die Lehrerkonferenz hat er mal mit dem Hinweis eröffnet, dass er schon mit vier Jahren flüssig lesen konnte und dass ihm seine Ärztin erzählt hat, noch nie einen gesünderen Menschen als ihn gesehen zu haben. Über seinen Sohn redet er Wunderdinge.“

„Armer Kerl.“
    „Ach was! Bloß der ganz normale Irrsinn in einer Konkurrenzgesellschaft... Wir sind nicht besser, schweigen vielleicht etwas geschickter.“
    „Wie redest du? Das bist du doch nicht du, ich...“
    „Das hast du schon mal gesagt und ich antworte dir erneut, dass das an meinem Therapeuten liegt. Ich muss sein Denken übernehmen, dann fällt er irgendwann über mich her, hoffe ich jedenfalls... Der Schulleiter verdient übrigens 4.000 Netto. Zusatzleistungen, beste Rente in Sicht.“
    „Sag mal Elisabeth, woher weißt du das alles?“
    „Wer, wenn nicht ich, soll das wissen? Meine Ohren merken sich alles, was für Tratsch und Klatsch zu gebrauchen ist. Mein Therapeut meint, ich soll dazu stehen... Dabei fällt mir ein, dass ich mich fertig machen sollte, ich muss zur Sitzung. Geh‘ hin zum Schulleiter. Haut er die Tür zu, ist auch gut. Aber probier‘ es. Du musst aktiv werden – allein das wirkt befreiend. Würde mein Therapeut sagen. Flotter Mann, verdorben ohne Ende.“
     
    *
     
    Den späten Sonntagnachmittag, wenn die meisten Menschen ausgeruht sind und oft nicht wissen, wie sie sich die Zeit bis zum Tatort vertreiben sollen, hielt Ilona für den geeigneten Zeitpunkt, Schulleiter Peer Stung zu besuchen. Der alte Bungalow des Schulleiters lag fern der Stadt mitten in einem größeren Waldgebiet, das infolge der Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg kurz entschlossen für die Bebauung freigegeben worden war. Eine neue Verordnung sollte das Wasserschutzgebiet wieder der Natur zurückgeben und beschränkte die Wohnerlaubnis auf die noch verbleibende Lebensphase der angestammten Einwohnerschaft. So standen einige Häuser schon leer und die Infrastruktur wie Wegebeleuchtung und öffentliche Parkplätze verfiel. Auch Brief- und Stromkästen schienen nicht erneuert zu werden und die Frage der Beschneidung der Bäume, die tief in die Straßen und Wege hineinragten, konnte ebenfalls keinerlei Interesse mehr bei der aussterbenden Bevölkerung wecken – der Niedergang des öffentlichen Raumes schien für die hier noch Lebenden keinerlei Problem zu sein.
    Ilona begutachtete die wenig heimelige Umgebung genau, als sie aus ihrem Auto stieg und sich in den langen Waldweg zur Hausnummer 68 aufmachte. Eigentlich fehlen nur noch verrostete Schilder, die vor dem bissigen Hund warnen, dachte sie. Kurz darauf hörte sie es aus dem verwachsenden Dickicht eines Vorgarten knurren. Sogleich kläffte es auch schräg gegenüber, und das dann gleich doppelt. Ich hätte mich bewaffnen sollen, schlussfolgerte Ilona aus dem Gehörten süffisant und schloss es augenblicklich nicht aus, dass eine solche Vorsichtsmaßnahme auch wegen der unmittelbar bevorstehenden Kontaktaufnahme mit Schulleiter Peer Stung von Vorteil sein könnte.
    Nachdem Ilona die Gartenpforte geöffnet und den zugewachsenen Weg zur Haustür von Peter Stung entlanggeschritten war, betätigte sie wiederholt den Klingelknopf. Nichts hörte sie, nichts rührte sich.
    „Hallo, Herr Stung, sind Sie da?“
    Ilona sprach den Satz erneut, diesmal mit lauter Stimme und begleitet von einem mehrmaligen kräftigen Klopfen gegen die Tür.
    „Einen Moment, bitte“, schallte es aus dem Haus zurück. Die Tür öffnete sich und da stand Peer Stung, ordentlich verpackt in Jeans, Hemd und Jacket. Auf der Stelle glaubte Ilona, noch nie einen dünneren Mann gesehen zu haben.
    „Huch, Entschuldigung, vielleicht habe ich zu laut geklopft, aber...“
    „Nein, nein. Ich muss mich entschuldigen. Man darf bei mir

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