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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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des regionalen Speditionsgewerbes. Mehrmals fragte sich Ilona dabei, ob wohl auch derjenige anwesend ist, der in Werners Büro eingebrochen war oder den Auftrag dazu gegeben hatte.
    Einen finanziellen Absturz ins Bodenlose musste Ilona nicht befürchten. Trotz erheblicher Schulden der Spedition verhinderte die Rechtsform des Betriebes einen Zugriff auf das Privatvermögen der Familie Karbert. Da für die beiden erwachsenen Kinder ein berufliches Engagement im väterlichen Betrieb immer eine Schreckensvorstellung gewesen war, stand auch ihre finanzielle Situation in keinerlei Verbindung zur väterlichen Firma. „Ihr werdet nicht verhungern“, fasste Elisabeth die soziale Perspektive der Karberts mit ärgerlichem Unterton zusammen – sich gerade daran erinnernd, dass ihr Mann es wohl nicht zu der ersehnten Beförderung bringen wird, womit ihr Lebenstraum, nach der Rente in einem übergroßen Wohnmobil bis zu ihrem Tod über die Autobahnen Europas gefahren zu werden, zu platzen drohte.
    Bei der Verarbeitung von Werners Tod suchte Ilona die Trauer, aber die wollte sich bei aller Anstrengung nicht so richtig finden lassen, jedenfalls nicht so, wie es nach dem Verlust des Partners eigentlich sein sollte. Hierbei kam Ilona mehr als einmal Manfred in den Kopf. Denn dass Ilona für Werner möglicherweise überhaupt nichts von Belang empfand, war ja eine Andeutung, die sich Manfred herausgenommen hatte, als sie sich das letzte Mal in diesem kleinen Waldhotel im Nassauer Park gesehen hatten.
    Ilona dachte daran, dass es für Manfred nicht schwer gewesen sein muss, zu dieser Einschätzung zu kommen, denn schließlich kannte er einiges von ihrem Leben und so wusste er nur zu gut, wie wenig der Beginn der Beziehung mit Werner von ihrem Herzen getragen worden war. Und dass sich das nicht änderte, hatte Manfred aus guten Gründen, nicht zuletzt aufgrund der Erlebnisse in Gorleben, mehr als nur vermuten dürfen.
    Ilona ließ sich auf diese guten Gründe im Einzelnen sehr genau ein, als es ihr nicht richtig gelingen wollte, Niedergeschlagenheit zu verspüren. Das half ihr, ihr anfänglich schlechtes Gewissen darüber, dass sie über den Tod ihres Ehemanns nicht das übliche Maß an Trauer empfinden konnte, bald zu überwinden. All das, womit sie sich in der unerfüllten Beziehung mit Werner abgefunden hatte, holte sich Ilona intensiv in ihre Gedankenwelt. Dabei setzte sie sich erstmals mit ihrer eigenen Bequemlichkeit und mit ihrer Feigheit auseinander, ihr Leben mit einer Trennung von Werner nicht geändert zu haben. Etwas, was man mit Überzeugung eine Lebenskrise nennen könnte, hatte ihr Eingeständnis aber nicht zur Folge, denn sie verbuchte es auf ihrer Habenseite, dass sie den durch Werner garantierten bemerkenswerten Lebensstandard dafür genutzt hatte, sich mit ihrer Ausbildung zur Lehrerin einen beruflichen Traum zu erfüllen.
    Einmal an Manfreds zutreffende Bemerkungen im Waldhotel erinnert, musste Ilona auch über die anderen Äußerungen nachdenken, die Manfred dort von sich gegeben hatte. Die Erinnerung an seine Abschiedsworte hatten es dabei für Ilona nochmal richtig in sich. „Weil du mich liebst, Ilona“, hatte er gesagt. Bald kam der Tag, an dem sie an nichts anderes mehr denken konnte als an diese Wahrheit.
     
    *
     
    Wie so oft waren die Zimmertüren in der kleinen Frankfurter Wohngemeinschaft sperrangelweit geöffnet. Conny lag in der Badewanne. Ein schrilles Läuten störte die Ruhe.
    „Das Telefon klingelt“, rief Conny.
    „Wie langweilig. Dem Gerät fällt auch nichts Neues mehr ein.“ Manfred kauerte auf seiner Matratze und hätte sich erheben müssen.
    „Manfred, jetzt steh doch endlich auf.“
    „Mach es selbst!“
    „Ich bitte dich, Manfred. Ein intimes Verhältnis haben wir nicht. Außerdem ist das schon erledigt.“
    Manfred lachte, schmiss die Decke zur Seite und trampelte in den Flur. Er musste sich beeilen, wenn er den Hörer noch rechtzeitig erreichen wollte. „Manfred“, meldete er sich, als das Telefon gerade zum gefühlten zwanzigsten Mal geläutet hatte.
    Ein Zeitlang hörte man nur das Plätschern der Wanne. Conny ging davon aus, dass Manfred sich zu spät gemeldet hatte. „Das haben wir jetzt davon. Mein Chef wollte anrufen. Wenn...“
    „Conny, ich telefoniere!“
    Nochmals gab der Wellengang von Connys Badewasser eine Weile den Ton an. Dann hörte man Manfred brummen: „Wie? Ich mich melden... Soll sie sich doch melden, wenn...“ – ganz offensichtlich wurde Manfred vom

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