Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
ihre Vergangenheit ans Tageslicht kam, außerdem hatte das Ganze vielleicht ohnehin nichts mit Trueman zu tun.
»Sprich mit mir, Yvette«, flüsterte Fifi in der Dunkelheit. Sie fror so sehr und litt so heftig unter Hunger und Durst, dass sie sich nicht einmal mehr sicher war, ob es Sonntagabend oder Montag war, und Yvette hatte seit Stunden nicht mehr geredet oder sich auch nur bewegt.
»Was gibt es noch zu bereden, Fifi?«, antwortete Yvette, und ihre tonlose Stimme spiegelte ihre abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit wider. »Abgese’en vielleicht von der Frage, wie lange wir noch warten wollen, bevor wir es tun.«
»Uns bleibt ein Ausweg: Wir können uns er’ängen.«
Fifi war über Yvettes Vorschlag entsetzt gewesen. Obwohl sie durchaus einsah, dass ein schneller Tod weit besser war als ein langsames Verhungern oder Verdursten, hatte sie noch immer ein wenig Hoffnung, es würde nicht so weit kommen. Außerdem bereitete es ihr Sorgen, dass Yvette angeboten hatte, ihr dabei zu helfen. Sie verstand zwar, dass die andere Frau es gut meinte und es ihr ersparen wollte, ihren Tod mit anzusehen, aber es klang trotzdem so makaber.
»Das werde ich niemals tun können«, erwiderte Fifi nun resolut. »Irgendjemand wird uns inzwischen als vermisst gemeldet haben. Vielleicht hat man bereits unsere Fotos in den Zeitungen abgedruckt, und es wäre immerhin möglich, dass jemand den Wagen gesehen hat, als er hierher gefahren ist.«
»Wie lautet doch noch gleich dieser Spruch, den ihr Engländer so liebt? ›Und Schweine können fliegen!‹«, sagte Yvette verächtlich. »Sie ’aben mir erzählt, dass dieser Ort sehr versteckt liegt und dass Sie niemanden in der Nähe gese’en ’aben!«
»Ich weiß, doch es gibt immer noch Hoffnung.«
»Ich ’abe keine ’offnung. Weißt du, was es bedeutet zu ver’ungern? Wir werden bald zu schwach sein, um an den Gitterstäben hinaufzuklettern, und wir werden ’ier liegen und sie betrachten und wünschen, wir ’ätten es getan, solange wir noch die Kraft dazu ’atten.«
Fifi fühlte sich jetzt schon zu schwach, um an den Gitterstäben hinaufzuklettern, aber ganze vierundzwanzig Stunden, nachdem Yvette es zum ersten Mal vorgeschlagen hatte und sie noch mehr an Kälte, Hunger und Angst litt, weigerte sie sich immer noch, diese Idee in Erwägung zu ziehen. Doch andererseits klammerte sie sich nach wie vor an den absurden Glauben, dass Dan sie finden würde.
Es war eigenartig. Wenn sie jetzt an Dan und ihre Familie dachte, fielen ihr nur ihre liebenswertesten und schönsten Eigenschaften ein. Sie sah Dan mit seiner Lohntüte nach Hause kommen und ihr das Geld überreichen. Solange ihm noch genug für Zigaretten und einen gelegentlichen Imbiss bei der Arbeit blieb, hatte er nie danach gefragt, was aus dem Rest seines Lohns wurde. Sie dachte daran, wie er sich nachts immer an sie schmiegte, und an sein Lächeln, sobald er morgens die Augen aufschlug. Er war nicht mürrisch, er beklagte sich nie, und er war auch nicht neidisch auf andere Menschen. Er war ein wahrhaft glücklicher Mann.
Sie erinnerte sich auch daran, wie einfühlsam ihr Vater war. Er hatte stets die beste Krankenschwester abgegeben, wenn eins der Kinder krank gewesen war; er stieß sofort zum Kern eines Problems vor und wusste, wie man es lösen konnte. Er war der Ruhepol in der Familie, der nicht schrie oder Hektik verbreitete, und er geriet nur selten wegen irgendetwas in Rage. Er hatte endlose Geduld, und er war niemals voreingenommen.
Robin war weit herzlicher als Peter, doch Peter wiederum war verlässlicher. Sie waren beide so anspruchslos und akzeptierten klaglos, wozu sich die Mehrheit der Familie entschieden hatte.
Und die liebe Patty! Fifi hätte alles dafür gegeben, ihrer Schwester sagen zu können, wie sehr sie sie liebte. All die Nächte, in denen sie kichernd im Bett gelegen hatten, und die vielen Male, da Patty sie gedeckt hatte, selbst als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Sie war die geborene Diplomatin, die bereitwillig akzeptierte, dass nicht jeder so unkompliziert und sanftmütig war wie sie selbst.
Aber es war vor allem ein Mitglied ihrer Familie, über das Fifi ihre Meinung geändert hatte: ihre Mutter. Je schwächer und hungriger sie wurde, desto deutlicher erinnerte sie sich an Claras gute Seiten. Außerdem dachte sie auch an all die Dinge, die sie selbst angestellt hatte – oft mit Vorsatz –, um ihre Mutter zu ärgern.
Wann hatte sie jemals eine ihrer Bitten erfüllt? Selbst gegen die
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