Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
Geschichte ausgedacht hatte, um Mitleid zu heischen. Fifis heimliche Hochzeit mit ihm war Clara Bestätigung genug gewesen. Ein bequemer Weg, um seine wahre Herkunft zu verbergen.
Natürlich wäre sie Dan mit weniger Argwohn begegnet, wäre er nicht so attraktiv gewesen, aber jeder Mann mit dem Aussehen eines Filmstars hätte in ihr Zweifel geweckt, was seine Absichten in Bezug auf ihre Tochter betraf. Später hatte sie ihre bösen Ahnungen auch Harry gegenüber erwähnt.
»Warum glaubst du eigentlich, dass unsere schöne Tochter nicht einen ebenso schönen Mann anziehen kann?«, hatte er verwundert gefragt.
Clara war nicht in der Lage gewesen, das zu erklären. Aber in Wahrheit sah sie Fifi noch immer als das reizlose, ungesellige Geschöpf, das sie als Kind gewesen war. Und geradeso, wie sie sie damals vor Schaden hatte bewahren wollen, wollte sie sie noch heute vor allem Übel beschützen.
Niemand konnte ganz ermessen, was sie mit Fifi durchgestanden hatte, als sie noch klein gewesen war, nicht einmal Harry, da er in den Kriegsjahren nur so selten zu Hause gewesen war. Als Baby hatte sie kaum geschlafen und sich die halbe Nacht lang die Seele aus dem Leib geschrien, und nach Pattys Geburt hatte Clara wie ein Habicht über ihre jüngere Tochter wachen müssen, weil Fifi sie ständig befingert hatte. Sie hatte immer wieder ihr Essen auf den Boden geworfen, sie hatte niemals gehorcht und Zärtlichkeiten zurückgewiesen. Jeden einzelnen Meilenstein – die Fähigkeit zu gehen oder zu sprechen, die Benutzung der Toilette – hatte sie später erreicht als jedes andere Kind.
Während der ersten Schuljahre hatte Clara sich fast täglich Klagen von Fifis Lehrerin anhören müssen, weil das Mädchen sich nicht konzentrieren konnte und den Unterricht störte. Clara erinnerte sich nur allzu gut daran, wie oft sie gegen die Tränen angekämpft hatte, weil sie die Tatsache nicht hatte ertragen können, dass ihr ältestes Kind so viel Ärger machte. Niemand, weder Lehrer noch Ärzte, hatte ihr irgendeinen Rat geben können.
Clara war nichts anderes übrig geblieben, als sich allein durchzukämpfen und auf Kosten der anderen Kinder Zeit zu finden, Fifi beim Lesen und Schreiben zu helfen. Niemand konnte ermessen, wie anstrengend es gewesen oder wie undankbar diese Aufgabe ihr erschienen war. Sie hatte drei vollkommene, durch und durch liebenswerte Kinder gehabt, aber die Älteste, die einen ganz besonderen Platz in ihrem Herzen hatte, hatte sie beinahe zum Wahnsinn getrieben und daran gehindert, sich an den drei anderen zu erfreuen.
Mit acht oder neun war Fifi dann langsam stabiler geworden, und mit zehn hatte sie die Kinder ihres Alters endlich eingeholt. Aber es war Clara unmöglich zu vergessen, wie viel Unheil Fifi in jenen frühen Jahren angerichtet hatte. Vielleicht war das der Grund, warum sie immer so streng mit ihr war. Rächte sie sich so unbewusst an ihrer Tochter für all das Unglück und die Sorgen während Fifis früher Kindheit?
Als sie wieder in der Küche war, begann sie zu weinen. Harry würde wütend auf sie sein, wenn er erfuhr, dass Fifi im Bösen wieder fortgegangen war. »Wir sollten ihr schreiben und ihr zu dem Baby gratulieren«, hatte er erst gestern gesagt. »Außerdem ist es höchste Zeit, dass wir Dan akzeptieren. Wenn Fifi ihn liebt, muss uns das genügen.« Clara vermutete auch, dass Harry wegen Dans Verletzungen besorgt sein würde; im Gegensatz zu ihr würde er seinen Schwiegersohn nicht voreilig verdächtigen, mit Gangstern und Schlägern zu verkehren. Aber vor allem würde er entsetzt darüber sein, dass seine Frau Fifi dazu getrieben hatte, in ihrem Zustand Hals über Kopf nach London zurückzukehren.
Kapitel 8
A m Samstagmorgen war Fifi auf dem Weg zum Laden an der Ecke, als sie Molly Muckle auf sich zukommen sah. Sie unterdrückte ein Stöhnen, denn sie war nicht in der Stimmung, mit irgendjemandem zu sprechen, erst recht nicht mit Molly.
Die Zugfahrt zurück nach London war ihr am Vorabend wie eine Ewigkeit vorgekommen, und sie hatte den ganzen Weg über mit den Tränen gekämpft. Bei ihrer Ankunft in Paddington war es fast Mitternacht gewesen, und in der U-Bahn nach Kennington hatte es von Betrunkenen nur so gewimmelt. Sie war vollkommen erschöpft, als sie endlich die Dale Street erreichte. Die Wohnung war heiß und stickig, und durch die geöffneten Fenster kamen später dutzende von Motten hereingeflogen. Je mehr Fifi erlegte, desto mehr flogen in die Wohnung. Zu guter Letzt
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