Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
Sie fühlte sich nicht länger als Teil der Familie, sondern als Besucherin, und als solche musste sie sich denselben Regeln unterwerfen, die für jeden Fremden galten.
»Wie steht ihr beiden, du und Dad, dazu, dass ihr Großeltern werdet?«, fragte Fifi. Tief in ihrem Innern wusste sie, dass es wahrscheinlich unklug war, diese Frage zu stellen, aber sie konnte nicht anders.
»Wie wir dazu stehen?«, wiederholte Clara und wandte sich ruckartig um, um ihre Tochter anzusehen.
»Freut ihr euch, seid ihr wütend, ist es euch egal?«, sagte Fifi schwach.
»Welchen Grund könnte es geben, sich darüber zu freuen? Du lebst in zwei Zimmern, dein Mann hat keinerlei Zukunftsaussichten, und mir kommt es so vor, als wärst du vollkommen verantwortungslos gewesen.«
Fifi hatte sich während der langen Zugfahrt nach Hause vorgenommen, lieb, großzügig und taktvoll zu sein, was immer ihre Mutter ihr auch an den Kopf werfen mochte. Aber auf diese gehässige Bemerkung konnte sie nur mit noch mehr Gehässigkeit reagieren.
»Man könnte auch von dir behaupten, du seist verantwortungslos gewesen, als du trotz des Krieges vier Kinder bekommen hast«, antwortete sie scharf. »Und wenn ich mich nicht irre, haben Dads Eltern euch geholfen, dieses Haus zu kaufen. Wo hättet ihr denn gelebt, wären sie nicht gewesen?«
»Wage es nicht, mir frech zu kommen«, zischte Clara. »Du läufst davon, um einen nichtsnutzigen Handlanger zu heiraten, der weder Verstand noch Erziehung hat, und dann erwartest du von uns auch noch, dass wir uns darüber freuen, wenn du von ihm ein Kind bekommst!«
Die blanke Bosheit in der Stimme ihrer Mutter ließ Fifi zurückprallen. »Er ist nicht nichtsnutzig«, gab sie zurück und erhob sich. »Und er ist ein tüchtiger Maurer, kein Handlanger. Und wenn Erziehung das ist, was dich so abscheulich macht, dann bin ich froh darüber, dass er keine hat.«
»Abscheulich? Ich sage lediglich die Wahrheit, mein Mädchen.«
Es war nur allzu offenkundig, dass Claras Einstellung Dan gegenüber mit der Zeit nicht freundlicher geworden war, und Fifi sah sich gezwungen, aus Loyalität ihrem Mann gegenüber ein klares Wort sprechen zu müssen, selbst wenn es bedeutete, dass sie ihre Familie damit endgültig verlor.
»Oh nein, du sagst keineswegs die Wahrheit«, fuhr sie Clara an. »Du verleihst lediglich deinen dummen Vorurteilen und deinem Snobismus Ausdruck und zeigst damit, wie dumm du bist! Du hast nicht einmal versucht, Dan kennen zu lernen, denn wenn du es getan hättest, hättest du vielleicht herausgefunden, wie sehr du ihm unrecht tust. Nun, ich liebe ihn, ich bin glücklich darüber, dass ich sein Baby erwarte, und da es ein Fehler war, hierherzukommen, werde ich jetzt sofort zu ihm zurückkehren.«
»Sei nicht so voreilig«, rief ihre Mutter ihr nach, als Fifi in den Flur hinauslief und nach ihrer Reisetasche griff. »Du kannst jetzt nicht mehr nach London zurückfahren, es ist zu spät.«
»Du hast Recht, es ist zu spät. Zu spät, um irgendetwas von dem wiedergutzumachen, was du soeben gesagt hast«, gab Fifi zurück, dann öffnete sie die Tür und ging.
Clara Brown stand einen Moment lang im Flur und fühlte sich versucht, hinter ihrer Tochter herzulaufen und sich zu entschuldigen. Sie wusste, dass sie nicht so hätte reagieren dürfen, aber als Fifi am Morgen angerufen und gefragt hatte, ob sie zu Besuch kommen könne, hatte Clara sofort angenommen, die Ehe ihrer Tochter sei in die Brüche gegangen.
Doch sobald Fifi durch die Tür getreten war, hatte sie gewusst, dass dem nicht so war. Von ihrer Tochter waren ein Strahlen und eine Ruhe ausgegangen, die Clara sofort erkannte: Es war die Ausstrahlung, die eine Frau hatte, wenn sie glücklich war und sich geborgen fühlte. Für eine Weile hatten Claras Ängste sich gelegt, aber sobald Fifi ihr von dem Überfall auf Dan erzählt hatte, waren ihre Befürchtungen hundertfach zurückgekehrt.
Vielleicht wusste Dan tatsächlich nicht, wer ihn überfallen hatte, doch sie hielt es für weit wahrscheinlicher, dass er in eine unerfreuliche, vielleicht sogar in eine kriminelle Geschichte verstrickt war. Noch lange bevor sie diesen Mann überhaupt kennen gelernt hatte, hatte sie aus Fifis Erzählungen den Eindruck gewonnen, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Die Geschichte, dass er als Baby ausgesetzt worden sei, klang einfach ungeheuerlich. Sie hielt es für erheblich wahrscheinlicher, dass er seine Jugend in Erziehungsanstalten verbracht und sich eine solche
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