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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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viel passiert.«
    Â»Was meinst du damit?«
    Â»Ich hatte seit neun Monaten nicht mehr mit ihm gesprochen. Es war einfach zu spät dafür. Außerdem wäre das kein Leben für dich gewesen. Mit zwei Teenagern, die so taten, als wären sie Erwachsene. Ich wusste ja, dass im Krankenhaus ein Paar auf dich wartete. Ein Paar, das sich verzweifelt ein Kind wünschte.«
    Â»Und … dann … hast du einfach Tschüss zu mir gesagt?«, stottere ich. Warum hat man keine Erinnerung an seine ersten Tage? Ich würde so gern an diese gemeinsame Zeit zurückdenken können.
    Â»Ja«, erwidert sie. »Zuerst habe ich dich noch einmal gestillt. Dann habe ich dir die Windel gewechselt und ein kleines rosafarbenes Kleidchen übergezogen. Es hatte einen Tunnelzug unten, damit deine Füße warm blieben, aber zur Sicherheit habe ich dir auch noch kleine Schuhe angezogen. Und eine winzige Häkelkappe, passend zum Kleidchen, in Rosa mit weißen Stickereien. Meine Mutter hatte sie für dich gekauft …«
    Ich nicke und sage ihr, dass ich das Kleidchen von einem Foto kenne, dem vermutlich ersten, das meine Eltern von mir geknipst haben. Aber dann wird mir bewusst, dass ich auf dem nächsten Foto, im Auto auf dem Weg nach Hause, etwas anderes anhatte. Sie haben mich also umgezogen. Warum? Hatte ich mich schmutzig gemacht oder wollten sie einen symbolischen Neuanfang mit einem neuen Kleid, so wie sie mir einen neuen Namen gegeben hatten?
    Â»Und dann?«, will ich wissen.
    Â»Und dann … habe ich dir ein Schlaflied vorgesungen, das Einzige, das ich kenne. ›All die hübschen Pferdchen‹.«
    Â»Wie geht das?«
    Sie behauptet, sie könne nicht singen, räuspert sich aber und fängt an: »Schlaf ein, mein Kindchen, weine nicht. Wenn du aufwachst, kommen all die hübschen Pferdchen.«
    Ich atme tief und warte aufgeregt auf den Rest der Geschichte, als wüsste ich nicht längst, wie alles ausgegangen ist.
    Â»Dann bist du endlich eingeschlafen. Ich habe dich zum Abschied noch mal geküsst. Auf die Wangen und das Kinn.« Ihre Stimme bricht. »Ich zwang mich, die Tür aufzumachen und raus auf den Flur zu gehen, wo die Sozialarbeiterin des Krankenhauses mit meiner Mutter redete. Ohne ein Wort übergab ich dich an die Frau und ging zurück in mein Zimmer. Ich wollte nicht miterleben müssen, wie sie mit dir wegging.«
    Ich schaue Marian an. Plötzlich tut mir die junge Frau in der Geschichte leid. Wie ist sie sich wohl vorgekommen, als sie das Krankenzimmer räumte, als sie sich wieder ihre normalen Kleider anzog, als sie ohne Blumen oder Luftballons oder ein Baby aus dem Krankenhaus kam? Dann denke ich wieder an Conrad. Conrad, der keinen blassen Schimmer hat von meiner Existenz.
    Â»Weißt du, wo er jetzt ist?«, frage ich.
    Sie schüttelt den Kopf und sieht schuldbewusst drein, aber noch nicht schuldbewusst genug für meinen Geschmack.
    Â»Du hast nie versucht, ihn zu finden?«
    Sie seufzt und gibt dann zu, dass sie einmal an seinem Haus vorbeigefahren ist, aber da waren die Knights schon weggezogen. Auf dem Briefkasten hatte ein neuer Name gestanden.
    Â»Und Facebook? Google? Irgendwelche Freunde, die etwas über ihn wissen könnten? Du hast nicht ein einziges Mal nach ihm gesucht?«
    Â»Na ja, ich habe im Laufe der Jahre schon ein paarmal versucht, ihn zu finden. Aber ich hatte nie Erfolg. Und ich habe auch keinen Kontakt mehr zu den Leuten aus der Highschool, aber er war sowieso nicht der Typ, der zu Klassentreffen kommt oder mit den Klassenkameraden in Verbindung bleibt.«
    Â»Das ist alles, was du von ihm hast? Nichts? Als wäre er einfach verschwunden?«
    Sie nickt. Wortlos starren wir uns gegenseitig an. Nach längerer Zeit rutscht sie endlich von ihrem Barhocker und umarmt mich, das erste Mal seit damals, als sie mich weggegeben hat. Ich lasse es geschehen, willenlos. Mein einziger Gedanke ist: Wie konntest du nur?

10 – Marian
    Ich muss sie um Verzeihung bitten. Für so viele Dinge. Dafür, dass ich es übers Herz gebracht habe, sie wegzugeben. Dafür, dass ich immer so getan habe, als wäre es nie passiert und als hätte sie nie existiert außerhalb jenes Krankenzimmers, nach diesen drei gemeinsamen Tagen. Dafür, dass ich in meiner Wohnung nie ein Foto von ihr aufgehängt habe. Dafür, dass ich ihr nie Briefe geschrieben habe in all den Jahren, und sei es nur für die

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