Wo die Wahrheit ruht
gerade so spannend, großer Bruder.”
Matt legte den Kopf in den Nacken und lachte gut gelaunt. “Okay, jetzt raus mit der Sprache, was sollen all die Komplimente? Brauchst du Geld? Einen neuen Wagen?”
“Ich brauche überhaupt nichts. Ich sage nur die Wahrheit. Hast du denn die ausgehungerten Blicke nicht bemerkt? Selbst unsere Professorin, Frau Adler, hat dich angestarrt.”
“Frau Adler ist hoffnungslos kurzsichtig.”
“Sie hat eine Laseroperation machen
und
sich die Brüste vergrößern lassen. Hast du es bemerkt?”
Es tat ihm gut, seine Schwester so unbekümmert kichern zu hören. “Jetzt, da du es sagst”, antwortete er verschmitzt. “Sie wirkte irgendwie … üppiger.”
Lucy lachte und legte ihren Arm um seine Schultern, während er den Wagen steuerte. “Wo bist du abgestiegen?”
“Im Centre Bridge Inn.”
“Du weißt, du bist zu Hause immer willkommen, nicht wahr? Denise bat mich extra, dir zu sagen, dass dein altes Zimmer jederzeit für dich bereitsteht.”
“Danke, Luce, aber so ist es mir lieber. Ich kann kommen und gehen, wie es mir gefällt, und muss niemandem Rechenschaft ablegen.”
“Das ist nicht der wirkliche Grund für dein Fernbleiben.”
Um weiteren Erklärungen aus dem Weg zu gehen, überhörte er diese Bemerkung. “Wie wäre es mit einem Lunch?”, fragte er, als er vor dem Everything Goes Café parkte. “Ich sterbe vor Hunger.”
“Wie steht's mit einer Antwort auf meine Frage?”
Einen Moment lang hielt er ihrem Blick stand, dessen Entschlossenheit ihn an ihre Mutter erinnerte. “Okay, wenn du es genau wissen willst – mein Verhältnis zu Denise war nie besonders gut, und was sie Dad angetan hat, verbessert die Lage nicht gerade. Egal, von welcher Seite man es auch betrachtet, sie allein ist schuld an seinem Unglück.”
“Ich bin auch sauer auf sie, Matt, und es wird wohl lange dauern, bis ich ihr verzeihen kann, aber sie bereut es aufrichtig. Manchmal höre ich sie nachts weinen, und ich muss zugeben, es bricht mir fast das Herz.”
Das war typisch Lucy, weichherzig und immer bereit für die Schwachen Partei zu ergreifen. “Das verstehe ich gut. Sie ist all die Jahre lang wie eine Mutter zu dir gewesen. Erwarte aber bitte nicht von mir, dass ich ebenso gnädig bin wie du, das ist alles.”
Doch Lucy ließ nicht locker. Als sie aus dem Wagen stiegen, fragte sie: “Hat Dad dir erzählt, dass sie auf Josh losgegangen ist, als er kam, um ihn zu verhaften?”
“Auf ihn losgegangen? Attackiert? So richtig, mit den Fäusten?”
“Als Josh versuchte, Dad Handschellen anzulegen, hat Denise ihn gegen die Wand gedrückt und geschrien, er solle sich die Handschellen in den Hintern schieben – das waren ihre Worte, nicht meine. Josh war dermaßen eingeschüchtert, dass er die Handschellen zurück in seine Hosentasche gesteckt und Dad befohlen hat, so in den Wagen zu steigen.”
Matt schmunzelte, als er sich die Szene vorstellte. “Eines muss man ihr lassen, die Frau hat Mut.” Er öffnete die Tür zum Café. “Jetzt zu unserem Lunch.”
Obwohl die Mittagspause schon vorbei war, drängten sich noch immer massenhaft Studenten in das hell erleuchtete Café und ließen sich Pommes frites mit Käsesoße sowie Riesenstücke von Lorraines extradickem Apple-Pie schmecken. Glücklich darüber, Matt wiederzusehen, räumte Lorraine in Windeseile einen Tisch für sie ab und reichte ihnen die Speisekarte. “Ich habe ein kleines Carepaket für deinen Dad vorbereitet”, wandte sie sich an Matt. “Ich wollte es eigentlich persönlich vorbeibringen, aber wenn du schon einmal da bist, kannst du es ihm vielleicht mitnehmen. Ist das in Ordnung?”
“Du bist ein Schatz, Lorraine. Danke. Ich bin sicher, Dad wird sich sehr darüber freuen.” Er wartete, bis sie sich entfernt hatte, und fragte dann: “Macht sie das oft?”
“Dad sein Lieblingsessen bringen?” Lucy klappte die Speisekarte auf. “Jeden Tag. Sie vergöttert ihn.” Sie lehnte sich über den Tisch. “Ich glaube, sie hatte ein Auge auf ihn geworfen, bevor Denise auftauchte.”
“Tatsächlich?” Er beobachtete, wie Lorraine ein Tablett auf ihre Schulter stemmte und es quer durch das Lokal trug. “Das habe ich nicht gewusst.”
“Du warst damals in der weiten Welt unterwegs und hast böse Buben gejagt.”
“Wie hat sie es aufgenommen? Dass Denise auftauchte, meine ich?”
“Sie hat sich als gute Verliererin gezeigt und es Denise nicht übel genommen, dass Dad sich in sie verliebte. Im
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