Wo die Wahrheit ruht
Erinnerungsstücke in seinen Bronco gepackt und ist nach Kalifornien gezogen.”
“Wie läuft das Geschäft?”
“Großartig. Die Winzerei bedeutet harte Arbeit, aber er ist glücklich.”
“Wie oft sehen Sie ihn?”
“Ein paarmal im Jahr.” Sie trank ihren Eistee aus. “Was ist mit Ihnen? Wie oft kommen Sie nach Hause?”
“Viel zu selten. Das ständige Unterwegssein macht es schwer, sich häufiger zu sehen.”
“Lucy hat erzählt, Ihr Job sei gefährlich.”
“Lucy macht sich viel zu viele Sorgen.”
Sie lächelte. “Ich verstehe schon, Sie sprechen nicht gerne über das, was Sie tun.”
“Viel lieber würde ich über Sie reden.”
“Habe ich Ihnen nicht schon meine ganze Lebensgeschichte erzählt?”
“Nicht ganz. Was war mit Victor Lorry?”
Sie zuckte die Achseln. “Wie gesagt, er hat keine Lust, mit mir Geschäfte zu machen, das ist alles.”
“Aus einem bestimmten Grund?”
“Er hatte Bedenken, so ein wertvolles Gemälde in den Händen einer ihm unbekannten Person zu lassen. Jetzt ist er beruhigt.”
Sie war eine schlechte Lügnerin. Drei Jahre Profiling-Erfahrung hatten Matt eine Menge über menschliches Verhalten gelehrt. Die Art, wie sie seinem Blick auswich, wie sie nichts mit ihren Händen anzufangen wusste, jetzt, da sie kein Essen mehr vor sich stehen hatte, verrieten ihm, dass deutlich mehr hinter der Geschichte steckte, deren Zeuge er geworden war. Und dass Mr. Lorry alles andere als beruhigt war. Matt würde herausfinden, ob dieser etwas mit dem Mord an Hatfield zu tun hatte oder nicht. Aber er würde es nicht hinter Grace' Rücken tun.
“Ich muss ein Geständnis ablegen”, sagte er und schaute ihr direkt in die Augen.
“Hätte ich mir denken können. Ich langweile Sie zu Tode, und Ihnen ist gerade eingefallen, dass Sie noch etwas erledigen müssen.”
Er lachte. “Danebengetippt. Der Grund, warum mich Ihr Mr. Lorry so brennend interessiert, ist, dass ich ihm nicht über den Weg traue. Wissen Sie, ich war einige Jahre als Sonderermittler in Sachen Kunst- und Antiquitätenfälschung eingesetzt, und da habe ich es mit einer Menge von Hehlern und Kunstdieben zu tun gehabt. Lorry passt haargenau in das Profil.”
Ihr Gesicht wurde ernst. Sie verschränkte die Hände und blickte ihn streng an. “Dann haben Sie also nur vorgegaukelt, sich für meine Arbeit zu interessieren?”
“Ich habe nichts vorgegaukelt.”
“Warum haben Sie mich dann nicht unterbrochen? Warum haben Sie mich immer weiter von der täglichen Routine im Museum erzählen lassen, wenn Sie schon alles darüber wussten?”
“Weil ich Ihnen gerne zuhöre. Es passiert nicht alle Tage, dass ich jemanden treffe, der sich so für seinen Job begeistert.”
Sie schien ein wenig besänftigt zu sein. “Werden Sie Lorry durchleuchten?”, fragte sie nach einer Weile.
“Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich es täte?”
“Nein …”
“Na, du alter Gauner”, rief jemand hinter ihm. “Wenn das nicht mein alter Freund Matt ist.”
Matt blickte über die Schulter und grinste, als George Renchaw, inzwischen geschätzter Bürgermeister von New Hope, an ihren Tisch trat. Unter seinem aufgeknöpften Jackett wölbte sich ein stattlicher Bauch, den er den großartigen Kochkünsten seiner Frau verdankte. Obwohl er schon alle erdenklichen Diäten ausprobiert hatte, war seinem Kampf gegen die überflüssigen Pfunde kein nachhaltiger Erfolg beschieden.
“George, altes Haus. Schön, dich zu sehen.” Matt stand auf und schüttelte seinem Freund die Hand. Dann trat er beiseite. “Hast du schon Grace McKenzie kennengelernt?”
Der routinierte Politiker setzte ein strahlendes Lächeln auf, als er Grace' Hand ergriff. “Bisher hatte ich noch nicht das Vergnügen, aber ich habe schon viel von Ihnen gehört, junge Frau. Ich bin Bürgermeister Renchaw.”
“Sehr erfreut.”
“Man hat mir erzählt, was Ihnen am ersten Abend in unserer Stadt widerfahren ist”, fuhr er fort. “Ich möchte Ihnen versichern, dass unsere Polizeikräfte alles daransetzen, den Täter zu finden.”
“Vielen Dank, Mr. Renchaw. Das weiß ich zu schätzen.”
“Ich hoffe, Sie denken jetzt nicht, so etwas sei in New Hope an der Tagesordnung. Denn das ist es nicht. Matt wird Ihnen das bestätigen. Das hier ist eine friedliebende, gesetzestreue Gemeinde, der das Wohlergehen aller Bürger und der netten Menschen, die unsere kleine Stadt besuchen, am Herzen liegt.”
“Schon gut, George, Schluss mit dem Politikergeschwafel”, sagte
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