Wo die Wahrheit ruht
Geschäft.”
“Was meinen Sie damit?”
Er machte eine ausholende Handbewegung. “Das alles hier gehört doch nun Ihnen, nicht wahr?”
Sie wollte ihn nicht länger anlügen. “Nur, falls ich die Erbschaft annehme. Was ich, nur zu Ihrer Information, jedoch nicht vorhabe.”
Er musterte sie einen Augenblick lang, als ob er sie mit ganz neuen Augen sähe. “Sie wollen die Galerie ausschlagen?”
“Stimmt genau.”
“Aber warum sind Sie dann überhaupt hier und kümmern sich ums Geschäft?”
“Weil Steven vorausgesehen hatte, dass ich die Erbschaft ablehnen würde, hat er mich gebeten, vor einer endgültigen Entscheidung eine Woche hier zu verbringen.”
“Was wollte er damit bezwecken?”
“Er hoffte, ich würde meine Meinung ändern.”
“Doch das haben Sie nicht getan?”
“Nein, Matt, das habe ich nicht. Ich liebe nun mal meinen Job. Und falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte, diese Stadt scheint etwas gegen mich zu haben. Seit meiner Ankunft stolpere ich von einem Unglück ins andere.”
“Sie wissen, was Sie da ablehnen?”
“Sicher.” Sie seufzte. “Wobei mir einfällt, ich muss die Fälschung der Polizei melden.” Sie rückte einen Stapel Kunstkataloge auf dem Schreibtisch gerade. “Das wird für Sarah ein harter Schlag. Sie hat immer gewusst, dass ihr Sohn kein Heiliger war – aber ein Betrüger, der mit gefälschter Kunst handelt? Wie soll sie das ihrer Bridgegruppe beibringen?”
“Ist es möglich, dass Steven nichts von den Fälschungen gewusst hat?”, fragte Matt und wiederholte damit den Einwand des Professors.
“Das habe ich mir auch eingeredet, doch dann …” Sie biss sich auf die Unterlippe. Wollte sie ihm
alles
anvertrauen?
Matt kniff die Augen zusammen. “Doch dann?”
Sie holte tief Luft. “Ich habe eine viertel Million Dollar und einen Revolver gefunden, die in Stevens Küchenschrank versteckt waren.”
Er pfiff leise durch die Zähne. “Ich nehme an, so viel Geld hat er nicht mit Bildern von regionalen Künstlern verdient.”
“Nein.”
“Also muss das Geld, das Sie gefunden haben, aus einer anderen Quelle stammen.”
Grace nickte.
“Ich tippe auf Erpressung. Es sei denn, Sie können ausschließen, dass Steven dazu fähig wäre.”
“Ich weiß nur, dass Steven Geld und alles, was man damit kaufen kann, sehr viel bedeutet hat. Er musste sich nie Sorgen darum machen, bis ihm seine Mutter jegliche finanzielle Unterstützung gestrichen hat. Selbst nach ihrer Versöhnung war sie nicht mehr so großzügig wie früher.”
“Wann hat sie den Geldhahn zugedreht?”
“Schon vor langer Zeit, als Steven beschlossen hatte, die Kunst zu seinem Beruf zu machen, statt in die Politik zu gehen, wie alle Männer seiner Familie. Steven hasste es, ohne den gewohnten Luxus auskommen zu müssen, daher ist nicht auszuschließen, dass er sich mit Betrügereien ein Zusatzeinkommen verschafft hat.”
“Ebenso denkbar ist, dass Lorry, der alles daransetzen würde, seine Fälschung zurückzuholen, der Mann ist, der Sie an ihrem ersten Abend in der Galerie angegriffen hat.”
“Was mir nur noch einen weiteren Grund liefert, die Erkenntnisse des Professors endlich der Polizei zu melden”, sagte sie und hob den Telefonhörer ab.
Matt berührte ihren Arm. “Bevor Sie anrufen, würden Sie mir einen Gefallen tun?”
“
Noch
einen Gefallen?” Sie entspannte sich ein wenig. Ari hatte recht. Matt war wirklich ein sehr sympathischer Mann. “Ich sollte wohl besser eine Liste anlegen.”
“Ich revanchiere mich dafür.”
“Ich nehme Sie beim Wort. Was soll ich tun?”
“Ich würde gern mit Lorry reden.”
“Bevor es Nader tut?”
“Ich glaube nicht, dass Josh die richtigen Fragen stellt.”
Grace legte den Hörer zurück auf die Gabel. “Glauben Sie wirklich, dass Lorry sich bereit erklärt, mit Ihnen zu reden? Sie beide haben sich nur kurz gesehen, und sein Misstrauen gegen Sie war förmlich mit Händen zu greifen.”
“Das weiß ich. Doch ich habe da so eine Idee.”
20. KAPITEL
M att hatte seinen Plan so einfach wie möglich gehalten. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, dass Grace in Gefahr oder in Konflikt mit dem Gesetz geriet. Er traute Josh durchaus zu, Grace Schwierigkeiten zu machen, nur weil sie Matt, seinem Erzfeind, geholfen hatte.
Grace hatte Lorry zuvor angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie das Gemälde doch noch an Stevens Kaufinteressenten verkaufen konnte. Nicht zu dem Preis, den sie erhofft hatte, aber für eine
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