Wo die Wahrheit ruht
entlang. “Wo?”
“Auf dem Parkplatz vor der Kirche.”
“Was haben Sie dort gemacht?”
“Ich habe Pastor Donnelly besucht. Ich wollte ihn bitten, mit Bernie zu reden, um ihn davon zu überzeugen, eine Weile von der Bildfläche zu verschwinden. Die Erfolgsaussichten waren gering, ich weiß, aber ich musste es einfach versuchen. Ich bin dann jedoch nicht dazu gekommen, ihn um irgendetwas zu bitten.” Sie erzählte Matt, wie sie Bernie aus der Kirche hatte rennen sehen, und dass Pastor Donnelly Bernies Anwesenheit hartnäckig bestritten hatte.
“Sind Sie sich sicher, dass es Bernie war?”
“Jetzt fangen Sie auch noch damit an …”, erwiderte sie ungeduldig. “Ja, ich bin mir absolut sicher. Es war Bernie. Etwas hat ihm in der Kirche Angst eingejagt, Matt. Deshalb ist er weggerannt.”
“Vielleicht hat er Sie oder Ihre Stimme nicht erkannt.”
“Ausgeschlossen, er musste wissen, wer ich war.”
Matt nahm ihren Arm. Langsamen Schrittes setzten sie ihren Weg fort. “Warum machen Sie sich solche Sorgen um Bernie?”, fragte er einige Augenblicke später. “Er ist erwachsen, gescheit, unabhängig und scheint wunderbar zurechtzukommen.”
“Ich weiß nicht, wie ich diese Frage beantworten soll. Es stimmt, was ihn betrifft, bin ich ein wenig überbesorgt. Vielleicht weil er außer Steven keine Freunde gehabt hat und jetzt, da Steven tot ist, wieder ganz alleine dasteht. Möglicherweise hat es auch etwas mit den Geschehnissen am Fluss zu tun. Man sagt, wenn man jemandem das Leben rettet, ist man für immer für ihn verantwortlich.”
“Wegen Überalterung ist dieser Spruch längst reformiert worden.” Matts Stimme klang beruhigend und gelassen. “Die Worte 'verantwortlich' und 'für immer' wurden gestrichen.”
“Das haben Sie sich nur ausgedacht.”
“Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie zeigen mir, wo Sie
Ihren
Spruch gelesen haben, und ich zeige Ihnen, wo ich die geänderte Fassung gefunden habe. Abgemacht?”
“Sie sind verrückt.”
Grace noch immer untergehakt, machte Matt plötzlich auf dem Absatz kehrt.
“Was tun Sie? Wohin gehen wir?”
“Ich will nicht, dass Sie wegen Bernie eine schlaflose Nacht haben. Deshalb setzen wir Ihren Plan in die Tat um. Wir gehen und reden mit Pastor Donnelly.”
Die Anspannung der letzten vierundzwanzig Stunden fiel langsam von ihr ab. “Ich danke Ihnen.”
Der immer noch menschenleere Parkplatz schien Grace nun viel weniger bedrohlich, da sie Matt an ihrer Seite wusste. Und wer auch immer ihr aufgelauert haben mochte, war längst verschwunden.
“Ist das die Tür, die Sie genommen haben?”, fragte Matt, als sie sich dem Seiteneingang näherten.
“Ja. Bernie hat sie offen stehen lassen, und so bin ich einfach reinspaziert.”
Matt drückte die Klinke herunter. “Pastor Donnelly muss sie abgeschlossen haben. Wir nehmen den Eingang an der Main Street.”
In der Kirche war es noch genauso still wie vor einigen Minuten, doch zu zweit empfand Grace die Stille nicht mehr so bedrückend.
“Pastor!” Matts Stimme hallte laut von den Wänden wieder. “Pastor, hier ist Matt Baxter. Ich muss mit Ihnen reden …”
Sie unterbrach ihn. “Er betet”, sagte sie und deutete auf den vor dem Altar knienden Pastor Donnelly. “Wir sollten ihn wohl besser nicht stören.”
“Bleiben Sie hier.” Matts Ton hatte sich schlagartig verändert.
“Warum? Was ist los?”
“Das weiß ich noch nicht.” Er schob sie zurück und näherte sich dem betenden Mann.
Matts Anweisung ignorierend, folgte ihm Grace auf den Fersen und blieb hinter ihm stehen.
Sie öffnete den Mund, aber kein Ton kam über ihre Lippen.
Seinen Kopf im Gebet geneigt und die Hände gefaltet, kniete Pastor Donnelly. nieder.
In seinem Rücken steckte ein Messer.
31. KAPITEL
M it grimmiger Miene musterte der Polizeichef von New Hope den leblosen Körper von Pastor Donnelly. Noch immer verharrte dieser, den Oberkörper von einem vergoldeten Geländer gestützt, in seiner Gebetshaltung. Zwei Polizeibeamte hatten den Tatort abgesperrt, während Rob Montgomery sich draußen auf der Straße alle Mühe gab, die wachsende Menge zu beruhigen.
Einige Sekunden später näherte sich Josh Nader Grace und Matt. Matt hatte einen schützenden Arm um Grace' Schultern gelegt, und sie war dankbar für den Trost und die Sicherheit, die dieser Arm ihr boten.
“Wie ich höre, habt ihr beide ihn gefunden”, sagte Nader mit einem sarkastischem Unterton in der Stimme.
“Das stimmt”, antwortete
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