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Wo die Wahrheit ruht

Wo die Wahrheit ruht

Titel: Wo die Wahrheit ruht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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er wieder. “Josh Nader würde mir nicht glauben.”
    “Warum nicht?”, fragte Grace.
    “Weil das, was ich zu sagen habe, für die Leute nicht leicht zu akzeptieren sein wird. Sie werden sagen, dass ich mir das alles nur ausgedacht habe. Sie denken ja jetzt schon, dass ich die Geschichte mit dem grünen Pick-up, der mich in den Fluss gedrängt hat, erfunden habe. Josh Nader hat meiner Schwester erzählt, die grünen Lackspuren könnten genauso gut alte Schrammen sein. Die Beulen, meint er, könnten auch vom Sturz die Böschung hinunter stammen.”
    “Wenn Sie mir die Wahrheit verraten”, sagte Matt, “werde ich dafür sorgen, dass der Polizeichef Ihnen glaubt.”
    “Danke.”
    “Wissen Sie, wer Steven umgebracht hat, Bernie?”
    “Nein, aber …” Er lehnte sich in den Sitz zurück, “Ich bin mir ziemlich sicher, dass es dieselben Männer sind, die Felicia entführt haben.”
    Matt richtete sich auf. “
Männer
? Wie viele waren es?”
    “Zwei.” Bernie holte tief Luft. “Ich sollte besser am Anfang beginnen.”
    Bernie starrte einige Augenblicke schweigend vor sich hin, dann ließ er die Bombe platzen. “Pastor Donnelly ist ein Kinderschänder.”
    Grace stockte der Atem. Wie Bernie es vorhergesagt hatte, war ihr erster Impuls, ihm nicht zu glauben. Während der letzten Jahre waren zwar viele Missbrauchsgeschichten aus Kirchenkreisen ans Tageslicht gekommen und hatten der Kirche jede Menge schlechter Presse beschert. Priester hatten ihr Amt niederlegen oder sich vor Gericht verantworten müssen oder beides.
    Aber Pastor Donnelly
?
    Sie schaute zu Matt hinüber und sah, dass es auch ihm schwerfiel, Bernies Enthüllung Glauben zu schenken.
    “Das ist eine ernste Anschuldigung, Bernie”, sagte er. “Können Sie einen Beweis dafür liefern?”
    “Mich”, antwortete er flüsternd. “
Ich
bin der Beweis. Pastor Donnelly hat mich monatelang sexuell missbraucht, bevor ich der Sache endlich ein Ende setzen konnte.”
    Grace presste die Hand an ihre Brust. “Oh, Bernie.”
    “Ich war damals dreizehn.” Er klang resigniert, sprach jedoch mit fester Stimme. “Meine Mutter war bereits krank. Ich wusste, sie würde sterben, und ich fühlte mich so hilflos und verloren. Der Priester war für mich da. Zu Anfang war er mir ein großer Trost. Er war freundlich, er gab mir Kraft und linderte meinen Schmerz, bis eines Tages seine Art, mir Trost zu spenden, eine neue Richtung einschlug.”
    Grace spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Matt zeigte keine Regung.
    “Als ich versuchte, ihn davon abzuhalten”, fuhr Bernie fort, “sagte er mir, dass alles in Ordnung sei, dass er mir nur helfe, mit der Krankheit meiner Mutter fertig zu werden. 'Lass es einfach geschehen', sagte er immer wieder. 'Vertrau mir'. 'Du vertraust mir doch, nicht wahr, Bernie?' Er wiederholte die Worte immer und immer wieder, bis ich glaubte, dass alles, was er tat, nur zu meinem Besten wäre. Gleichzeitig schämte ich mich und fühlte mich hin und her gerissen. Hin und her gerissen, zwischen dem Bedürfnis, mich jemandem anzuvertrauen, und der Furcht davor, einen Mann zu verraten, dem ich immer vertraut hatte.” Er senkte den Kopf. “Schließlich entschied ich mich, den Mund zu halten.”
    “Wie lange ist das so weitergegangen?”, fragte Matt.
    “Mehrere Monate.”
    “Erzählen Sie mir, was Sie an dem Abend, als Felicia verschwand, gesehen haben.”
    “Ich habe Pastor Donnelly bei den Vorbereitungen für das Frühlingsfest geholfen. Der Bürgermeister hatte uns die Benutzung des Freigeländes draußen an der Grenze zum nächsten County gestattet. Wir standen gerade in der Erfrischungsbude. Es war spät, und ich wollte nach Hause, aber Pastor Donnelly wollte mir noch seine Anerkennung für meine gute Arbeit auf seine – wie er es nannte – 'ganz persönliche Weise' zeigen. Da habe ich sie gesehen.”
    “Felicia?”
    Er nickte. “Ich blickte aus dem Fenster und sah, wie sie mit einer Taschenlampe in der Hand die Straße entlangging. Der Pastor stand direkt neben mir. Er hat sie auch gesehen.”
    “War sie allein?”
    “Ja, aber kurz darauf fuhr ein Wagen vorbei. Zuerst sah es so aus, als würde er nicht anhalten. Doch dann setzte er zurück. Ein Mann sprang vom Beifahrersitz und packte sie. Sie fing an zu schreien, aber er hielt ihr den Mund zu. Dann ist der Wagen davongerast.”
    “Hast du den Mann erkannt? Oder den Fahrer?”
    Er schüttelte den Kopf. “Es passierte alles so schnell, und ich war viel zu verängstigt.

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