Wo die Wahrheit ruht
Kirche, den Mord an Steven und den Anschlag auf mein eigenes Leben. Und endlich wurde mir klar, dass ich die Wahrheit ans Licht bringen musste – egal, welche Konsequenzen dann auf mich zukommen würden. Das war auch der Grund, warum ich heute Abend bei Pastor Donnelly war. Ich wollte ihm sagen, was ich vorhatte, und ich wollte es ihm erklären.”
“Wie hat er es aufgenommen?”
“Gar nicht gut. Er hat mich bekniet, mir vor Augen zu führen, welches Leid ich ihm, meiner Schwester und der katholischen Kirche bereiten würde. Ehrlich gesagt, hat mich seine Reaktion eher enttäuscht als wütend gemacht. Ich dachte, er würde es verstehen, würde mein Leid nachempfinden können. Aber er hat sich nur um seinen eigenen und den guten Ruf der Kirche gesorgt.”
“Aus welchem Grund sind Sie denn dann weggerannt?”, fragte Grace.
“Ich sah jemanden aus dem Beichtstuhl treten. Ich wusste, dass er alles mit angehört hatte. Da hat mich die Angst gepackt und ich bin losgerannt.”
“Mann oder Frau?”, fragte Matt schnell.
“Ein Mann, glaube ich, aber es war zu dunkel, um es mit Sicherheit sagen zu können.”
“Sie haben großes Glück gehabt”, sagte Grace.
“Ich weiß.” Bernie schaute ihnen nacheinander in die Augen. “Ich will nicht länger davonlaufen.”
“Das brauchen Sie auch nicht mehr”, erwiderte Matt. “Der Plan lautet wie folgt …”
33. KAPITEL
E s war keine leichte Aufgabe gewesen, Bernie davon zu überzeugen, in den Plan einzuwilligen. In die Decke gehüllt und mit ernster Miene hatte er sich Matts Plan – oder vielmehr einen Teil des Planes – angehört und den Kopf geschüttelt. Es hatte Matt weitere zwanzig Minuten gekostet, ihn davon zu überzeugen, dass das Polizeirevier im Moment der sicherste Ort für ihn sei und dass sie die Killer nur würden fangen können, wenn er sich in Polizeigewahrsam begab.
Josh war noch ein viel härterer Brocken. Grace beobachtete ihn aufmerksam, während Bernie ihm seine ganze Geschichte erzählte. Fassungslosigkeit und Ungläubigkeit spiegelten sich im Gesicht des Polizeichefs, als er hörte, dass der Pastor ein Kinderschänder gewesen sein sollte. Als Bernie seine Fragen beantwortet und die Aussage unterzeichnet hatte, wies Josh Nader einen seiner Mitarbeiter an, Bernie in Gewahrsam zu nehmen. Dann hörte er sich Matts Plan an.
Als Matt geendet hatte, wirkte der Polizist noch immer nicht überzeugt. “Du verlangst von mir zu glauben, dass ein Mann, den eine ganze Gemeinde fast ein Vierteljahrhundert lang verehrt hat, ein
Kinderschänder
war? Da kannst du mir genauso gut einreden, dass der Mond aus Wackelpeter besteht.”
“Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Priester sein Gelübde verletzt hat, und es wird leider auch nicht das letzte Mal gewesen sein.”
“Aber Donnelly? Hast du gesehen, was vor der St. Peter's Church los war? Zweihundert Menschen sind zur Gedenkwache erschienen. Bernie kann von Glück sagen, wenn sie nicht hier reinstürmen, um ihn zu lynchen.”
Wie um den Worten seines Chefs Nachdruck zu verleihen, kam sein Stellvertreter Rob Montgomery ins Zimmer gestürmt: “Da draußen wartet die Presse, Chef. Die Journalisten wollen mit Ihnen reden.”
“Es ist zehn Uhr abends, verdammt. Ich verschwinde jetzt nach Hause.”
Matt schüttelte den Kopf. “Die Meute wird sich nicht eher trollen, bis du mit ihnen geredet hast, Josh. Je eher du es hinter dich bringst, umso schneller bist du sie wieder los.”
“Was zum Teufel soll ich ihnen denn sagen?”
“Gib ihnen eine verkürzte Version der Wahrheit. Bernie sei wegen Mordverdacht festgenommen worden. Das Motiv sei aber noch unklar.”
“Und du meinst, das wird reichen?”
“Das verschafft dir erst mal Luft, der Presse ihre Schlagzeilen und wiegt die Mörder in einem trügerischen Gefühl der Sicherheit. Denk dran”, fügte Matt hinzu, “Es ist deine Show, nicht ihre. Lass Fragen zu, aber beantworte nur die, die du auch beantworten willst. Wenn es unangenehm wird, geh.”
Einen Moment lang hatte Grace den Eindruck, der Polizeichef würde Matt bitten, ihn nach draußen zu begleiten. Doch nach kurzem Zögern ging er zur Tür.
“Es scheint ihm unangenehm zu sein”, bemerkte Grace, als sie mit Matt ans Fenster trat.
“Er ist es nicht gewohnt, im Scheinwerferlicht zu stehen”, erwiderte Matt. “Mein Vater war es ebenso wenig. Doch wenn es gefordert war, hat er immer Nervenstärke bewiesen. Joshs Verhalten überrascht mich. Ich hätte ihm mehr Schneid
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