Wo die Wasser sich finden australien2
eifersüchtig zuschauten.
»Ach, die ist ganz nah, Dirty. Ganz nah.«
Aber Dirty war schon weg und bediente am anderen Ende der Theke den nächsten Kunden.
Tom senkte den Blick in den dunklen Spiegel seiner Cola.
Er war in Sally Carter verknallt. Rebeccas Freundin. Als würde er Dirty das auf die Nase binden.
Als Teenager hatte er in Becs Zimmer nach einem Brief oder einem ausgeliehenen Pulli gesucht. Irgendwas. Irgendwas von Sal. Nachdem sie die Wochenenden in Waters Meeting verbracht hatte, hatte Tom die Laken des Gästebetts nach ihren glänzenden, geraden Haaren durchsucht. Er hatte seine Wange auf das Kissen gelegt, auf dem sie geschlafen hatte, und die Erektion in seiner Jeans gespürt. »Perversling«, hatte er sich selbst gescholten.
Auf Zehenspitzen war Tom durch die Gänge des alten Hauses geschlichen. Hatte sich hinter Türen versteckt. Gelauscht. Und versucht zu hören, ob Sally ihn erwähnte. Ein paar Mal hörte er seinen Namen aus ihrem Mund, aber jedes Mal war er an ein weiteres Wort geknüpft wie »der schüchterne Tom«. »Der kleine Tom.« »Der stille Tom.« Ein einziges Mal hatte sie »der süße kleine Tom« gesagt, und sein Herz hatte einen Schlag ausgesetzt, aber als sie ihn beim Abendessen mit der Familie komplett ignoriert und mit Mick geflirtet hatte, war es ihm wieder in die Hose gesunken.
Er kippte den restlichen Rum. Der total neurotische Tom, dachte er und knallte das leere Glas auf die Theke. Er hasste sich dafür, dass er immer noch von dem kurzen Kuss träumte, den sie im staubigen Halbdunkel des Schuppens auf seine siebzehnjährigen Lippen gedrückt hatte.
Er hasste sich dafür, dass er einfach nicht loszukommen schien.
»Diesmal Rum auf Eis, danke, Dirty«, sagte Tom.
»Jetzt wird’s ernst, wie?« Dirty nahm das Glas von der Theke.
Aus der Menge kamen Mick und Trudy Arm in Arm angestolpert. Als Trudys Toms leeres Gesicht sah, löste sie sich von Mick. Sie rückte den blassrosa Kragen ihres Hemdes gerade und zog es glatt. Dann strich sie über ihr korrekt
geschnittenes Haar und nestelte an der silbernen Gliederkette um ihren Hals.
»Amüsierst du dich?«, schrie sie über den Lärm hinweg.
»Und wie.«
»Tommo, mein Freund.« Mick schlug seinem Bruder auf die Schulter und beugte sich an sein Ohr. »Ich hab’s geschafft. Sie hat mich gefragt, ob ich heute bei ihr übernachten will. Schätze, du kannst mich morgen Früh abholen kommen.«
Mick zwinkerte und war gleich darauf verschwunden.
2. Teil
Kapitel 5
Rebecca gehörte nicht zu den Mädchen, die oft Zeit hatten, sich die Nägel zu lackieren, oder auch nur Wert darauf legten. Doch sie hatte das Gefühl, dass dieser Abend ein besonderer werden würde. Die tanzenden, glänzenden Nägel, die sich um den Henkel des Eimers schlossen, schienen einer Fremden zu gehören. Im Eimer schwappten körperwarme Schafsinnereien. Ein weißer Kakadu kreischte auf dem Eukalyptusbaum, auf den die Sonne gnadenlos schien. Die knorrigen alten Glieder des Baumes hingen träge über dem knarrenden Blechdach des Schlachtschuppens. Rebecca blinzelte gegen die Nachmittagssonne, sah zu dem Vogel auf und nahm dann ihre ganze Kraft zusammen. Der Schweineeimer war immer extrem schwer, wenn er bis zum Rand gefüllt war. Angestrengt hob sie ihn vorn auf das Quad. Die Innereien schwabbelten wie Gelee und gaben leise Schmatzlaute von sich. Die Stimme ihres Dads kam ihr in den Sinn: »Reiß dir nicht die vier Buchstaben auf, wenn du das hebst, Rebecca.« Sie versuchte ihn aus ihrem Kopf zu verbannen. Seit zehn Monaten hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Inzwischen lebte sie auf Blue Plains, verdiente achtzig Mäuse pro Tag und das bei freier Verpflegung.
Sie musste an den Tag denken, an dem sie das erste Mal auf die Station gefahren war. Trotz der Hitze hatten sich alle Härchen auf ihren Armen aufgestellt, als der Subaru über den breiten Rost geholpert war und sie zu dem weiß glänzenden Schild aufgeblickt hatte, auf dem »Blue Plains – AR Co« stand. Während sie die Zufahrt entlangrollte, hatte sie sich die Weiden, die Zäune und das Viehtränkensystem mit den auffälligen Windrädern und riesigen Betontanks angesehen.
»Ich wette, ich werde auf Wasserpatrouille gehen und auf diese verfluchten Dinger klettern müssen«, sagte sie zu sich.
Als sie über eine Anhöhe kam, sah sie im Osten einen gelben Bulldozer, der sich auf einer fernen Koppel einen riesigen Erdhügel hinaufmühte. Schwarzer Qualm wölkte sich aus dem hochstehenden
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