Wo die Wasser sich finden australien2
Cover von Woman’s Day konzentrierte, wenn sie etwas sagte. Ein Blick auf ihn, dachte Bec, und sie würde vor Lachen platzen und Sconeskrumen über den Resopaltisch sprühen.
Während der ganzen Unterhaltung setzte sich Mrs Lewis kein einziges Mal zu ihnen an den Tisch. Stattdessen bewegte sie sich wie auf Autopilot durch die Küche und bereitete allem Anschein nach bereits das Abendessen vor.
»Können wir Ihnen wirklich nicht helfen?«, fragte Rebecca erneut.
»Nein. Nein, meine Liebe. Es geht schon, vielen Dank.«
Zu Rebeccas Erleichterung sprang Charlie von der Bank auf und erklärte: »Dann gehen wir jetzt Dad suchen … und ich zeige Rebecca dabei die Farm.«
»Vielleicht möchte sie die Farm gar nicht sehen, Charlie. Vielleicht möchte sie sich lieber etwas ausruhen. Es war eine lange Fahrt.«
»Nein! Nein. Ich würde gern raus. Und die Farm sehen«, ergänzte Rebecca und schoss dabei verdächtig schnell aus ihrem Stuhl, dass die Stuhlbeine übers Linoleum schabten.
Im Pick-up fuhren sie über das Gehöft, an riesigen, im Wind stöhnenden Scheunen mit Pultdach und turmhohen Silos vorbei. Sie sah sich zwischen den Gebäuden um.
»Wo sind eure Hunde?«
»Dad duldet keine Hunde. Früher hielten wir ein paar Schafe, aber die hat er verkauft und die Zäune niedergerissen. Der Scherstall ist jetzt mit Blech ausgelegt und wird als Getreidelager genutzt.«
»Keine Pferde?«
Charlie schüttelte den Kopf.
Nach ihren nächsten beiden Fragen: »Wo sind die Bäume?« und »Gibt es hier einen Fluss, in dem man schwimmen kann?«, war die Begeisterung auf Charlies Gesicht verflogen, und es war still in der Fahrerkabine geworden. Sie wusste, dass sie ihn verletzt hatte, und gab sich darum alle Mühe, ihn wieder aufzumuntern.
»Der Himmel ist hier draußen so schön und groß.« Sie beugte sich gebückt vor und blickte durch die Windschutzscheibe in das weite Blau auf. Er sah sie an und lächelte dünn.
Vor ihnen rumpelte ein riesiger Deutz-Traktor mit breiter Stangensprühanlage zwischen den Baumwollpflanzen auf und ab.
»Ich schätze, das ist dein Dad.«
»Da schätzt du richtig«, war Charlies knappe Antwort.
Nachdem der Traktor endlich tuckernd zum Stehen gekommen war, öffnete Mr Lewis die Kabinentür und kletterte langsam heraus. Er zog die Hose unter dem runden Bauch hoch und blieb einfach stehen, die Arme vor der breiten Brust verschränkt. Dann sah er Charlie an und nickte.
»Sohn.«
»Hi, Dad«, sagte Charlie.
Als Nächstes tastete Mr Lewis’ Blick Rebecca ab. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Er blieb wortlos stehen. Und wartete.
»Ähm. Dad«, durchbrach Charlies Stimme das Schweigen. »Das ist meine … Freundin … Rebecca.«
Rebecca trat lächelnd einen Schritt vor und streckte die Hand aus.
»Hallo«, sagte sie fröhlich.
Mr Lewis schüttelte ihre Hand, aber Rebecca war sicher, einen leichten Widerwillen auf seinem roten, runden Gesicht zu erkennen.
Beim Essen wechselte Mr Lewis kaum ein Wort mit
Rebecca und brachte die Zeit hauptsächlich damit zu, auf alle Politiker zu schimpfen, die in den Nachrichten auftauchten. Mit Charlie redete er noch weniger. Rebecca saß beklommen da und ließ die Erbsen über ihren Teller kullern.
»Noch ein Glas Wasser?«, fragte Mrs Lewis lächelnd.
»Danke. Gern.«
Rebecca war erleichtert, als das Essen überstanden war und sie den Raum verlassen konnte, um die Teller in die Küche zu tragen.
Als Rebecca und Charlie gemeinsam an der Spüle standen und abwuschen, flüsterte er ihr zu: »Alles okay?«
Bec lächelte freundlich und küsste die Luft zwischen ihnen, als wollte sie sagen: »Ich liebe dich, selbst wenn deine Eltern total den Zeiger haben.«
Als Mrs Lewis Rebecca ins Gästezimmer führte und ihr erklärte, dass sie sich eines der beiden schmalen Betten aussuchen könne, fiel Becs freundliches Lächeln endgültig in sich zusammen. Sie und Charlie wohnten praktisch seit einem Jahr zusammen. Das musste Mrs Lewis doch wissen. Warum also getrennte Zimmer?
Verdrossen zerrte Bec ihren einzigen Pyjama, den sie nie anzog, aus ihrer Reisetasche und schlüpfte wie ein muffiges Kind hinein. Im Bett kratzten die Laken an Becs Haut. Zu viel Waschmittel, dachte sie und ohrfeigte sich dann im Geist, weil sie so überempfindlich war. Als sie das Licht ausschaltete und versuchte, in dem fremden, dunklen Zimmer die Augen zu schließen und einzuschlafen, musste sie feststellen, dass sie sich nach Charlie und seinem nackten, warmen Körper sehnte. Sie wusste,
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