Wo die Wuerfel fallen
in der Gelehrtensprache Latein. Das Buch gab Anlass für den Inquisitionsprozess, den die römische Kirche gegen Galilei anstrengte, obwohl er über beste Beziehungen zu Papst Urban VIII. verfügte. Galilei schwor wider besseres Wissen am 22. Juni 1633 dem heliozentrischen Weltbild ab und murmelte angeblich beim Verlassen der Gerichtsversammlung: »Eppur si muove – und sie bewegt sich doch.« Er meinte die Bewegung der Erde, die aber nach dem von der Kirche festgeschriebenen ptolemäischen Weltbild unbeweglich im Zentrum des Universums stand. Trotz seines Einlenkens wurde Galilei infolge des Prozesses für den Rest seines Lebens unter Hausarrest gestellt.
|107| Der Mensch ist des Menschen Wolf
Thomas Hobbes:
Leviathan
(1651)
Der Engländer Thomas Hobbes (1588 – 1679) galt als Wunderkind, genoss eine gründliche Erziehung und war zeitlebens als Hauslehrer der Grafen von Devonshire, der Familie Cavendish, tätig, was ihm Zugang zu den entsprechenden Kreisen sowie ausgedehnte Reisen in Europa ermöglichte. Hobbes war kurzzeitig Sekretär von Francis Bacon, kannte Männer wie Galilei und Descartes persönlich. Zu seiner Zeit herrschte in England der katholische König Karl I. (1600 – 1649). Er führte ein »absolutistisches« Regime, was vor allen Dingen hieß: ohne Parlament. Allein dies brachte schon viele Engländer gegen ihn auf. Da der Katholik Karl I. zudem versuchte, die Sache des Katholizismus gegen die puritanisch-calvinistische Mehrheit im Land wieder voranzubringen, kam es zum Bürgerkrieg. Karl war der erste König, der per Gerichtsverfahren zum Tode verurteilt und enthauptet wurde.
In Anbetracht dieser chaotischen Zustände forderte Hobbes in seinem Hauptwerk
Leviathan
die Konzentration aller staatlichen Gewalt beim König. Hobbes glaubte nicht an das Gute im Menschen, sondern sah, wie sich die Menschen »im Naturzustand« gegenseitig bekämpften, »jeder gegen jeden« –
homo homini lupus,
der Mensch ist des Menschen Wolf. Hobbes bezeichnete diesen Zustand als
Bellum omnium contra omnes,
als Krieg aller gegen alle. Aufgabe des Souveräns müsse es sein, die Menschen voreinander zu schützen. Zu diesem Zweck sollten die Untertanen ihre Souveränitätsrechte dem Herrscher übertragen. Dieser »Gesellschaftsvertrag« ist das Fundament des staatlichen Gewaltmonopols, das bis heute Grundlage unseres Staatsverständnisses und seine Rechtfertigung ist: Nur der Staat darf Zwang ausüben, strafen, Steuern erheben.
Der Titel des Buches ist der alttestamentlichen jüdischen Mythologie entlehnt, wonach man sich unter Leviathan ein drachen- oder schlangenähnliches Seeungeheuer vorstellen muss. Nur Gott selbst kann dieses Ungeheuer am Ende der Zeiten besiegen. Der vierte Teil des Werks ist mit »Das Reich der Finsternis« überschrieben. Damit war die katholische Kirche gemeint, an deren Machtpolitik Hobbes scharfe Kritik übte.
|108| Auf den Index setzen
Index librorum prohibitorum
(1559) (deutsch
Verzeichnis der verbotenen Bücher
)
Das erste »Verzeichnis verbotener Bücher« wurde unter Papst Pius IV. veröffentlicht. Kirchliche Bücherverbote reichen zurück in die Zeit, als sich die Kirche in ihrer Frühphase mit abweichenden Meinungen auseinandersetzen musste, etwa mit den Manichäern im 4./5. Jahrhundert. Eine Vorläuferform des
Index
gab es bereits unter Papst Gelasius (reg. 492 – 496). Den katholischen Gläubigen war es unter Androhung der Exkommunikation verboten, indizierte Bücher zu lesen oder zu besitzen. Bahnbrechende Werke der Weltliteratur, vor allem »Sachbücher« fanden sich regelmäßig auf dem
Index
, darunter Werke von Kopernikus, Grotius (
Mare liberum
), Hobbes, Galilei, Descartes, Montesquieu, Diderot (
Encyclopédie
), Voltaire, Kant (
Kritik der reinen Vernunft
) und natürlich die Schriften der Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli. Der
Index
wurde 1966 unter Papst Paul VI. abgeschafft – weil man die Flut der Neuerscheinungen nicht mehr bewältigen konnte.
Geschichtsklitterung
Johann Fischart:
Affentheuerlich Naupengeheurliche Geschichtsklitterung
(1575)
Die geläufige Bedeutung des Begriffs »Geschichtsklitterung« als bewusst verzerrende Geschichtsdarstellung geht auf den Titel von Johann Fischarts (1546–ca. 1590) Buch zurück. Das Werk des Advokaten und Amtmanns ist eine sehr freie Nachahmung des berühmten französischen Renaissanceromans
Gargantua und Pantagruel
(erschienen 1532 – 1564) von François Rabelais. Es ist eine derbe Humoreske und Moralsatire,
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