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Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Titel: Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Walter
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entscheidet, zu bleiben. »Schön ist der Berghang«, ruft er aus, als er gerade aufgebrochen ist. Und kurz darauf beschließt er, heimzureiten, obwohl er nun vogelfrei ist.
    Da kommt Hallgerður wieder ins Spiel. Als ihr Mann gerade gegen seine Feinde kämpft und sich die Sehne seines Bogens entzweit, bittet er sie um zwei Locken ihres Haares, um sich eine neue zu flechten. »Hängt etwas davon ab?«, fragt Hallgerður. »Mein Leben«, antwortet Gunnar. Und da wittert Hallgerður den perfekten Moment der Rache. Sie verweigert ihm die Hilfe und sagt: »Dann werde ich dir jetzt die Ohrfeige vergelten, die
du mir gabst.« Worauf Gunnar die in Island viel zitierten Worte spricht: »Jeder verschafft sich Ruhm auf seine Weise.« Und von seinen Feinden getötet wird.
    Gunnars Hof Hlíðarendi lag übrigens ganz in der Nähe des Vulkans Eyjafjallajökull, der im Jahr 2010 eine schwer auszusprechende Berühmtheit erlangen sollte, weil er einen kurzfristigen Stillstand im europäischen Flugverkehr auslöste. Womit mal wieder bewiesen ist, dass diese Insel weitreichende Einflüsse hat.
    Aber Island ist nicht nur das Land der Vulkane, es ist auch das Land der Wasserfälle. Hinter dem Seljalandsfoss, der ganz in der Nähe liegt, kann man am Bergrücken entlanglaufen und den Schwall des Gletscherwassers auch von hinten bewundern. Unter einem anderen Wasserfall, dem Skógafoss, nicht weit von hier, ist angeblich sogar ein Schatz verborgen. Ein wahrer Schatz liegt aber tatsächlich gleich daneben. Es ist das Skóga-Freilichtmuseum des Þordur Tomasson. Und der ist ein weiteres isländisches Unikum. Der 90-jährige Museumsbesitzer liebt es, seinen Gästen die Museumssammlung zu zeigen. Darunter finden sich kuriose Exponate wie Hammel-Kondome aus Wolle, eine brutale Mausefalle und ein Haarkamm aus der Elfenwelt. Auch die Torfgehöfte und die alte Schule zeigt er gern. Aber noch mehr liebt er es, seine Gäste in seine kleine hellgraue Holzkirche zu führen.
    Dann läutet der weißhaarige Mann mit Hut die Kirchenglocke und hält seine ganz spezielle Predigt. Sie handelt davon, woher welches Bild, welcher Kronleuchter oder das Taufbecken kommt und wie alt hier alles ist. Außerdem erzählt er gern, wie viele Leute schon in seinem Museum, »dem meistbesuchten Museum außerhalb von Reykjavík!«, waren. Oder wie wichtig es ist, ein guter Mensch zu sein. Dann verteilt Þordur Bibeln, setzt sich ans Harmonium und es wird gemeinsam gesungen. Schließlich sind die Isländer Meister der Unterhaltung.

    Wo wir schon in der Kirche sind, sollten wir auf das Thema Religion zu sprechen kommen. Auch hier lief in Island vieles anders als anderswo. Das Christentum wurde nämlich im Jahr 1000 friedlich nach einem kollektiven Beschluss auf dem Althing angenommen. Und das weniger aus religiösen als aus praktischen Gründen, da man ganz einfach einen Religionskrieg verhindern wollte und außerdem den Handel mit dem christlichen Europa fördern. In der Übergangsphase war man zudem sehr tolerant: Wer weiterhin die nordischen Götter anbeten wollte, sollte das bitteschön tun, aber heimlich. Interessanterweise brach während jener wichtigen Thing-Sitzung ein Vulkan aus, worin die Anhänger der alten nordischen Religion natürlich einen Wutausbruch der alten Götter sahen. Doch ein Christ wehrte die Verschwörung damals schlagfertig ab, indem er fragte: »Und wem zürnten eure Götter, als die Lavaströme brannten, auf denen wir jetzt stehen?«
    Þordur hat inzwischen seine Kirche verlassen und läuft zwischen seinen Torfhäusern herum. Seit er 14 Jahre alt ist, setzt er sich für alte isländische Häuser und Gerätschaften ein und bewahrt sie vor der Zerstörung. So wurden sie im Laufe der Jahre aus verschiedenen Teilen der Region hierher verfrachtet. Wie er dazu kam, so jung? »Ein Geist sagte mir, dass ich das tun soll«, sagt Þordur, ohne es weiter zu erläutern. Dann zeigt er seinen goldenen Ring, den er bekam, als er Ehrendoktor der Universität Reykjavík wurde, und verweist stolz auf seine über 18 Bücher zur Folklore. Und ich beginne mich langsam zu fragen, ob ich überhaupt schon einen Isländer getroffen habe, der noch kein Buch geschrieben hat.
    Ich fahre weiter Richtung Vík, jenen kleinen Ort, der im Falle eines Ausbruches der Katla wahrscheinlich evakuiert werden muss. Die Strecke führt an einer dramatischen schwarzen Küste
entlang, vorbei an einem Kap mit einem Leuchtturm darauf. Nebel kriecht über die Berge, die wie die Rücken von

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