Wo geht's hier nach Arabien
ist es erfahrungsgemäà im Winter wärmer, und in der Säbener StraÃe kann endlich einmal richtig durchgewischt werden. Der Verein mit den roten Trikots nennt diesen Ausflug nach Arabien, schwere Arbeit vortäuschend, FCB-Trainingslager.
Alle sind dabei. Der Coach, der Co-Coach, der Assistent vom Co-Coach, dazu der Mannschaftsarzt mit mobilem Operationssaal, ein Masseur für den linken FuÃ, ein anderer für den rechten, die Sockenbügler, Schuhputzer, Autogrammkartensortierer und für das lebensnotwendige FuÃballerspielzeug wie Laptop, Handy, iPod, iPhone, SmartPhone und Tablet-PC das entsprechende Ladegerät-Service-Personal. Ach so, die FuÃballmannschaft ist natürlich auch dabei.
Nachdem alle Jungs ihre Hotelzimmer belegt haben und frisch geduscht dem örtlichen Oberscheich vorgestellt worden sind, wird trainiert. Das muss sein, weil der FC Bayern Meister werden will oder Pokalsieger oder irgendetwas anderes. Und wie üblich sagte der Pressesprecher vor der Abreise noch so etwas wie, dass es nun Zeit werde, dass im Verein wieder etwas Ruhe einkehre. Das nimmt selbstverständlich niemand ernst. Denn der FC Bayern lebt nun mal nicht von der Ruhe, sondern vom Zickenkrieg. Da wird intrigiert und geschimpft. Präsident gegen Trainer, Trainer gegen Spieler, Spieler gegen Mannschaftskapitän, Fans gegen Vorstand, Vorstand gegen Fans und so weiter.
Bastian Schweinsteiger steht seit dem Jahr 2002 bei den Bayern unter Vertrag. Er stammt wie sein berühmter FuÃballerkollege Paul Breitner aus Kolbermoor am Nordrand der bayerischen Alpen. Der kleine Ort war nach dem Ersten Weltkrieg ein Zentrum der kommunistischen Räterevolutionäre. Womöglich hatte Breitners antikapitalistische Gesinnung dort ihre Wurzeln. Ãber Schweinsteiger wiederum ist nicht bekannt, dass er sich jemals zu Politik geäuÃert hätte. Doch als Angela Merkel einmal überraschend in der Mannschaftskabine des deutschen Teams auftauchte, hat er sie sogar erkannt.
Schweinsteigers Aufstieg von einer Dorfjugendmannschaft in das Nationalteam darf man getrost als Karriere bezeichnen. Die Herausforderungen sind dort natürlich andere. Er muss plötzlich die Nationalhymne beherrschen und ein paar Brocken Englisch. Das geht nicht immer gut.
Die Reise des FC Bayern nach Arabien ist ein Ritual, das von den Fans ohne Murren akzeptiert wird. Das FuÃvolk taut sich seine Stehplatzfrostbeulen in den eigenen vier Wänden auf, damit es für die Rückrunde wieder fit ist, während die Stars in die Sonne jetten. So ist das eben in der harten Welt des FuÃballs. Die Kosten für den Verein sind verschwindend gering, da der Luxustrip in die Wüste alleine durch die Weihnachtsgeschenke finanziert werden könnte. Ãber 30 Millionen Euro flieÃen durch den Verkauf von FCB-Trikots, FCB-Schlüsselanhängern, FCB-Handtüchern, FCB-Kondomen und FCB-DVDs auf das Konto der Aktiengesellschaft FC Bayern. Die Jahreskarten sind da noch gar nicht eingerechnet. Zehn Prozent des Vereins gehören Adidas, 6,5 Prozent Audi, da kann man schon mal die gröÃeren Hotelzimmer buchen.
Das kleine arabische Land ist nicht als FuÃballmekka bekannt. Falknerei und Kamelrennen sind populärere Freizeitbeschäftigungen. Mario Basler und Stefan Effenberg waren mit die ersten europäischen FuÃballspieler, die für längere Zeit in Katar spielten. » Es gab ordentliches Geld. Aber die Kataris haben im Spiel nur getreten, die Schiedsrichter hatten von Tuten und Blasen keine Ahnung, schrecklich. FuÃball hat eh keinen interessiert, wir hatten oft 1000 bis 2000 Zuschauer«, erzählte Basler im Interview. Einmal war das Stadion ausverkauft. Doch nur, weil jeder Zuschauer automatisch an der Verlosung von Autos und kompletten Kücheneinrichtungen teilgenommen hat.
Kürzlich ist das Emirat zum arabischen FuÃballland Nummer eins geworden. Im Jahr 2022 wird dort die FuÃballweltmeisterschaft ausgetragen. Selbstverständlich ist es bei der Auslosung mit rechten Dingen zugegangen. Das hat uns glaubwürdig der FIFA-Präsident Sepp Blatter persönlich versprochen. Und die Kataris versprechen auch, dass sie das mit der Hitze in den Griff bekommen werden. Die Angst der WeltfuÃballer vor den 50 Grad im Schatten sei überflüssig, die Stadien würden nämlich zu riesigen Kühlschränken umgebaut, sodass die Spiele unter gewohnt angenehmen europäischen
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