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Wo immer Du bist, Darling

Wo immer Du bist, Darling

Titel: Wo immer Du bist, Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Hoell
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drehte sie an der Schulter zu sich herum. »Was willst du jetzt tun? Etwa allein durch den Wald spazieren? Dann können wir morgen gleich eine zweite Vermisstenanzeige rausgeben. Also, was jetzt?«
    »Ich. Weiß. Es. Nicht. Okay?« Aufgebracht wischte sie sich Tränen aus den Augen, die eben noch nicht vorhanden gewesen waren.
    Olivers Zorn verpuffte innerhalb einer Nanosekunde. Carolin war ihm immer so unangreifbar und unerschütterlich erschienen, dass er gar nicht auf die Idee gekommen war, sie könnte unter dem extremen Druck irgendwann zerbrechen. Was war er doch für ein unsensibler Trampel!
    Ohne nachzudenken, zog er ihre feminine Gestalt in seine Arme und drückte sie an sich. Carolin ließ sich erstaunlich widerstandslos von ihm anfassen, schmiegte sogar den Kopf an sein Schlüsselbein. Oliver war völlig perplex.
    »Bitte verzeih, das war gemein«, sagte er, mit den Lippen an ihren Haaren.
    »Schon gut. Es ist ja nicht deine Schuld, dass absolut alles schiefläuft.« Ihre Arme rutschten um seine Mitte. Weil sie noch das aufgerollte Laptopkabel in Händen hielt, schloss sie hinter seinem Rücken von beiden Seiten die Finger darum.
    Die vertrauliche Gefangennahme ließ Olivers Herz eigenartig straucheln. Bevor er sich zurückhalten konnte, atmete er ihren Duft ein. Ihre Nähe umgarnte ihn, verhaspelte seine Gehirnwindungen. Wie von allein setzten sich seine Finger in Bewegung und strebten den Saum ihres Pullovers an. Als ihm schwante, was er im Begriff war, zu tun, zügelte er geschockt seine Hände. Behutsam löste er die Arme von ihr. Nur ein gewissenloser Lump würde eine derartige Situation ausnutzen. Er trat einen Schritt zurück, ehe sich noch herausstellte, dass er exakt zu dieser Gattung Mann gehörte.
    Carolin bewegte sich synchron zurück. Sie straffte den Oberkörper und wirkte gerade dadurch verletzlich. Oliver schluckte. Er war erschreckend nahe daran, sämtliche Vernunft zum Teufel zu jagen und etwas richtig Idiotisches anzustellen.
     
    *
     
    Carolin presste die Ellbogen an ihre Seiten, nur um nicht der Versuchung zu erliegen, noch einmal in Olivers Umarmung zu flüchten. Was war nur mit ihr los? Sie beide benahmen sich zwar nicht mehr wie Intimfeinde, aber einen richtig guten Draht zueinander hatten sie noch lange nicht, oder?
    Ihr Blick heftete sich auf sein Gesicht. Trotzdem schien er in den letzten Tagen ihr einziger Halt geworden zu sein. Ein Fels in der Brandung, unverzichtbar. Sekundenlang blickte sie ihn an, kam noch nicht damit zurecht, in welche Richtung sich ihr Verhältnis zu ihm entwickelte.
    Oliver hielt ebenfalls einige Momente inne, dann fuhr er sich herzzerreißend ungelenk durch die Haare. »Wenn du möchtest, können wir noch eine Woche in den USA bleiben. Vielleicht erfahren wir ja doch noch etwas.«
    »Das wäre mir sehr recht.«
    Schweigen. Ihr fiel beim besten Willen nichts Vernünftiges ein, womit sie die befangene Situation hätte entschärfen können.
    Oliver schien es ähnlich zu gehen. »Ich denke, ich werde dich dann mal schlafen lassen.«
    Bei seiner Wortwahl entstanden in Carolin unangebrachte Bilder von seiner Anwesenheit in ihrem Bett. Vehement kickte sie sie beiseite. »Ja, wir sehen uns morgen.«
     
    *
     
    Oliver ging die wenigen Schritte zur Tür und legte eine Hand auf die Klinke.
    »Warte noch.«
    »Ja?« Er drehte sich sofort zu Carolin um. Bewusst vermied er, sich ihr noch einmal zu nähern. Auch seine hochgelobte Vernunft hatte eine Grenze und die stand ihm gerade leibhaftig gegenüber.
    »Danke für deine Hilfe.«
    »Keine Ursache.«
    »Es bedeutet mir sehr viel, dass wir noch hierbleiben.«
    Ehe Oliver sich überhaupt einer Handlung bewusst war, trugen ihn seine Füße wieder zu ihr. Als er dicht vor ihr stehen blieb, sah sie um Verständnis bittend zu ihm auf.
    »Ich kann nicht einfach abreisen. Jetzt noch nicht.« Ihre Finger krallten sich in das Kabelbündel, als müsste sie daran Halt suchen.
    Er widerstand dem Impuls, ihr seine Brust als Ersatz anzubieten und fasste stattdessen nach ihren Schultern. »Das weiß ich. Das musst du auch nicht. Uns wird schon noch etwas einfallen.«
    »Ja, ganz bestimmt.«
    »Mit Sicherheit.«
     
    *
     
    Carolin lächelte Oliver zaghaft an.
    Er lächelte zurück. Einen Moment sah er ihr geradewegs in die Augen. Seine haselnussbraunen Iris wirkten im fahlen Licht des Motelzimmers dunkel wie Zartbitterschokolade.
    Carolins Nerven begannen unerwünscht zu knistern . Seit wann bemerkte sie solche Details an

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