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Wo immer Du bist, Darling

Wo immer Du bist, Darling

Titel: Wo immer Du bist, Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Stefanie Hoell
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weiter in die Richtung, in die die Katze gelaufen war.
    »Nein. Solange sich die Schneedecke noch nicht geschlossen hat und es genügend Futter gibt, wird sie uns nicht angreifen.« Er räusperte sich. »Das gilt übrigens auch für gewisse Nager.«
    Bei dem Wort »Nager« drehte sie sich zu ihm und bemerkte, dass er lächelnd an ihr vorbei auf ein kleines Tier zeigte, das in sicherer Entfernung eifrig den Waldboden nach Samen absuchte. Sie erkannte es sofort. Es war das Tier, das sie in ihrer ersten Fluchtnacht in heillosen Schrecken versetzt hatte, das Tier, das sie als Holzfigur bei sich trug.
    Das Opossum sah haargenau so aus wie Ramons Schnitzerei. Wirklich unglaublich. Argwöhnisch beobachtete sie den kleinen Nager, bis er, von seinen menschlichen Zuschauern gänzlich unbeeindruckt, geschäftig weitertrottete.
    Ramon schien genau darauf gewartet zu haben, denn erst jetzt gab er ihr das Gewehr zurück.
    Anja nahm es entgegen. »Ich hätte es ohnehin nicht getroffen.«
    Er klemmte sich grinsend die Krücke unter die Achsel. »Man kann ja nie wissen.«
     
    Anja entdeckte auf ihrem weiteren Weg noch zwei Opossums, dann brach die Nacht herein und schränkte nicht nur ihre Sicht ein, sondern auch Ramons Möglichkeiten, die Beschaffenheit des Bodens einzuschätzen. Bald wurde jeder Meter zum Risiko, und als Anja spürte, wie viel Kraft das blinde Herumstochern Ramon kostete, versuchte sie, ihn zu einer Pause zu zwingen. Er gab ihrer Forderung nach, jedoch erst, nachdem sie eine Felsnische erreicht hatten, in der sie die Nacht verbringen konnten.
    Sie musterte ihn besorgt, als er sich tief atmend auf einen Baumstumpf stützte. Hastig zerrte sie ihm den Rucksack, auf den zu tragen er nach der Pause bestanden hatte, von den Schultern. »Du musst dich unbedingt ausruhen. Was du heute geleistet hast, war reiner Selbstmord.«
    Er nickte, schien inzwischen zu der gleichen Erkenntnis gekommen zu sein. Zwangsläufig. Sie konnte sich ausrechnen, welche Schmerzen er nach dem langen Marsch haben musste – allein an der Art, wie seine Wangenknochen bei jeder Belastung des verletzten Beins hervortraten.
    Sie ließ sich vor ihm auf die Knie fallen und zog die Hose von seinen Hüften. Vorsichtig wickelte sie den Oberschenkel aus dem Verband weicher Hemdstreifen, der die Verletzung vor dem rauen Jeansstoff geschützt hatte. Die Naht hielt, aber es war deutlich zu erkennen, wie sehr die Haut unter der Belastung spannte.
    Anja wagte nicht, den Faden zu entfernen. Nicht, solange Ramon den ganzen Tag herumspazierte. Sobald sie die Zivilisation erreichten, musste er umgehend in ein Krankenhaus.
    Sie legte den Verband wieder an, dann breitete sie einige Decken auf dem Boden vor der Felswand aus. Ohne auf seine Proteste zu achten, drückte sie Ramon zu Boden.
     
    *
     
    Kaum hatte sich Ramon mit dem Rücken gegen die Wand gesetzt, schloss er die Augen. Er wollte nur einen Moment zu Atem kommen, etwas Kräfte sammeln, dann musste er sich um das Feuer kümmern.
    Anja schien seine Absichten zu ahnen, denn sie nahm ihm die Krücke weg, bevor er wieder danach greifen konnte. »Hey, warte. Die brauche ich noch.« Obwohl er sich schon denken konnte, wie die Sache endete, streckte er die Hand danach aus. »Gib sie mir zurück.«
    Wie erwartet, warf sein kleiner Feldwebel die Krücke, ohne mit der Wimper zu zucken aus seiner Reichweite. »Du bleibst hier sitzen, ich erledige den Rest«, informierte sie ihn und stützte sich unnachgiebig auf seine Schultern, als er trotzdem Anstalten machte, aufzustehen.
    Er gab sich mit einem tiefen Seufzer geschlagen, worauf Anja zufrieden nickte und davonmarschierte.
    Wenig später kam sie mit einem Stapel Äste zurück, errichtete geschickt eine Feuerstelle und konnte bald mit prasselnden Flammen aufwarten.
    Ramon beobachtete sie beeindruckt. Wenn er nicht selbst dabei gewesen wäre, hätte er niemals vermutet, dass sie vor einem Monat zum ersten Mal in der Wildnis übernachtet hatte. Es war eine bemerkenswerte Leistung, wie schnell sie die lebenswichtigen Grundtechniken erlernt hatte. Er war unglaublich stolz auf sie.
    Als sie sich mit einem Topf heißer Suppe neben ihm niederließ, griff er kurzerhand nach ihr und küsste sie.
     
    *
     
    Anja wurde ganz schwindelig bei der ungestümen Art, mit der Ramon ihre Lippen eroberte. Hastig stellte sie den Topf ab, weil sie ihn ansonsten über kurz oder lang hätte fallen lassen.
    Für die Dauer einiger Herzschläge gab sie sich seinem berauschenden Kuss hin, dann

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