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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Fforde
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der von einem mechanischen Uhrwerk getrieben wurde, war deutlich erkennbar. Sein Porzellangesicht war glatt und ohne menschliche Züge, das einzige bewegliche Element war seine rechte Augenbraue, die aus Edelstahl bestand und auf verschiedene kleine Wörter an seiner Schläfe zeigen konnte, die seine Gefühle beschrieben. Wie es schien, war seine Antriebsfeder so gut wie am Ende   – seine Gliedmaßen rührten sich nicht mehr, und wenn sich seine Augen nicht hin und her bewegt hätten, wäre ich überzeugt gewesen, dass sie schon gänzlich abgelaufen war.
    Rings um mich herum war der Aufruhr des Pöbels in vollem Gange. »Man hat uns hier in die Fiktion verbannt«, sagte ein grauer Außerirdischer und stieß mit dem Finger in die Luft, »obwohl wir doch in die Non-Fiktion gehören.«
    Die Menge unterstützte diese Erklärung aus vollem Herzen und schlug zornig die mitgebrachten Steine gegeneinander.
    »Und dann schicken diese Feiglinge auch noch Roboter alsSpitzel in unsere Mitte, die jede unserer Regungen beobachten und dem Zentral-Index melden, wo über jeden von uns eine Akte geführt wird, damit alle Bewohner der BuchWelt einer Gehirnwäsche unterzogen und zu Lakaien der Verlage umfunktioniert werden können. Was wollen wir dem GattungsRat sagen? Wollen wir höflich: ›Nein, danke!‹ sagen? Oder schicken wir ihm seinen Spitzel in einem Schrottsack zurück?«
    Die Menge brüllte. Ich wusste nicht viel über das Gebiet der Verschwörung, außer dass die meisten seiner Bewohner unter Verfolgungswahn litten und Meinungen grundsätzlich höher bewertet wurden als irgendwelche Beweise.
    Ich fragte mich gerade, ob man irgendetwas tun könnte, um die sinnlose Zerstörung eines liebevoll gebauten Automaten noch zu verhindern, als der mechanische Mensch mich bemerkte und meinen Blick festhielt. Mit der letzten Kraft seiner Spiralfeder ließ er seine Augenbraue über den Begriffen Angst, Hoffnungslosigkeit, Verrat und Verlust zucken. Es war die letzte Bitte eines zum Tode Verurteilten. Es rührte sich etwas in meinem Inneren, und noch ehe ich wusste, wie mir geschah, hatte ich meine Stimme erhoben.
    »Ach, da bist du ja!«, rief ich mit lauter Stimme, als ich aus der mit Steinen bewaffneten Menge heraustrat und auf ihn zuging. »Ich wusste doch, ich hätte dich heute Mittag noch einmal aufziehen sollen.«
    Die Außerirdischen, Elvisse und außerirdischen Elvisse sahen sich misstrauisch an.
    »Thursday Next«, sagte ich, während ich unauffällig die Taschen des Roboters nach dem Schlüssel zum Aufziehen durchsuchte.
    Die Menge sah immer noch misstrauisch aus und der Anführer der Zusammenrottung musterte mich zweifelnd. Die riesigen ovalen Augen in seinem tropfenförmigen Schädel zeigten keinerlei Mitleid. »Thursday Next«, sagte er mit kalter Stimme, »ist viel zu wichtig, um sich für das Schicksal eines mechanischen Menschen zu interessieren. Außerdem hat sie mir mal persönlich gesagt, sie würde lieber auf bloßen Knien über Glasscherben rutschen, als das Reich der Verschwörung noch mal zu betreten.«
    Das konnte durchaus wahr sein, und ich verstand auch, warum.
    »Sie sind eine Hochstaplerin«, sagte der Außerirdische. »Der GattungsRat hat Sie geschickt, um unser Genre zu destabilisieren und Ihre eigene beweiszentrierte Lehre überall zu verbreiten.«
    Ein böses Gemurmel der Menge folgte auf diese Worte, während ich dem Roboter mit zitternden Händen den endlich gefundenen großen Aufziehschlüssel aus Messing in die Öffnung an seinem Nacken schob und drehte. Zum Glück ging es nicht allzu schwer und schon nach der ersten Umdrehung spürte ich, wie sein Körper sich spannte, als die Zahnräder, Kreisel und Stellglieder ihre Arbeit aufnahmen und seinen mechanischen Denkapparat wieder in Gang setzten.
    »Sie sind die
geschriebene
Thursday«, rief eine Stimme hinter mir. »Diese Zimperliese, die am liebsten die ganze Welt in den Arm nehmen und trösten würde.«
    Die Situation hatte eine sehr ungute Wendung genommen. Aber da wir uns im Reich der Verschwörung befanden, waren Fakten keineswegs das Ende einer Debatte. Ich versuchte es mit einem Bluff. Ich griff in die Tasche und hielt meinen JVU D-Stern hoch. Aus der Entfernung konnte er ohne weiteres mit dem Jurisfiktion-Stern verwechselt werden. Ich konnte nur hoffen, dass ihn niemand genauer anschauen wollte.
    »Kommt nur her, wenn ihr was wollt«, rief ich und schluckte meine Angst herunter. »Ihr werdet’s bereuen. Wenn ihr mir zu nahe kommt, schmeißt

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